Ukraine-Krieg: Weltgemeinschaft? Wo?
Die internationale Antwort auf den russischen Angriffskrieg ist weit weniger einheitlich, als es aus westeuropäischer Sicht erscheinen mag
Die Nato verwechselt sich mal wieder mit der Weltgemeinschaft. Durch jede Bombe entferne sich Russland aus der Weltgemeinschaft, ließ zum Beispiel dieser Tage Bundeskanzler Olaf Scholz wissen. Derlei war in den letzten 30 Jahren regelmäßig zu hören, wenn die NATO-Staaten und ihre Verbündeten mal wieder in den Krieg zogen.
Diesmal geht es zwar zum Glück nicht um einen Krieg, in dem das westliche Bündnis direkt involviert wäre, aber dass dessen Konfrontation mit Russland – unabhängig von allen Schuldfragen – ein wesentliches Element des aktuellen, durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Konflikt ist, dürfte wohl unstrittig sein.
Bemerkenswert ist auch – aber das nur am Rande –, dass in Berlin niemand von Weltgemeinschaft spricht, wenn es um die Bekämpfung der Pandemie, Unterstützung für ärmere Länder oder vor allem die Freigabe der Impfpatente geht.
Doch auch im Falle des russischen Kriegs gegen die Ukraine ist es mit der Weltgemeinschaft nicht weit her, wie schon ein kurzer Blick über den Tellerrand des kleinen Europas zeigt.
Asean
Da ist zum Beispiel die südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean mit ihren zehn sehr unterschiedlichen Mitgliedern und ihren rund 680 Millionen Einwohnern. Wie auch die EU ist die Asean in ihren Reaktionen auf den russischen Angriff uneins, allerdings im deutlich größeren Ausmaß.
Die Mehrheit der Asean-Mitglieder hatte zwar in der UN-Vollversammlung eine Resolution unterstützt, die den russischen Angriff verurteilte, eine mit einiger Verspätung herausgegebene Stellungnahme der Allianz fällt aber durch wesentlich mildere Wortwahl auf.
Singapur
In ihr wird ein Waffenstillstand und politischer Dialog gefordert, um zu einem "nachhaltigen Frieden" in der Ukraine zu gelangen. Ansonsten ist nur von "militärischen Feindseligkeiten" die Rede. Keine Seite wird direkt angesprochen, Moskau nicht zum Rückzug seiner Truppen aufgefordert.
Das mag an den unterschiedlichen Positionen und politischen Partnern der Mitgliedsländer liegen. So wie ein Teil der osteuropäischen EU-Mitglieder gerne mit einem besonderen Draht nach Washington kokettiert und diesen innerhalb der EU nutzt, so pflegt insbesondere Singapur ein besonderes Verhältnis zu den USA, die den knapp nördlich des Äquators gelegenen Stadtstaat bis an die Zähne bewaffnet hat.
Entsprechend ist das seit mehr als fünf Jahrzehnten autokratisch regierte Land auch das einzige Asean-Mitglied, das sich an den von den westlichen Staaten ausgesprochenen Sanktionen beteiligt. Das geht aus einem Bericht der in Hongkong erscheinenden South China Morning Post hervor. Da Singapur für die Region ein herausragender Warenumschlagplatz ist, dürfte das für Russland nicht unerheblich sein.
Am anderen Ende des Asean-Spektrums befindet sich das keineswegs demokratischer regierte Myanmar. Von dort berichtet die South China Morning Post an anderer Stelle zum einen von Protesten gegen den Krieg, die zu unterdrücken der regierenden Militärjunta offensichtlich schwerfällt, aber auch von einer offenen Unterstützung Russlands durch die Putschisten, die zu den eifrigen Kunden der russischen Rüstungsindustrie gehörten.