Afrin: Der türkische Dschihad

Seite 2: Die Beteiligten

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Die Ahrar al-Sham eine im syrischen Bürgerkrieg entstandene salafistische Miliz ist eine der größten islamistischen Rebellengruppen. Sie unterhält enge Beziehungen zur al-Nusra-Front. Ihr Operationsgebiet umfasst die Region Idlib. In Deutschland wird sie als ausländische terroristische Organisation eingestuft.

2016 schlossen sich Teile von Ahrar al-Sham der türkischen Invasion in der Sheba-Region und Dscharablus an. 2016 nahmen sie auch an den Astana-Gesprächen teil. Sie stehen in feindlicher Konkurrenz zu Hayat Tahrir Al Sham (HTS), deren Kern auch Kämpfer der ehemaligen al-Nusra-Front bilden.

BBC Arabic berichtete letzte Woche, dass Hayat Tahrir Al Sham (ehemals Jabhat Al Nusra) auch versucht, durch die Beteiligung ihrer Kämpfer am Afrin-Krieg von den Waffenlieferungen der Türkei an die alliierten Islamisten zu profitieren.

Die Farouk Brigade ist eine weitere Gruppe, die der Muslimbruderschaft nahesteht. Abu Saqqar, der Kommandeur der Farouk Brigade wurde durch kannibalistische Anflüge bekannt: er schnitt einem gefallenen syrischen Soldaten das Herz heraus und aß es vor der jubelnden Menge seiner Männer, berichtet The Region unter Berufung auf einen BBC-Journalisten, der den Kommandanten traf.

Die Sultan-Murad-Brigade ist ein Zusammenschluss verschiedener islamischer turkmenischer Gruppen. Auch die faschistischen Grauen Wölfe unterstützen diese von Erdogan als "Brüder" bezeichneten Turkmenen. 2015 griffen russische Kampfjets Stellungen dieser Gruppe in der Provinz Latakia an, wo die Russen einen Militärstützpunkt haben.

Im Zusammenhang dieser Auseinandersetzungen kam das türkische Militär den Islamisten zu Hilfe und schoss einen russischen Kampfjet ab. Dies führte zum zeitweiligen Ende der russisch-türkischen Beziehungen. Der Pilot konnte sich zwar retten, wurde dann aber von der Sultan-Murad-Brigade ermordet.

Junud al-Scham ist eine tschetschenische Miliz und ebenfalls beim völkerrechtswidrigen Angriff auf den nordsyrischen Kanton Afrin mit von der Partie. Dies berichtete die islamistische Istanbuler Zeitung Yeni Akit. Demnach haben sich der tschetschenische Kommandeur Muslim al-Schischani und seine Miliz Junud al-Scham den türkischen Truppen angeschlossen.

Al-Schischani wird von den USA und dem UN-Sicherheitsrat als Terroristenführer geführt. Seine Gruppe ist für die Zusammenarbeit mit dem IS bekannt.

Die Publikation aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, The National, berichtet, dass sich auch Islamisten aus dem Osten von Syrien aus der Region Deir ez-Zor der türkischen Armee in Afrin angeschlossen haben. So zum Beispiel die Gruppe Ahrar al-Sharqiyah, eine Gruppe, die einst mit Ahrar al-Sham in Deir ez-Zor verbunden war und zu einem Netzwerk von Al Qaida gehört.

Dies gilt auch für den ehemaligen Führer von Jabhat al-Nusra in Deir ez-Zor, Abu Mariyyah al- Qahtani, der für seine ideologische Flexibilität gegenüber anderen Gruppen bekannt ist.

Die Jabhat al-Shamiya, auch Levante Front genannt, ist ein sunnitisch- islamistisches Bündnis aus der Region um Aleppo. Sie war u.a. auch an der Belagerung des Flugplatzes Menagh beteiligt. 2016 schloss sie sich der FSA an und war als Teil der türkischen Operation "Euphrat-Schild" an der Besetzung von Jarablus beteiligt. Abu Muslim, ein Kommandeur von Jabhat al-Shamiya, berichtete, ihr erstes Ziel sei es bei der Afrin-Operation, die "separatistischen Parteien" aus den arabischen Dörfern zu vertreiben.

Jaish al-Nihbe ist eine islamistische Miliz, der auch Kurden angehören, die gegen die YPG sind. Diese Gruppe hebt die türkische Propaganda besonders hervor, um zu zeigen, dass man nicht gegen die Kurden kämpfe. Das Internet-Nachrichtenmagazin Al-Monitor listet weitere islamistische Milizen auf, die unter dem Kommando des türkischen Militärs als FSA agieren, darunter: Faylaq al-Sham, Jaish al-Nasr, Nureddin al-Zenki-Brigaden, Suqour al-Jaber, Samarkand Brigade, Muntasir Billah Brigade, Sultan Mourad Division, Fatih Sultan Mehmet Brigade, Hamza Company, Nördlicher Sturm, Turkistan Islamische Partei und Salahaddin Brigade.

Die meisten dieser Gruppen wurden nach der Operation Euphrat-Schild in Trainingscamps in der Türkei in Kampftätigkeiten wie Einsatz von Mörser, Raketen und Maschinengewehren ausgebildet, berichtet Al-Monitor. Auch unter den syrischen Flüchtlingen in der Türkei wurden Kämpfer rekrutiert. Ungefähr 70 Flüchtlinge aus dem Flüchtlingscamp bei Suruc traten so der FSA bei. Etwa 200 turkmenische Flüchtlinge, die in Osmaniye lebten, meldeten sich beim Rekrutierungsbüro der türkischen Armee.

Nachdem der IS in weiten Teilen Syriens besiegt ist, melden die verbliebenen islamistischen Gruppen bei der Türkei Ansprüche auf eigene Gebiete an. Wo sollen sie hin? Es bleiben ihnen nur die türkisch besetzten Gebiete in Nordsyrien oder die Migration in die Türkei. Und so ist es logisch, dass sie in Nordsyrien versuchen, einen Keil zwischen die arabische und kurdische Bevölkerung zu treiben, um selbst eine Bleibe zu haben.

Sie erwarten nun von der Türkei, in die eroberten Gebiete zu investieren und ihnen Siedlungsgebiete zu geben, wie an dieser Stelle bereits berichtet (siehe Nordsyrien: Türkische Regierung bereitet Annexion der Sheba-Region vor). Und es scheint, dass diese Rechnung aufgeht, sollte die Türkei mit ihrem Angriffskrieg in Afrin erfolgreich sein.

Laut Erdogans Regierungsberater Ilnur Cevik, wird Afrin nicht an Assad übergeben, wenn die türkische Armee und ihre verbündeten islamistischen Stellvertreter Afrin einnehmen würden. "Diejenigen, die der Meinung sind, dass Assad die Kontrolle über Afrin und alle Grenzgebiete in der gesamten Türkei zurückgewinnen sollte, sollten zweimal darüber nachdenken, denn dies wird niemals die lebenswichtigen Sicherheitsinteressen unseres Landes lösen", schrieb Cevik am Dienstag für die regierungsnahe Daily Sabah Nachrichten-Website