Abkehr von Nato-Russland-Grundakte: 4.000 deutsche Soldaten dauerhaft in Litauen

Nato-Jets über Litauen. Nun sollen die Truppen bleiben. Bild: Nato, CC BY-NC-ND 2.0

Bundesregierung bricht mit Tabu dauerhafter Stationierung. Sprecher begründet Schritt mit Ukraine-Krieg. Geht es auch um Wagner-Kämpfer in Belarus?

Die Bundesregierung plant die dauerhafte Stationierung von 4.000 Bundeswehr-Soldaten in Litauen. Anders als bisher sieht sie sich nicht mehr an bestehende Abkommen zwischen der Nato und Russland gebunden. Zur neuen Rechtsposition der Bundesregierung sagte Christian Wagner, einer der Sprecher des Auswärtigen Amts, am heutigen Mittwoch in Berlin, die Nato-Russland-Grundakte könne "kein beschränkender Faktor für den Ausbau der Nato-Ostflanke sein".

Die "Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nato und der Russischen Föderation" wurde am 27. Mai 1997 in Paris von den Mitgliedern des Nordatlantikpaktes und Russland unterzeichnet.

Das Dokument sollte die Beziehungen zwischen der Nato und Russland nach dem Ende des Kalten Krieges regeln und das Fundament für eine konstruktive Zusammenarbeit schaffen.

Allerdings hat sich das Verhältnis zwischen der Nato und Russland seit der Unterzeichnung der Grundakte deutlich verschlechtert, insbesondere im Kontext des umstrittenen Anschlusses der Krim an Russland im Jahr 2014 und des Krieges gegen die Ukraine.

Diese Entwicklungen führten zu Spannungen und zur Aussetzung der praktischen Zusammenarbeit zwischen der Nato und Russland, obwohl der Nato-Russland-Rat als politisches Forum weiterhin besteht. Russland hat die Gespräche in dem Format jedoch Mitte Februar 2022 – wenige Tage vor dem Angriff auf die Ukraine – auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.

Die Nato wiederum beschloss beim Madrider Gipfel im Juni 2022 ein strategisches Konzept, nach dem die Allianz Russland nicht mehr als Partner betrachtet. Man sei aber bereit, "Kommunikationskanäle mit Moskau offenzuhalten, um Risiken zu begegnen und zu mindern, Eskalationen zu verhindern und die Transparenz zu erhöhen".

Außenamtssprecher Wagner sagte dazu am Mittwoch in Berlin, die Grundakte beziehe sich "ausdrücklich auf das Sicherheitsumfeld, in dem sie beschlossen wurde". Und: "Dieses Sicherheitsumfeld hat Russland in den letzten Jahren immer wieder beschädigt, bis hin zu einem Angriffskrieg."

Regierungssprecher Steffen Hebestreit ergänzte, der russische Angriff auf die Ukraine in einem "eklatanten Gegensatz" zur Grundidee und den Zielen des Abkommen zwischen der Nato und Russland stehe. Deswegen fühle sich die Bundesregierung "an dieser Stelle auch nicht daran gebunden".

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibe aber bei seiner Haltung, dass die Nato die Grundakte nicht aufkündigen solle. An einem derartigen bestehenden Dokument im Grundsatz festzuhalten sei einfacher, als in Gespräche über eine neue Vereinbarung einzusteigen - zumal solche Gespräche mit Russland" im Moment aussichtslos" wären, so Hebestreit weiter.

Die Grundakte enthält auch eine Zusage der Nato an Russland, eine dauerhafte Präsenz größerer Kampfverbände im Osten zu vermeiden. In Folge haben die Nato-Staaten in Osteuropa bislang ein System der Truppenrotation aufrechterhalten. Eine dauerhafte Stationierung der 4.000 deutschen Soldaten in Litauen würde mit dieser Praxis brechen.