Wer klopft da um drei in der Früh?

Griechenland: "El Dorado Gold", Arsen und Tränengas

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Am Mittwoch klopfte es gegen drei Uhr in der Früh an zwei Türen in Ierissos, einer Kleinstadt kurz vor der Mönchsrepublik Athos. Vermummte Polizisten warteten nicht ab. Sie brachen die Eingangstüren zweier Wohnungen und stürmten hinein. Sie nahmen vor den Augen der aufgeschreckten Kinder zwei Familienväter fest.

Die mittlerweile erhobenen Anklagen lauten auf versuchten Mord, da einer der beiden, ein dreiunddreißigjähriger vor wenigen Wochen an einem Überfall gegen eine umstrittene Goldmine beim Dorf Skouries beteiligt gewesen sein soll. Einen Haftbefehl wollten die Beamten auch auf Nachfrage der Ehefrauen nicht präsentieren. "Würden wir so etwas ohne Haftbefehl machen?", wehrten sie alle Proteste ab. In späteren Statements im Rundfunk äußerten sich Pressesprecher etwas moderater, sie meinten, die Beamten hätten nur Befehle ausgeführt. Diese Befehle kamen von weit oben. Bürgerschutzminister Nikos Dendias persönlich outete sich. Er würde kein widerspenstiges gallisches Dorf in seinem Machtbereich dulden, meinte er.

Direkt nach dem Überfall hatte die Polizei samt Terroreinheit die gesamte Stadt Ierissos durchsucht und buchstäblich mit Tränengasschwaden überzogen. Seinerzeit protestierten die Bürger gegen Rasterfahndungen und die Verdächtigung nahezu aller Anwohner. Der Protest der Bürger scheint berechtigt. Denn der Goldabbau wird mit Arsenverbindungen durchgeführt. Zudem soll der gesamte Wald um Skouries abgeholzt werden, das darunter liegende unterirdische Trinkwasserreservoir wird damit ebenso gefährdet wie die lokale Imkerwirtschaft, in welcher knapp die Hälfte aller griechischen Imker tätig sind.

Nicht zuletzt zeichnet sich eine negative Wirkung auf den Tourismus ab, zumal jüngste Wassermessungen in den Bächen eine 49.000-fache Überschreitung des zulässigen Arsengrenzwerts aufzeigten. Bei den übrigen Metallkonzentrationen im Wasser sah es nicht besser aus. Die Betreiberfirma "El Dorado Gold" betont dagegen, dass diese Rückstände vom vormaligen Betreiber stammen würden und man selbst natürlich vorsichtiger mit der Umwelt umgehen würde. Mit Ausnahme der bei El Dorado Gold beschäftigten Anwohner möchte keiner der Übrigen das glauben.

Als Protest gegen die gesamten Umstände um die umstrittene Investition, welche dem Staat kaum Einnahmen bescheren wird, starteten die Griechen nicht nur Mahnwachen. Sie starten nun auch Twitteraktionen. Die Hashtags #skouries und #12Agr werden seit Freitag 16 Uhr deutscher Zeit gepusht, um in der Twittertrendlinie weit oben zu landen. Abzuwarten bleibt, wie die Netzgemeinde, aber auch der Staat, reagieren werden.

Am Donnerstagabend schalteten die Behörden auf Geheiß von Minister Dendias Indymedia Athen und einen freien Radiosender ab. Seitens der größeren griechischen Medien ist kaum eine Berichterstattung über Skouries zu erwarten. Am Investment mit fünf Prozent Unternehmensanteilen beteiligt ist der Medienmogul Bobolas, der außer dem Printsektor auch den Rundfunk federführend beherrscht.