Delta in den USA

Scheitert Bidens Covid-Politik an der Delta-Variante?

Nach dem Erfolg der Impfkampagne steht die USA jetzt vor der nächsten großen Welle. War Joe Bidens Covid-Politik zunächst bei der Bevölkerung gut angekommen, zeigen sich nun immer mehr Probleme.

Eine ins Stocken geratene Impfkampagne, der Streit um die Wiedereinführung der Maskenplicht, aber auch der politische Umgang mit der Medienberichterstattung um Covid spalten die Gesellschaft an einer altbekannten Stelle: Nämlich an der Frage, wo und wie weit der Staat in das Leben seiner Bürger eingreifen darf, bzw. wie weit Rechte und Einfluss der Bundesregierung reichen sollten.

Anders als die erst vor Kurzem überstanden Katastrophe angesichts der ersten COVID-Variante, scheint sich die Verbreitung die neuen Delta-Variante in den USA eher zu einer "Pandemie der Ungeimpften" auszuwachsen.

Impf-Rate um 80 Prozent zurückgegangen

Der Präsident behauptet der erneute Anstieg der Infektionszahlen (im Juni waren es noch ca. 10.000 pro Tag, zurzeit eher 80.000) wäre vermeidbar gewesen, gäbe es da nicht die ca. 90 Millionen Menschen, die immer noch als impfberechtigt aber ungeimpft gelten.

Während seiner Ansprache im Weißen Haus am vergangenen Dienstag wies der Präsident darauf hin, in den Bundesstaaten mit geringerer Impfquote sei die Rate der Infektionen "zehn bis zwanzig Mal so hoch" wie in den Staaten mit der höchsten Impfquote.

Doch dies heißt nicht, dass zukünftig nur ein kleiner Teil der amerikanischen Bevölkerung selbstverschuldet an Covid erkranken wird.

Seit ihrem Höhepunkt im April ist die Impf-Rate um 80 Prozent zurückgegangen, mit dem Effekt, dass immer noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Gegenden leben, in denen mehr als die Hälfte der Menschen noch nicht geimpft sind. Angesichts solcher Daten geht PHICOR davon aus, dass mindestens 40 Prozent aller Amerikanerinnen nicht ausreichend gegen die nächste Welle des Virus gewappnet sind.

Niemand weiß genau, wie sich die Delta-Welle entwickeln wird, doch schätzte Jeffrey Shaman (Columbia University’s Mailman School of Public Health), dass ohne Änderungen der Covid-Bestimmungen und dem Verhalten der Bevölkerung, die Fallzahl in den USA maximal auf ca. 150.000 pro Tag, also etwa eine Million pro Woche ansteigen könnte.

Solche Vorhersagen verdeutlichen: Die Herdenimmunität ist noch in weiter Ferne und ein Eingreifen der Bundesregierung notwendig. Allerdings wird es nicht ausreichen, dass der "Commander and Chief" hin und wieder vor laufenden Kameras zur Vernunft gemahnt, bzw. zur Impfung. Trotzdem scheint sich die Regierung momentan primär um die Berichterstattung in den Medien zu sorgen.

Die Berichtserstattung

Zugegeben, die öffentliche Diskussion um Covid in den USA war zu jeder Zeit stark politisiert und begleitet von Fehlinformationskampagnen, doch nun versucht das Weiße Haus verstärkt auf die Berichterstattung bezüglich Covid Einfluss zu nehmen. So kritisierten "White House deputy press secretary" Chris Meagher und Ben Wakana, Teil der aktuellen Covid-Taskforce, einen Artikel der Washington Post, der nach Meinung der Regierung einen Ausbruch von Corona unter geimpften Menschen etwas zu viel Bedeutung beimaß.

Natürlich hat die Regierung wenig Interesse an Medienberichten, welche die Wirksamkeit der stark diskutierten Impfungen infrage stellen. Und natürlich müsste gerade in diesen, von Desinformationen geprägten Zeiten, allen Medien doppelt daran gelegen sein, möglichst differenziert über die Verbreitung des Virus zu berichten, um klarzustellen, dass die Wirkung von Impfungen nicht grundlegend infrage zu stellen ist. Aber eine Einmischung der Regierung in die Berichterstattung - unabhängig, um welche Themen es geht - sollte die amerikanische Öffentlichkeit immer zur Vorsicht gemahnen.

Der aktuellen Regierung könnte nämlich auch daran gelegen sein, über die Medienberichterstattung Einfluss auf die Umfragewerte des Präsidenten zu nehmen, denn laut diesen sinkt die Begeisterung der Bevölkerung für Bidens Covid-Politik und damit sein gesamter Rückhalt in der Bevölkerung.

Außerdem lässt sich fragen, ob offene staatliche Einflussnahme auf die Medien hier das richtige Mittel ist, den misstrauischen Teil der Bevölkerung von den guten Absichten der Regierung zu überzeugen.

Frust der Regierung

Trotzdem ist der Frust der Regierung und anderer mit der Pandemie betrauter offizieller Stellen verständlich. Jenseits der "seriösen" Medien spielt sich in den "sozialen" schon seit Beginn der Pandemie Schauriges ab. Nun allerdings scheint Facebook, eine Plattform, die in den letzten Jahren nicht gerade für das gekonnte Management von Fehlinformationen bekannt geworden ist, stärker gegen Gruppen von Corona-Leugnern vorzugehen.

Diese versuchen dieser "Zensur" zu entgehen, indem sie einen gewissen Code nutzten, um sich weiterhin ungestört über die angeblichen Gefahren des Impfens austauschen zu können, - ganz zur Belustigung von Late Night Show Moderator Steven Colbert.

Auch in der nicht-virtuellen Sphäre gestaltet sich die Durchsetzung Bidens Agenda mühsam, denn so mancher republikanische Machthalter auf Staatenebene scheint trotz hoher Fallzahlen keinen Fehler in ihrer Covid-Politik zugegeben zu wollen, egal wie sehr sich der Präsident wünscht diese Störenfriede "sollten einfach aus dem Weg gehen" - und er hat insofern Recht, als z.B. der "freiheitliche" Umgang mit der neuen Virus-Variante des republikanischen Gouverneurs Ron DeSantis in Florida katastrophale Folgen zeigt.