Uribes Geheimdienst in Morde an Oppositionellen verwickelt?

Diplomaten, Journalisten, Richter und Oppositionelle scheinen in Kolumbien nicht nur ausspioniert worden, sondern es soll auch Todeslisten gegeben haben

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Die Einschläge wegen mörderischen Verbindungen der Regierung mit paramilitärischen Killerkommandos rücken vor den Wahlen am 30. Mai noch näher an den Präsidenten heran. Mit der Verhaftung von Mario Uribe Escobar im Februar war die Familie Uribe schon direkt vom "Paragate"-Skandal betroffen. Mario ist nicht nur der Cousin von Präsident Álvaro Uribe, sondern er war auch Senatspräsident, Vorsitzender der Regierungspartei und enger Vertrauter des Präsidenten.

Nun hat die Staatsanwaltschaft auch zwei Regierungsmitglieder wegen der Verbindungen zu den Paramilitärs und der illegalen Spionage des Geheimdiensts DAS gegen Journalisten, Richter, Diplomaten, Menschenrechtler und Oppositionellen vorgeladen.

Es handelt sich um Bernardo Moreno, Generalsekretär des Präsidenten, und Justizsekretär Edmundo del Castillo. Beide sind Berater und engste Vertraute von Álvaro Uribe. Zuvor hatte die Zeitschrift "Semana" berichtet, sechs inhaftierte Mitarbeiter des Geheimdienstes hätten ausgesagt, Daten über ihre illegalen Aktivitäten direkt den beiden Sekretären übergeben hätten. Dabei seien Telefone angezapft, in Bankkonten geschnüffelt und Betroffenen beschattet worden. Man habe auch Kampagnen gestartet, um sie in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Unter den Opfern fänden sich auch Richter des Obersten Gerichtshofs und hier schließt sich der Kreis zu den Uribes wieder, denn die sind mit dem Fall von Mario Uribe betraut.

Vorgeworfen wird zum Beispiel auch dem Ex-Geheimdienstchef, schwarze Listen an die Paramilitärs übergeben zu haben. Jorge Noguera, den der Präsident einst als "guten Kumpel" bezeichnete, sitzt mit einer Mordanklage in Haft. Er hat die Wahlen für Uribe koordiniert, die ihn 2002 an die Macht brachten. Noguera brachte das den Führungssessel im Geheimdienst ein. Einige Gewerkschaftler, Akademiker und andere störende Oppositionelle, die sich auf seinen schwarzen Listen befanden, sind ermordet worden. Die mörderischen Vorgänge im kolumbianischen Heer sind ohnehin schon länger bekannt.

Doch auch im eigenen Haus ging es offenbar blutig zu. Am 31.Oktober 2009 soll ein Geheimdienstler zwei DAS-Kollegen erschossen und zwei weitere schwer verletzt haben. Sie gehörten zum engsten Kreis derer, die an den illegalen Aktivitäten beteiligt und sollen zu Aussage gegenüber der Justiz bereit gewesen sein.

Die DAS-Mitglieder haben nach den vorliegenden Informationen ihre Anweisungen nirgendwo anders als im Präsidentensitz bei privaten Zusammenkünften erhalten. Zu den Aktivitäten habe auch die Infiltration in Botschaften Kubas, Venezuelas und Ecuadors gehört. Dazu auch die Ausspähung von Oppositionellen, wie Präsidentschaftskandidat Gustavo Petro, und auch die Herstellung von Beweisen, um Politiker wie die Senatorin Piedad Córdoba mit der Guerillaorganisation FARC in Verbindung zu bringen. Einige dieser "Beweise", mit denen Uribe auch die Nachbarländer angreift, haben sich längst als Rohrkrepierer erwiesen. Zwar kann er im Mai nicht mehr kandidieren, weil ihm das Verfassungsgericht eine zweite Verfassungsänderung untersagte, doch die Vorgänge belasten nun den Wahlkampf seines Vertrauten, dem Ex-Verteidigungsminister Juan Manuel Santos.