Wird Covid-19 wie Sars verschwinden?

Sars-CoV-2. Bild: NIAID/CC BY-2.0

Nach 1,5 Jahren war die Sars-Epidemie ausgestorben, aber Sars-CoV-1 unterscheidet sich erheblich von Sars-CoV-2, so dass damit nicht zu rechnen ist

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Schweden hatte angesichts von Covid-19 versucht, das Konzept der Herdenimmunität umzusetzen, also eine durch Verhaltensempfehlungen gesteuerte Durchseuchung der Bevölkerung bis zu dem Punkt zu erreichen, an dem die Pandemie gestoppt wird und Sars-CoV-2 letztlich ausstirbt, weil er zu wenige Wirte findet. Das erschien auch deswegen als vertretbare Möglichkeit, weil die meisten Infizierten keine oder kaum Symptome zeigten.

Die Folge ist allerdings, dass Schweden mehr Infektionen, aber auch mehr als viermal so viele Tote als die Nachbarstaaten Norwegen, Dänemark und Finnland zusammen aufweist. Damit ist das Konzept der Herdenimmunität durch Verbreitung der Infektion nicht gescheitert, aber es wurde bezahlt mit vergleichsweise mehr Toten, vor allem in Alten- und Pflegeheimen, als in den Staaten mit restriktiven Verboten. Zwar geht die Zahl der mit oder an Covid-19 gestorbenen Menschen zurück, die bestätigten Infektionen gehen weiter nach oben.

Was sich anhand von Schweden aber auch zeigt, dass immer noch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung möglicherweise immun ist, weil er bereits von der Infektion genesen ist. Selbst im Zentrum der Infektion, in Stockholm, haben Mitte Mai durchgeführte Tests nur zwischen 7 und 10 Prozent der Menschen im Blut Antikörper ausgebildet, woanders können es auch nur 4 Prozent sein (Stand Ende April/Anfang Mai). Das ist vergleichbar der Lage in anderen Ländern, in Frankreich sollen es nach einer Studie 4,4 Prozent sein (Herdenimmunität bleibt ein ferner Traum). Gemeinhin geht man davon aus, dass mindestens 60 Prozent der Bevölkerung immun sein müssen, um von einer Herdenimmunität sprechen zu können.

Offen bleibt bislang die Frage, ob und wie lange Menschen, die an Covid-19 erkrankt waren, immun sind. Noch ist die mögliche Immunität der Bevölkerung so gering, dass eine von manchen befürchtete zweite Welle wie einst bei der Spanischen Grippe deutlich schwerer ausfallen könnte, weil sich allmählich das Virus flächendeckend ausgebreitet hat und nicht mehr nur regional konzentriert auftritt.

Manche hoffen auch darauf, dass Sars-CoV-2 einfach wieder verschwinden könnte. Ganz abwegig wäre das nicht, da sein Vorgänger Sars-CoV-1, das für die Ende 2002 ausgebrochene Sars-Epidemie verantwortlich war, sich ab Anfang 2004 verabschiedet hat, also nach 1,5 Jahren. Würde das neue Virus seinem Vorgänger folgen, könnte man dann vielleicht im Frühjahr 2021 mit einem Ende der Pandemie rechnen. Sars, von der WHO als die erste Infektionskrankheit des Zeitalters der Globaliserung bezeichnet, hatte sich vor allem in Asien verbreitet, wurde aber auch mit Passagierflugzeugen in andere Länder gebracht.

Warum Sars gut bekämpft werden konnte

Zur Bekämpfung wurde in den besonders befallenen asiatischen Ländern bereits Kontaktrückverfolgung, Quarantäne und Isolierung, Reisebeschränkungen und -warnungen eingesetzt. Nicht vergleichbar mit Covid-19 ist, dass nur etwa 8.100 bestätigt infiziert waren und es 800 Todesfälle gab, während jetzt bereits weltweit über 7 Millionen bestätigt infiziert waren und über 400.000 an oder mit der Infektion starben.

Unklar ist freilich, warum die Epidemie wieder verschwunden ist. Die WHO erklärt, Sars hätte zu einer "konstanten Bedrohung der menschlichen Gesundheit" werden können, aber sei durch "die intensiven und geschickten Anstrengungen der Regierungen der betroffenen Regionen mit ihren regionalen und internationalen Partnern" eingedämmt worden. Das sei möglich gewesen, weil die Infizierten erst einige Tage, nachdem sie Symptome zeigten, ansteckend waren, am stärksten um den 10. Tag nach der Infektion, wenn die Symptome am stärksten waren. Das erlaubte eine wirksame Isolierung, während die Inkubationszeit zwischen 2 und 10 Tagen es vereinfachte, die Kontakte zurückzuverfolgen, bevor sie selbst erkrankten. Sars war zudem meist auf Städte beschränkt, die gut mit Krankenhäusern versorgt waren - und es waren relativ wenige Fälle, die die Gesundheitssysteme auch nicht überforderten.

In dem WHO-Bericht: "Sars: How a global Epidemic was stopped", der 2006 veröffentlicht wurde, steht allerdings schon, warum der Fall bei Covid-19 anders ist:

Wenn Krankheitsfälle infektiös gewesen wären, bevor die Symptome auftreten, oder wenn asymptomatische Fälle das Virus übertragen hätten, hätte die Infektion sehr viel schwieriger, vielleicht auch unmöglich kontrolliert werden können.

WHO

Gefährlicher, weil harmloser

Aufgrund der letztlich glücklichen Bedingungen konnte die Epidemie relativ schnell unter Kontrolle gebracht werden und trat seitdem in menschlichen Wirten nicht mehr auf. Dies, obgleich fraglich ist, ob die einmal Infizierten, die Antikörper ausbildeten, langfristig immun bleiben. Bekannt war aber, dass in Fledermäusen weitere Coronaviren waren und jederzeit eine neue Epi- oder Pandemie entstehen konnte, wie dies ja auch geschah.

Obgleich es nicht nur Warnungen, sondern auch Vorkehrungen und Pläne gab, wurde in China - wie später in vielen europäischen Ländern, einschließlich Deutschland - auf Covid-19 verzögert reagiert, während manche asiatischen Länder schnell ihre auf Sars aufbauenden Pandemiepläne umsetzten.

Wie auch immer, Sars-CoV-2 erwies sich paradoxerweise insofern als gefährlicher, weil es harmloser ist, da das Virus nur für wahrscheinlich etwa 1 Prozent der Infizierten tödlich zu sein scheint. Für schnelle Verbreitung sorgt, dass mehr als die Hälfte der Infizierten keine oder kaum Symptome haben, Covid-19 aber sich auch schon - und vielleicht vor allem - verbreitet, bevor überhaupt Symptome auftreten. Dabei scheint es einen kleinen Anteil von Superspreadern zu geben, die besonders gut das Virus verbreiten, aber womöglich keine Symptome aufweisen.

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