Vom Süden zur Strecke gebracht

Der bayerische Ministerpräsident Beckstein ist zurückgetreten worden

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Wenn, wie an diesem Morgen, im bayerischen Rundfunk als Top-Nachricht gemeldet wird, dass die CSU-Landtagsfraktion heute tagt und dazu gleich anschließend, dass Stimmen aus der Jungen Union wie aus dem Bezirksverband Oberbayern Becksteins Rücktritt fordern würden, dann ist eigentlich schon alles klar: Der Mann kann sich nicht mehr halten. Und man weiß auch, was die Umschreibungen: „es herrscht Hektik“, „Turbulenzen“, „Druck“, „eisige Stimmung“ usw. in echt heißen: Hauen und Stechen in der CSU nämlich, eine Wiederauflage dessen, was man beim Rücktritt Stoibers schon hatte beobachten können: Überlebens-und Machtkämpfe, Indiskretionen an die Presse, Intrigen, blitzschnelle Loyalitätswechsel, das Ausrichten von Posteninhabern auf den neuen Machtpol ohne jede Rücksicht auf vorher geäußerte Treueerklärungen.

Der Franke Beckstein, der seinen Rücktritt heute mittag verkündete, sei vom „Süden Bayerns“, so die Rundfunkanstalt, zu seinem Schritt gedrängt worden. „Der Rückhalt in der Partei ist nicht mehr groß genug, um die Schwierigkeiten der politischen Arbeit erfolgreich zu bestehen“, erklärte Beckstein, der im Zusammenhang mit Rückhalt von „regionalen Unterschieden“ sprach. Ein Nachfolger wurde nicht genannt, im Spiel ist natürlich Hubernachfolger Seehofer, der jetzt zeigen kann, wieviel er im letzten Intrigenspiel gelernt hat. Der parteiinterne Slogan „Partei und Land in einer Hand“ plädiert etwas altertümlich für eine Personalunion von Ministerpräsident und CSU-Vorsitz, ob Seehofer sich damit gegen seine Gegner, die vor Zeiten mit scharfem Geschütz gegen ihn vorgegangen sind, durchsetzen kann, ist noch in der Schwebe.

Die Süddeutsche Zeitung sah als Drahtzieher des Umsturzes den auf ähnliche Weise gestürzten ehemaligen Staats- und Parteichef Stoiber und brachte dies auf die köstliche Formel: "Rache ist süß wie Weißwurstsenf".

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