Wenn ein Minister in Piraterie eine "Quelle des Fortschritts" sieht..

..muss er schnell dementieren, wie Mariano Gago, Minister für Wissenschaft und Technologie, in Portugal

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Die Wellen schlugen in Spanien hoch, als dem portugiesischen Minister für Wissenschaft und Technologie auf einer Konferenz in Madrid Worte über die Lippen kamen, die so gar nicht in den aktuellen Diskurs auf Regierungsebene in der EU passen. Auf einem vom Europarat organisierten Kongress in der spanischen Hauptstadt Madrid meinte Gago, dass die Kulturindustrie die Piraterie nicht als einen "Feind" sehen dürfe, vielmehr sei sie auch eine "Quelle des Fortschritts und der Globalisierung".

Schließlich würde damit die Verbreitung vergrößert, was oft dafür sorge, dass sich der Wert des Produkts erhöhe. Musikgruppen könnten die größere Popularität nutzen und durch Konzerte und auch über Plattenverkäufe daraus Gewinn schlagen. Die Zeitung "El Publico", die sich für Rechte im Internet stark macht, unterstellt, dass der Minister eine "größere Sensibilität für die positiven Aspekte" habe, welche der Dateitausch im Internet bietet.

Portugal geht, wie auch in der Frage der Sparprogramme, offenbar den restriktiven Weg nicht mit, wie er in der EU allgemein eingeschlagen wird. Zwar prüfe man auch eine gesetzliche Regelung, doch man "versuche dabei sensibel" zu sein. "Beim Internet geht es darum, Freiheiten zu erweitern, anstatt sie zu beschränken", sagte Gago. Eine solche Sichtweise aus der sozialistischen portugiesischen Regierung muss bei den Sozialisten in Spanien für großes Erstaunen sorgen. Denn Madrid geht sehr restriktiv mit dem Internet um. Da sollen in Schnellverfahren von einem Gerichtshof Webseiten geschlossen werden, der eigentlich nur für Schwerstkriminalität zuständig ist (siehe Schwere Geschütze und Schnellverfahren gegen Downloader). Dabei können Gerichte meist nicht einmal Vergehen feststellen, weshalb immer wieder versucht wird, Gesetzesverschärfungen durchzuschummeln. Ihre Politik treibt Madrid auch in der EU voran.

Doch offenbar ist der Druck auf Gago enorm groß, weshalb er seine Aussagen nun teilweise dementiert hat. Es handele sich "möglicherweise um eine falsche Interpretation einer komplexen Diskussion", heißt es in einer schriftlichen Erklärung, die er einer portugiesischen Zeitung zukommen ließ. Natürlich verurteile er die Piraterie, welche nicht nur der Kreativität der Autoren schade, sondern auch die Firmen und Autoren um Gewinne bringe. Er beharrt aber darauf, dass es auch positive Aspekte durch die größere Verbreitung gäbe. Die Herausforderung sieht Gago darin, für die "neue Realität ausgewogene Antworten zu finden".