Wind und Sonne werden immer billiger

Die FAZ verkündet mal wieder, Sonnen- und Windstrom seien viel zu teuer, doch die Gestehungskosten ähneln inzwischen denen von Gas- und Kohlekraftwerken

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Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, ein konservatives Blatt, meist durchaus lesenswert, weil es sich im Niveau für gewöhnlich deutlich vom ähnlich konservativen Boulevard abhebt, hat ihre Seiten einem Klimaskeptiker der besonderen Art geöffnet: Bjørn Lomborg erklärt uns, die deutsche Energiewende sei gescheitert.

Der dänische Politologe hat sich einst jahrelang die Zeit damit vertrieben, den Klimawissenschaftlern zu erklären, dass es einen menschengemachten Klimawandel gar nicht geben kann. Die Seiten der bürgerlichen Presse standen ihm dafür allzeit zur Verfügung, aber das ist ja auch ganz selbstverständlich. Schließlich gehen wir ja auch zum Friseur, wenn wir wissen wollen, ob sich eine Reparatur unseres PKW noch lohnt.

Vor ein paar Jahren hat Lomborg dann von heute auf morgen umgeschaltet. Nun ist er felsenfest überzeugt, dass der Klimawandel, dessen Existenz er eben noch geleugnet hatte, ohnehin nicht mehr aufzuhalten ist, und konstruiert einen künstlichen Widerspruch zwischen Entwicklungspolitik auf der einen und Klimaschutz auf der anderen Seite.

Von welcher Qualität seine Argument im allgemeinen sind, zeigen auch seine Äußerungen zu den Kosten der Solar- und Windeenergie in Deutschland:

"Die einfache unbequeme Wahrheit lautet, dass Solar- und Windenergie noch nicht ausgereift sind: Sie sind zu teuer und benötigen teure Reserven, wenn der Wind nicht bläst oder die Sonne nicht scheint."
Bjørn Lomborg

Die einfache, für die deutschen Stromkonzerne und Kohlefreunde unbequeme Wahrheit ist, für eine Kilowattstunde aus einer heute an Land errichteten Windkraftanlage werden in den ersten fünf Jahren 8,53 Cent Vergütung an den Betreiber gezahlt. Billiger kann ein neues, noch nicht abgeschriebenes Kohlekraftwerk kaum produzieren und ein Gaskraftwerk ist definitiv teurer. Nach diesen ersten fünf Jahren bekommen die Windmüller übrigens nur noch 4,65 Cent pro Kilowattstunde.

Beim Solarstrom sieht es inzwischen ganz ähnlich aus: Für eine Kilowattstunde aus einer im Juni 2015 ans Netz angeschlossenen Solaranlage gibt es für die nächsten 20 Jahre 8,59 bis 12,47 Cent Vergütung. Sonnenstrom hat zudem den großen Vorteil, dass er dann anfällt, wenn im Tagesverlauf der Bedarf am größten ist.

Speicher werden beim weiteren Ausbau natürlich dennoch notwendig, aber die müssten das Ganze nicht sehr viel teurer machen. Das Sinnvollste wäre, die Kraftwärmekoppelung mit dezentralen Gaskraftwerken endlich auszubauen, Biogasproduktion nicht abzuwürgen, sondern in vernünftige, das heißt mehr auf Abfällen basierten Bahnen zu leiten und Power-to-Gas zügig zu entwickeln. Das Problem: Mit diesen kleinteiligen Geschäftsfeldern tun sich die eingesessenen Großkonzerne schwer.

Und ja: Natürlich ist noch nicht das Ende der technischen Entwicklung in der Wind- und Solarenergie erreicht, genauso wenig, wie man vor hundert Jahren Kohle-, Wasserkraft- oder Pumpspeicherwerke gebaut hat, die mit heutigen Anlagen mithalten könnten. Die technische Entwicklung verläuft allerdings nicht jahrzehntelang im stillen Kämmerlein, sondern im Wechselspiel zwischen Markt, Konsumenten, Herstellern und Entwicklern. Auf allen Gebieten. Das heißt aber auch, dass sich sowohl Solar- als auch Windenergie in den nächsten Jahren weiter verbilligen werden. Von Kohlekraftwerken ist das hingegen eher nicht zu erwarten. Dort ist die Technik tatsächlich inzwischen weitgehend ausgereizt.