Grün-schwarze Sondierungsgespräche in Baden-Württemberg

Südbadischer CDU-Bezirksvorsitzender regt Mitgliederbefragung an

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Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg wurden die Grünen mit 30,3 Prozent stärkste Partei und wollen nun weiter den Regierungschef stellen. Dazu brauchen sie einen neuen (beziehungsweise weiteren) Koalitionspartner, weil die Mandate der auf 12,7 Prozent fasthalbierten Sozialdemokraten nicht mehr für eine absolute Mehrheit reichen. Infrage kommen die FDP, die am Dienstag abgewunken hat - und die CDU, die mit 27 Prozent immer noch so viele Mandate bekommen hat, dass mit ihr eine Zweierkoalition möglich wäre.

Der baden-württembergische Spitzenkandidat Guido Wolf zeigte sich einer solchen grün-schwarzen Koalition gegenüber in der Wahlnacht aufgeschlossen, betonte aber, dass rechnerisch auch eine Koalition aus CDU, SPD und FDP möglich sei - schließlich habe ja gerade Kretschmann in der letzten Legislaturperiode vorgemacht, dass der Ministerpräsident nicht unbedingt aus der stärksten Partei kommen muss. Inzwischen hat der SPD-Landesvorstand dieser (nach den Landesfarben benannten) "Deutschlandkoalition" aber eine Absage erteilt.

Deshalb gab es gestern ein erstes Sondierungstreffen zwischen Vertretern der Grünen und der CDU, bei dem es Kretschmann zufolge zu einem "offenen Austausch" in "offener Atmosphäre" kam. Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl meinte, man habe die "Gespräche in dem Bewusstsein [geführt], dass es zu einer solchen Koalition kommen könnte", weil ein "großes und wirtschaftsstarkes Land" wie Baden-Württemberg eine "stabile Regierung" brauche und weil der Kompromiss zur Demokratie gehöre. Wolf meinte nach den Gesprächen, es gebe Gemeinsamkeiten in der Finanz- und "Hürden" in der Verkehrs-, Infrastruktur- und Bildungspolitik.

Baden-Württembergisches Landeswappen

Nächste Woche sollen der CDU-Landesvorstand, das CDU-Präsidium und die Landtagsfraktion zu den Berichten der Sondierungsdelegation Stellung nehmen. Sehen sie die Sache genau so wie Strobl und Wolf, soll es danach ein weiteres Treffen geben. Strobl räumte aber ein, dass sich viele CDU-Mitglieder in Baden-Württemberg eine grün-schwarze Koalition nur "sehr schwer oder gar nicht" vorstellen können. Der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung, der dem Bezirk Südbaden vorsteht, regte deshalb in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) an, dass die Mitglieder des Landesverbandes über ihre Meinung zu einem "möglichen Verhandlungsergebnis" befragt werden.

Was wollten die CDU-Wähler am Sonntag sagen?

Solch eine Mitgliederbefragung könnte auch dabei helfen, herauszufinden, was das von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und einigen Medien als überwältigende Zustimmung zu Angela Merkels Politik gedeutete Wahlergebnis vom Sonntag tatsächlich bedeutet. Von der Leyen hatte für ihre Interpretation die Stimmen von CDU, SPD und Grünen addiert, weil SPD und Grüne im Bund und in den Ländern Merkels Politik mittragen und weil Kretschmann im Wahlkampf sagte, er bete jeden Abend für die Gesundheit der Kanzlerin.

Der ehemalige FAZ-Mitherausgeber Hugo Müller-Vogg merkte dazu an, dass viele andere Politiker und Kommentatoren die Stimmenverluste der CDU in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz damit erklärten, dass die dortigen Spitzenkandidaten sich von Merkels Politik abzusetzen versuchten, weshalb man (wenn diese Erklärungen zutreffen) die Stimmen für die CDU in diesen beiden Ländern eigentlich von der Zustimmung für Merkel abziehen müsste.

Kommt es zu einem Mitgliederentscheid über eine grün-schwarze Koalition, dann hätten zwar nicht die CDU-Wähler, aber die CDU-Mitglieder die Gelegenheit, zu zeigen, was sie mit ihrer Stimmabgabe am 13. März tatsächlich aussagen wollten: Stimmen sie gegen Schwarz-Grün, dann deutet das eher auf eine kritische Position zu Merkel hin, stimmen sie dafür, auf eine eher unterstützende. Allerdings spielen hier auch noch viele andere Faktoren eine Rolle: Ein CDU-Mitglied könnte zum Beispiel gegen Merkels Politik sein, aber trotzdem für eine Koalition seiner Partei mit Kretschmann stimmen, weil er glaubt, so Schlimmeres verhindern zu können.

Seehofer: Keine "Ewigkeitsgarantie" für Nichtantreten der CSU außerhalb Bayerns

Eine solche Position vertritt anscheinend auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, der in der Passauer Neuen Presse (PNP) verlautbarte, derzeit versuche seine CSU weiter, über die bestehende Partnerschaft in die CDU "hineinzuwirken" - aber eine "Ewigkeitsgarantie" dafür, dass sie nicht bundesweit antritt, gebe es nicht. Vorher hatte der CSU-Politiker Peter Ramsauer der Tageszeitung Die Welt in einem Interview offenbart, wenn er seine Ortsvorsitzenden frage, ob sie sich vorstellen können, im nächsten Jahr Merkel-Plakate zu kleben, dann blicke er nur "in lange Gesichter".

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