Niederländische Regierung will EU-Ukraine-Abkommen trotz Volksentscheid dagegen ratifizieren

Skythische Bogenschützen. Bild: PHGCOM / CC-BY-SA-3.0

Russlandsanktionen um ein weiteres halbes Jahr verlängert - ausgeliehenes Skythengold soll nicht an Krim-Museen zurückgehen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das niederländische Kabinett hat am Freitag einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Ratifizierung des Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und der Ukraine vorsieht. Die Niederländer hatten sich in einem von Bürgern initiierten Volksentscheid am 6. April mit einer Mehrheit von 61 Prozent gegen dieses Abkommen ausgesprochen (vgl. Niederländer stimmen gegen EU-Abkommen mit Ukraine und Rebecca Harms gegen Volksabstimmungen zu EU-Themen). Ministerpräsident Mark Rutte sieht sich nicht mehr an diese Volksentscheidung gebunden, nachdem der EU-Gipfel am Donnerstag eine Zusatzerklärung zu diesem Abkommen verabschiedete, in der es heißt, die Vereinbarung enthalte "keine konkrete Perspektive auf einen EU-Beitritt".

Das hatten EU-Politiker allerdings schon vorher behauptet. Sachlich - also daran, dass das derzeit "vorläufig angewendete" Abkommen Zölle zwischen der EU und der Ukraine praktisch komplett abschafft, einen "freien Kapitalverkehr garantiert" und die Standortvertlagerung von Unternehmen erlaubt - ändert sich nichts. Entsprechend unzufrieden zeigen sich Kritiker des Abkommens, die von einer Umgehung des Volkswillens sprechen. Dieser Vorwurf dürfte auch im Staatsrat und in den beiden Parlamentskammern debattiert werden, denen der Gesetzentwurf jetzt zugeleitet wird.

Streit um antike Krim-Schätze

Zwei Tage zuvor hatte das Landgericht Amsterdam entschieden, dass 565 antike Leihgaben aus einer Ausstellung im Allard Pierson Museum nicht an vier Museen auf der Krim zurückgegeben werden sollen (die sie zur Verfügung stellten und den Leihvertrag schlossen), sondern an die Ukraine, von der sich die Halbinsel 2014 löste. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig und die Rechtsanwältin Anastassija Siwizkaja, die die Museen vertritt, hat RIA Novosti zufolge bereits angekündigt, dagegen vorzugehen. Bei den Leihgaben handelt es sich um Artefakte, die zum größten Teil dem Reitervolk der Skythen zugerechnet werden, das in der Antike nördlich des schwarzen Meeres lebte und bei anderen Völkern unter anderem deshalb gefürchtet war, weil es Gegner skalpierte.

Die stellvertretende ukrainische Kulturministerin Swetlana Fomenko verlautbarte nach dem Urteil, sie wolle die Artefakte an das Museum der ukrainischen Geschichte in Kiew liefern lassen und den Museen auf der Krim erst dann zurückgeben, wenn die "Besetzung der Krim" zu Ende sei.

Andrej Malgin, der Direktor des Tauris-Museums in Simferopol kritisierte die Entscheidung dagegen mit den Hinweis darauf, dass die Museen der Krim älter seien als der ukrainische Staat. Michail Piotrowski, der Direktor der Eremitage, erinnerte daran, dass die Artefakte auf der Krim ausgegraben wurden. Andere russische Kulturverwalter merkten an, man werde nach dem Urteil künftig vorsichtig sein, bevor man sich zu Leihgaben für Ausstellungen bereit erkläre.

Sanktionen um weitere sechs Monate verlängert

Neben der Zusatzerklärung zum Ukraineabkommen beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer auf ihrem Gipfeltreffen auch eine weitere Verlängerung der 2014 im Zuge der Ukrainekrise verhängten Sanktion gegen Russland um sechs Monate. Die Maßnahmen führten (auch durch die russischen Kontersanktionen) zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für wirtschaftliche Akteure in der EU. Milchbauern beklagen beispielsweise Einbußen ihn Höhe von 20.000 Euro - pro Hof.

Der slowakische EU-Ratsvorsitzende Robert Fico hatte die Sanktionen deshalb als "Unsinn" bezeichnet. Er und ähnlich pragmatische Politiker aus kleineren Ländern scheiterten jedoch an der gemeinsamen "Haltung" der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des französischen Staatspräsidenten François Hollande.