Vertrauenskrise

Laut Eurobarometer ist das Vertrauen der Bevölkerung von sechs großen Mitgliedsstaaten in die EU in den letzten fünf Jahren weggebrochen

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Es sind nur ein paar Zahlen, die aus Umfragen des Eurobarometer stammen und von größeren europäischen Zeitungen übermittelt werden. Doch sind sie recht anschaulich. Es geht um das Vertrauen, das die Bürger von sechs großen Mitgliedsstaaten – Polen, Italien, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Spanien - in die "Institution EU" haben.

Der Vergleich zwischen den Umfrageergebnisse von 2007, also vor der Wirtschafts- und Finanzkrise, und aktuellen Einschätzungen bestätigt in allen Ländern eine Tendenz, die wohl niemanden überrascht, aber in ihrer Deutlichkeit zu denken gibt. In Polen hatte 2007 eine deutliche Mehrheit Vertrauen in die EU; nur 18 Prozent äußerten Misstrauen. Im November 2012 wächst der Anteil derjenigen, die kein Vertrauen haben, auf 42 Prozent. In Italien wächst dieser Anteil in den letzten fünf Jahren von 28 auf 53 Prozent; in Frankreich von 41 auf 56 Prozent; in Deutschland von 36 Prozent auf 59; in Großbritannien von 49 auf 69 Prozent. In Spanien ist der größte Vertrauensschwund zu beobachten. Waren es 2007 nur 23 Prozent, die kein Vertrauen in die EU haben, so sind Ende 2012 72 Prozent.

In der Summe repräsentierten die sechs Länder mit rund 350 Millionen Einwohnern mehr als zwei Drittel der EU-Bevölkerung (c.a. 500 Millionen), notiert der Guardian und zitiert dazu die Beobachtung:

"Der Schaden geht so tief, dass es gar nicht weiter wichtig ist, ob man aus einem Gläubiger-oder Schuldnerstaat kommt oder aus einem Land, das wie Großbritannien noch nicht einmal in der Euro-Zone ist: Jedem geht es schlechter. Die Bürger sind derzeit davon überzeigt, dass ihre nationalstaatliche Demokratie von der Art, wie die Euro-Krise gehandhabt wird, unterminiert wird."

So das Fazit von José Ignacio Torreblanca, Chef des Madrider Büros des European Council on Foreign Relations ( ECFR). Auch der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, kommt zu Wort. Er spricht davon, dass der europäische Traum von Populismus, Nationalismus und einer gewissen Europa-Müdigkeit bedroht wird. Dazu komme mangelndes Verständnis darüber, wer was tue, wer was entscheide, wer wen kontrolliere und wohin das Projekt EU gehe.