Tonstein statt Salz

Frankreich entscheidet sich für Endlagerstandort

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das Land hat es anscheinend eilig, seine radioaktiven Abfälle schnell unter die Erde zu bringen. 2006 hatte das französische Parlament ein Endlagergesetz beschlossen, wonach bis 2025 ein Endlager in Betrieb sein soll. Jetzt fiel die Entscheidung auf den Standort Bure in der Nähe von Nancy, rund 250 km von Freiburg im Breisgau entfernt.

Im Tonstein von Bure sollen 80.000 Kubikmeter Atommüll aus den bisherigen Zwischenlagern in 500 Metern Tiefe in einem 35 Kilometer langen Tunnelsystem verstaut werden. Von den Tunneln sollen röhrenförmige Einlagerungszellen abgehen, in welche Roboter die Abfallbehälter schieben sollen. Danach sollen die Zellen mit Ton verschlossen werden. Wenn alle Zellen eines Abschnitts gefüllt sind, soll der Abschnitt selber verschlossen werden.

Allerdings soll für 100 Jahre das Endlager offengehalten werden und alles wieder rückholbar bleiben. Erst 2125 soll dann die endgültige Entscheidung über Zuschütten des Endlagers oder Rückholen fallen. Tongestein wurde in Frankreich deshalb gewählt, weil man davon ausgeht, dass freigesetzte Radionuklide aus durchgerosteten Behältern so langsam mit dem vorhandenen Wasser durch das Tongestein transportiert werden, dass sie bei Erreichen der Erdoberfläche nur noch das Niveau der natürlichen Hintergrundaktivität haben.

Die Entscheidung für Tonstein dürfte die Ängste in Baden-Württemberg wieder anheizen, dass bei einer tatsächlichen Neuauflage der Endlagersuche auch bei uns Tonstein statt Salz zum Zug kommt. Besonders die Region um Singen fühlt sich in die Zange genommen, denn in ihrem Untergrund liegen solche Formationen, die jetzt näher untersucht werden sollen. Gleichzeitig hat sich die Schweiz bei ihrer Standortsuche ebenfalls vor allem auf den nahegelegenen Bereich an der deutschen Grenze festgelegt, unter anderem auf Schaffhausen, Baselland und Aargau. In sechs Jahren, also 2019, soll dort die Entscheidung per Volksabstimmung auf einen Standort aus der Vorauswahl fallen.

Singen auf deutscher Seite verweist aber darauf, dass die Region Hegau im Bereich des Hohenzollerngrabens in der Erdbebenzone 2 und damit der zweithöchsten Erdbebenstufe hierzulande liegt. Die Stadt müsse bei Neubauten besondere Erdbebenstandards erfüllen, deshalb sei die Region um Singen als Endlagerstandort zu riskant.