US-Syrien-Sanktionen setzen auf weitere Verarmung der Bevölkerung

Außenminister Pompeo feiert den Auftakt zu einer ganzen Reihe von Sanktionen in den kommenden Wochen und Monaten, "mit denen wir nicht aufhören, bis Assad und sein Regime ihren unnötigen, brutalen Krieg gegen die syrische Bevölkerung aufhören"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Jetzt wird etwas unternommen, verkündete Morgan Ortagus, Sprecherin der US-Außenministeriums, gestern auf Twitter: "Jetzt beginnt eine fortgesetzte Kampagne von Sanktionen gegen das brutale Assad-Regime und seine Helfer."

Laut der Pressemitteilung von US-Außenminister Pompeo sind die ersten, gestern in Kraft getretenen Sanktionen infolge des Caesar Acts der Auftakt zu einer ganzen Reihe von empfindlichen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen in den kommenden Wochen und Monaten, "mit denen wir nicht aufhören, bis Assad und sein Regime ihren unnötigen, brutalen Krieg gegen die syrische Bevölkerung aufhören und die syrische Regierung einer politischen Lösung des Konflikts einwilligt, wie es die Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrates verlangt".

Überzeugt, das Richtige zu tun

In der Regierung in Washington zeigt man sich ohne eine Spur des Zweifels, unerbittlich davon überzeugt, das Richtige zu tun: Die syrische Regierung unter Führung von Baschar al-Assad trage schließlich die Schuld am Krieg, und die Sanktionen würden sich gegen Individuen und Entitäten des Regimes richten, gegen dessen Spitze, dem innerem Kreis, gegen eng verbundene Profiteure und Unterstützer.

Das "Regime al-Assad" sei verantwortlich für eine halbe Million toter Syrer und 11 Millionen Flüchtlinge, für die "Zerstörung von Wohnungen, Schulen, Geschäften und öffentlichen Märkte". Zig Millionen Dollar würden Baschar al-Assad und sein Regime monatlich für den unnötigen Krieg verschwenden, erklärt Pompeo. Die Sanktionen seien auf das "Regime" und seine Helfer ausgerichtet, betonte er.

Die Sanktionsliste der Personen führt das Ehepaar Assad an: Baschar, der "Architekt des Leidens", und seine Frau Asma al-Assad. Als weitere Assads stehen auf der Liste: Baschars Bruder Mahir al-Assad samt der 4. Division, die er befehligt, Mahirs Frau Manal und die ältere Schwester des syrischen Präsidenten, Buschra al-Assad.

Die Hilfen der USA

Als Zeichen dafür, dass es die Regierung in Washington aber gut mit der syrischen Bevölkerung meint, rechnet Pompeo vor, dass die USA "der größte Geber humanitärer Hilfe" seit Ausbruch des Konflikts seien: 10,6 Milliarden US-Dollar habe man für "humanitäre Hilfen" bezahlt und über 1,6 Milliarden für "nicht-humanitäre Hilfe und Stabilisierungshilfe".

Man fragt sich, worin die "nicht-humanitäre Stabilisierungshilfe" genau besteht? Ob die milliardenschwere Operation Timber Sycamore auch mit eingerechnet wurde? Das verdeckte CIA-Programm, worüber seinerzeit nicht etwa VT-Seiten, sondern die New York Times berichtete, unterstützte gegnerische Milizen der Regierung Baschar al-Assad, die ihren Krieg zum großen Teil unter türkischer Führung fortsetzen. Auch Großbritannien half bei der Waffenlogistik mit.

Und man denkt an die zweistelligen, in der Summe über die Jahre hinweg vermutlich dreistelligen Millionensummen an US-Dollars, die für andere Gruppierungen und Organisationen bezahlt wurden, die mit der bewaffneten Opposition auf auffallend gutem Fuß stehen. Wie etwa die White Helmets und im weiteren Umfeld ein ganzes Betriebssystem aus Helfern, Beratern, Journalisten und Medienarbeitern.

Verfolgt man etwa die Spur des Geldes etwa bei der Publikation Syria Direct, das eine anspruchsvollere Leserschaft adressiert, so trifft man auch da schnell auf westliche Geldgeber: die US-Botschaft, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die kanadische Botschaft. Kollegen erzählten, wie schnell sich Medienbüros der al-Nusra-Front oder Ahrar al-Scham mit ihnen in Verbindung setzten. Die Miliz Ahrar al-Sham, die zusammen mit der al-Nusra-Front den Grundstein zur Dschihadistenherrschaft in Idlib legte, schaffte es mit einem Meinungsartikel ("Unterstützt uns") aus der eigenen Führung sogar bis in die Washington Post.

Nicht zu bestreiten ist, dass viel Geld aus den USA wie auch aus Großbritannien bereitgestellt wurde, um in der internationalen Öffentlichkeit breitgefächert für Sympathien und Unterstützung derjenigen zu sorgen, die mit kriegerischen Mitteln gegen die syrische Regierung kämpften, obwohl spätestens seit 2012 nicht mehr zu übersehen war, dass Dschihadisten, Salafisten und Islamisten die Hauptrolle spielten.

Also kamen von den USA und ihren Partnern Waffenlieferungen, strategische Unterstützung und Propagandahilfe für eine Kriegspartei. Selbst wenn man die unterirdisch üblen Geschichten über den Ursprung der Bewaffnung dieser Opposition ausklammert, bei der auswärtige Staaten eine wesentliche Förder-Rolle spielten, ist unübersehbar, dass der Krieg in Syrien von interessierter Seite geschürt wurde.

Die Alternative zu Assad

Und selbst wenn man idealistisch vorbringt, dass es doch prinzipiell eine gute Sache sei, wenn der Opposition eines repressiven Staates geholfen wird, so gehört zur Realpolitik, dass man hinschaut, wer die Opposition ist, ob sie eine bessere Alternative darstellt. Im Fall Syriens sind es hauptsächlich und bestimmend Verfechter eines nicht-demokratischen, islamistischen Staates.

Sie zeichnen sich real häufig durch die Eigenart aus, dass sie Andersgläubige als Parias behandeln, deren Leben wenig wert ist. Die US-Politiker wussten dies schon zuzeiten Obamas und sie wussten, dass sie mit der Unterstützung von Islamisten eine Opposition unterstützten, die mit der Regierung schon seit Jahrzehnten in einer blutigen Auseinandersetzung steht.

Der Riesenelefant im Raum ist nicht zu übersehen: Die USA und ihre Verbündeten sind ein wesentlicher Teil des Kriegsgeschehens in Syrien und seiner Dynamik. Der Nato-Partner Türkei fungierte als Durchgangsland für Waffen und Rekruten des "syrischen Dschihad".

Ganz deutlich wird das Ausblenden dieser Wirklichkeit und Mitverantwortung bei der Stellungnahme des "Sondergesandten für Syrien", James E. Jeffrey. Bei ihm führen nur Assad und seine Helfer, Russland und Iran, den Krieg, der 500.000 Leben gekostet hat.

Sind darin die Einwohner von Rakka miteingerechnet, der Stadt, die die US-Luftwaffe im Kampf gegen dschihadistische Milizen des IS derart in Schutt und Asche gelegt hat, ohne Rücksicht auf "Wohnungen, Schulen, Geschäften und öffentlichen Märkten" oder auch Krankenhäuser (Stellungen des IS) und wochenlang danach wurden noch Leichen ausgegraben?

Soweit zur Mitverantwortung für den Krieg. Wie steht es um die Zielgenauigkeit der Sanktionen?