Wehe, wenn ich weiß, wo Du bist

Neben der Spur

Location Based Services könnten das ganz große Ding im Internet werden. Weil man einem dann auf die Finger hauen kann, bevor sie die Tastatur erreichen.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wenn es irgend jemanden gibt, dem es auf den Senkel ging, dass er zurück verfolgt werden konnte, dann ist das sicher der Lockbote von Bin Laden. Ein einfacher Telefonanruf, und schon waren ihm ein paar Hubschrauber auf den Terroristenfersen. Hier hin. Dabei hätten die Herren von der pakistanischen Militärakademie während der vergangenen fünf Jahre nur einmal wegen einer Tasse Zucker oder einem Ei beim 700 Meter entfernten Nachbarn klingeln müssen, schon hätte man den gemeingefährlichen Islamistenseppl geschnappt, und das ganze Kasperltheater der Bin-Laden-Jagd wäre vorbei gewesen.

Auf der anderen Seite gehört es heute zum guten Ton, mittels Location Based Service aufgespürt zu werden. Wer nicht vom Satelliten aus sichtbar ist und nicht mindestens eine sechsstellige Geokoordinate vorweisen kann, den wird man im 21. Jahrhundert nicht einmal mehr als Eremiten ernst nehmen.

Vor allem in Städten, die eh schon längst nicht mehr am Reissbrett, sondern im Computer entstehen, sollte man sich auch wirklich keiner Illusion mehr hingeben. The location base is everywhere. Und so sollte es uns dann auch nicht wundern, wenn man demnächst vermehrt auf den harten Boden der realen Welt plumpst, nur weil man im Cyberspace den einen oder anderen Rant von sich gegeben hat. Allen Ernstes kommen die Ersten nun darauf, Verortungsservices als das neue Ding zu verkaufen. Zum Beispiel bei der nächsten Präsidentschaftswahl in den USA.

Wer sich im Internet als Unterstützer von - sagen wir mal - Kandidaten mit afroamerikanischen Wurzeln und einem Hang zu Killerkommandos outet, dem kann es in Zukunft dann eben passieren, dass am Wahltag ein freundlicher Herr vor der Türe steht und ihn auffordert, sehr analog in den Wagen einzusteigen. Es wäre doch jetzt super, wenn er gleich entsprechend seiner in Twitter geäußerten Überzeugung wählen gehen würde. Man würde hier gerne behilflich sein.

Nicht auszudenken, wenn die guten alten Location Based CRM Systeme wieder zu Ehren kommen würden. Etwa so: Kaum haben ein halbes Dutzend Kunden sich positiv über ein angekündigtes neues iPhone geäußert, schon quietscht vor deren Türen der Telekom Bus und man wird zum Shopping des Geräts gebeten. Warum noch warten, wenn man das alles gleich nach seiner Lobesarie erledigen könne?

So gesehen hatte der Bote von Osama Bin Laden schon Glück, dass man ihn nach seinem Telefonat nicht gleich exklusiv zu einer Waffenbörse ins Arabische geflogen hat. Das ist aber im Augenblick auch nicht nötig, denn der Markt entwickelt sich dort wegen eines libyischen Hauptfilialenleiters mit Staatsmannallüren außerordentlich gut. Aber eine Option wäre es gewesen. Für den Fall dass zu viel Frieden ausbräche.