Robert Habeck ist zum Kipppunkt für die Klimapolitik geworden

Viel im Kopf, wenig in der Bilanz – Robert Habeck. Bild: Tfjt, CC BY-SA 4.0

Das Heizungsgesetz: ein Dilemma. Das Klimaschutzgesetz: fragwürdig. Die Bilanz der Grünen in ihrem originären Bereich ist dünn. Warum der Wirtschaftsminister einen Scherbenhaufen zu hinterlassen droht. Ein Telepolis-Leitartikel.

Ein unausgereiftes Heizungsgesetz, ein umstrittenes Klimaschutzgesetz, Vetternwirtschaft im eigenen Haus, eine rebellierende Basis – es läuft nicht gut für Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Vor einer Woche hatte der 53-Jährige in der jüngsten Affäre um seinen Staatssekretär Patrick Graichen die Reißleine zu ziehen versucht. Das hat fast so gut funktioniert wie einst bei Jürgen Möllemann, wenn auch persönlich weniger verheerend.

Während Habecks Parteifreundin, Deutschlands Chefdiplomatin Annalena Baerbock, ihre Rolle vorrangig dadurch auszufüllen meint, ausländische Staatschefs zu beschimpfen, sofern sie nicht der Nato angehören, arabische Öldiktatoren oder anderweitig nützlich sind, setzt Habeck das vorrangige Ziel seiner Partei, den Klimaschutz, in den Frackingsand.

Dabei sind die Habeck’schen Krisen eng miteinander verwoben. Das Dilettantengesetz zum Heizungswechsel ist ausgerechnet unter der Ägide seines Kumpels Graichen entstanden. Der war offenbar zu beschäftigt, eine vernünftige Vorlage erarbeiten zu lassen; vielleicht, weil er Sprachregelungen für das Bewerbungsgespräch mit seinem Trauzeugen abstimmen musste. Was will man von einem beamteten Staatssekretär auch erwarten?

Den Entwurf des Heizungsgesetzes jedenfalls kann man – sofern ausgedruckt – bislang allein dafür verwenden, den heimischen Holzofen anzuzünden. Denn während der grüne Anteil der Regierungsampel zwar Fördermittel für den Heizungstausch anbietet, bleibt bei den Bürgern vor allem die Drohung im Gedächtnis. Die Drohung des Staates, das Heizungssystem des Eigenheims austauschen, Bußgelder zahlen oder die Kosten selbst tragen zu müssen.

Das ist verheerend: Denn während die Bürger schon auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause von den auf der Fahrbahn klebenden Mittelstandsaktivisten genötigt werden, gehen sie abends mit dem beklemmenden Gefühl eines drohenden Klimaregimes ins Bett, das in den jägerzaungeschützten Raum von Heim, Familie und Zukunft eindringt.

Dieses Gefühl wird von den Leugnern des Klimawandels geschickt ausgenutzt, denn sie scheinen ein besseres Gespür für die Ängste der breiten Mittelschicht zu haben als die vermeintlichen Kommunikationsprofis der Grünen, die, wenn sie scheitern, den Grund selten bei sich selbst suchen.

Wie effektiv ist die nationale Klimaschutzpolitik?

Das gilt übrigens auch für das Klimaschutzgesetz, mit dem sich die in diesem Bereich ebenso grün- wie fehlgeleitete Bundesregierung eines "Generationenvertrages für das Klima" rühmt. Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung die Klimaschutzziele verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Bereits bis 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken.

Doch was nützt das ohne globale Einbettung? Von 1990 bis 2020 sind die Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union nach Expertenschätzungen um ein Drittel gesunken. Gleichzeitig sind sie im ungleich größeren und bevölkerungsreicheren "Rest der Welt" um zwei Drittel gestiegen.

Der lokale Ansatz ist also nicht nur in seiner Wirkung begrenzt, sondern möglicherweise sogar kontraproduktiv: Denn wenn Industrie und produzierendes Gewerbe abwandern – und dieser Trend ist nicht zu leugnen – produzieren diese Unternehmen im europäischen, auf jeden Fall aber im außereuropäischen Ausland die Treibhausgase, die man in Deutschland einzusparen glaubt.

Wie man es auch dreht und wendet: Die Klimapolitik wird von Ideologen beherrscht, die viel von ihrer eigenen Ideologie halten, aber wenig von der eigenen Bevölkerung. Denn die fachpolitische Bilanz der Grünen in der Wirtschafts- und Klimapolitik ist ernüchternd, wie nicht nur das Wärmegesetz zeigt.

Aber wenn es der Regierung nicht gelingt, die Menschen von ihren Zielen zu überzeugen, wird sie abgewählt. Sonst bleibt ihr nur der autoritäre Weg, der in seiner plumpen, autokratischen Ausprägung in Deutschland kaum mehr durchsetzbar ist. Stattdessen tobt ein Kampf um die Köpfe, bei dem vor allem die Grünen mit zunehmender Hemmungslosigkeit Steuergelder in Thinktanks und Organisationen pumpen, die das Volk in eine der Partei genehme Richtung lenken sollen.

Das alles hat viel mit eigenen, auch monetären Interessen zu tun, aber wenig mit dem vorgeblichen Ziel des Klimaschutzes. Denn die Regierungsstrategie dazu wird inzwischen nicht nur vom politischen Gegner in Frage gestellt. Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Meine Empfehlung an die Ampel wäre, kurz durchzuatmen, einen Schritt zurückzutreten und einen neuen Anlauf für die Wärmewende zu nehmen." Die Verantwortlichen in der Bundesregierung sollten sich lieber mit Emissionsobergrenzen und dem CO2-Preis beschäftigen, so Edenhofer.

Schließlich schwebt über allem die große Frage: Wer soll das alles bezahlen? Die außen- und klimapolitisch motivierten Sanktionen gegen russische Energieträger haben jedenfalls zu Inflation und wirtschaftlichen Verwerfungen beigetragen. "Erlebe dein grünes Wirtschaftswunder", plakatierten Habeck und Baerbock im letzten Bundestagswahlkampf.

Im Herbst 2025 dürften sie ihr blaues Wunder erleben.

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