Die Öko-Müden im Netz

Die Skeptiker kommen vor allem aus den USA

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Der Klima-Gipfel in Kyoto wird so gut wie noch nie zuvor ein Ereignis im Internet präsentiert. Wieder einmal können/konnten wir alle dabei sein, wenn wir einen Internetanschluß, die richtige Software und einige Geduld haben, bis sich die Videos mit den Ansprachen der versammelten Politiker abspielen lassen. Die Aussendungen gibt es in sieben Sprachen - Deutsch ist nicht dabei - von 16 Servern in sieben Ländern.

Aber anders als bei Pathfinder oder der Volksprinzessin Diana ist diese Gipfel wohl weit davon entfernt, die Massen anzulocken. Die Ökologie hat allmählich ausgedient, die Rio-Euphorie ist verflogen, der Konkurrenzkampf im Dschungel des globalen Marktes fördert nicht Einschränkungen, sondern immerzu nur Liberalisierung und Öffnung der Grenzen. Auch wenn die USA, der weltweit führende Energieverschwender, nicht ihren ehemals grün angehauchten und von der Infobahn begeisterten Vizepräsidenten Al Gore zur Konferenz geschickt hätten, um folgsam, wie die amerikanische Industrie es will, zunächst keinerlei Konzessionen zu machen und eine Senkung der Klimagase erst für das 2012 in Aussicht zu stellen, wäre der Gipfel wohl auch zu keinen großen oder gar einschneidenden Ergebnissen gekommen - kaum der weltweiten Aufmerksamkeit wert, die ihm widerfährt.

Wo nicht kurzfristig Profit winkt, sich strategische Positionen besetzten lassen oder zumindest das unruhige Wählervolk in seiner Angst vor Arbeitsplatzverlust und Armut plakativ beruhigt werden kann, bleiben vernünftige Regelungen im globalen Weltsystem aus. Die USA scheint sich allmählich als der globale Superplayer darin zu gefallen, alle möglichen globalen Abkommen, wenn es nicht um die weitere Öffnung des Weltmarktes geht, zu boykottieren oder zu verwässern - von der UNO insgesamt bis über die Ächtung von Minen oder eben Einschränkungen oder Veränderungen im ökologischen Interesse. Man kann ja darüber streiten, ob Kohlendioxid und andere Abgase tatsächlich langfristig eine globale Erwärmung herbeiführen, nicht bestreiten läßt sich jedenfalls, daß sie uns hier und jetzt bereits schädigen, daß sie einen negativen Einfluß auf die Wälder haben und daß mit einem verbindlichen Abkommen zur wirklichen Reduzierung immerhin ein erster Schritt als Weltgemeinschaft gemacht worden wäre, dem weitere hätten folgen können.

Obwohl eine wichtige Erklärung der Gegner eines Abkommens zur Reduktion des Energieverbrauchs in Leipzig formuliert wurde, so kommen doch die meisten im Internet lauten Ökophobier und Weiter-So-Befürworter aus den USA, wobei sie paradoxerweise einem Exportschlager ihres eigenen Landes die Spitze brechen: der Computer- und Softwarebranche. Schließlich waren es vor allem Computersimulationen, die zu bestätigen schienen, daß es zu einer Erwärmung des Klimas mit katastrophalen Folgen kommen könnte, wenn wir so weiter machen und wenn die Entwicklungsländer, allen voran Indien und China, ihren Abstand zu den Industrieländern aufzuholen beginnen. Der Ausgangspunkt des Klimagipfels geht, wie der Hauptkämpfer Fred Singer sagt, von "unbewiesenen wissenschaftlichen Theorien, falschen Computermodellen und nicht gestützten Annahmen" aus.

Auch auf anderen Web-Sites wird Skepsis geübt, vor dem Verlust von Arbeitsplätzen gewarnt und der Niedergang des ökonomischen Wachstums prophezeit. Über die Stimmung, die Öko-Kritiker als den letzten Kampf der verzweifelt um sich schlagenden Sozialisten zu charakterisieren, haben wir schon berichtet. Andere Websites sind vielleicht gemäßigter, aber gehen in dieselbe Richtung einer Öko-Ermüdung mangels großen Katastrophen, die dann wohl notwendig werden, um einen Handlungsbedarf auszulösen. Citizens for a Sound Economy oder Global Warming sind solche Sites der Öko-Müden, aber man kann natürlich auch zu denen schauen, die das wirklich wie Mobil betrifft.

Amerikanische Klimawissenschaftler haben am 4.12.1997 eine Warnung lanciert, vorschnell auf die "unbewiesenen Modelle" zu reagieren. Viele Wissenschaftler, die die "Leipziger Erklärung" unterschrieben haben, sind der Meinung, daß die gegenwärtig verfügbaren Daten keine globale Erwärmung zeigen. Je genauer Simulationen werden, desto kurzfristiger werde auch ihre Vorhersagezeit, wodurch sie möglicherweise völlig bedeutungslos werden könnten. Jedenfalls dürfe man wegen der Ergebnisse von Simulationen nicht auf so drastische Art reagieren und das wirtschaftliche Wachstum gefährden. Die Wissenschaftler verweisen die Verantwortung daher auf die Politiker - und sind mal wieder fein heraus. Dafür werden aber andererseits Computersimulationen, etwa im Fall des Absturzes der TWA-Maschine, auch beim Gericht immer wichtiger als Beweismittel.