An der Tilgungsfront

Seite 2: Die engagierte Abgeordnete

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auf dem Buch prangt ganz dick ihr Bild. Meine Frau: "So schön ist sie gar nicht. Ich weiß gar nicht, warum sie alle so schön finden." Sie hat mir ihr Buch "Freiheit oder Kapitalismus" mit einer persönlichen Widmung geschickt.

In der Drucksache 17435 der 17. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat Sahra Wagenknecht, die derzeitige Nr. 15 im Ranking der schönsten Bundestagsabgeordneten, die Bundesregierung gefragt:

Hält es die Bundesregierung grundsätzlich für möglich, dass durch freiwillige und zwangsweise Abgaben der privaten Vermögensbesitzer, wie es zum Beispiel durch die Initiative "Hurra wir tilgen!" (die deutschen Staatsschulden) von Alexander Dill gefordert wird, die Schulden und damit auch die laufenden Zinszahlungen der öffentlichen Haushalte gesenkt werden können, wie begründet sie ihre Einschätzung, und würde sie eine freiwillige Zahlung der Vermögensbesitzer zum Zweck der Schuldentilgung annehmen?

Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Helmut Koschyk, antwortete ihr in unfreiwilliger Komik, das Vermögen der Bundesbürger könne nicht festgestellt werden. Zudem sei die "internationale Mobilität von Vermögen" groß. Und der Aufwand erst. Und dem Grundgesetz widerspräche es auch, da keine Notsituation des Staates vorliege. Ich würde gerne mal mit Sahra bei Borchardt essen. Ob sie wie ich nur Weißwein trinkt? Sancerre?

Der juristische Gutachter

Die helle Anwaltskanzlei in bester Münchner Lage strahlt Solidität aus. Während ich einen Kaffee serviert bekomme, blicke ich noch einmal auf das Gutachten von Prof. Dr. Otto Gaßner. Der Inhaber der Kanzlei Gaßner&Kollegen ist CSU-Stadtrat in Starnberg, war einmal Syndikus des Bankhauses Merck&Finck. Und er widerspricht der Antwort von Koschyk.

Zuvor hatte mir Dr. Wolfgang Schäuble einen Brief vom gleichen Referenten schreiben lassen, der bereits für die SPD in der Großen Koalition keine Tilgung - sei sie zwangsweise oder freiwillig - für eine ernstzunehmende Option hielt.

Seine damalige Chefin war die heutige finanzpolitische Sprecherin der SPD, Nicolette Kressl. Auch sie meldete in ihrem Schreiben an mich "verfassungsrechtliche Bedenken" gegen eine Vermögensabgabe an. Da die FDP ja sozusagen organisch gegen eine Vermögensabgabe sein muss, wäre damit eine absolute politische Mehrheit gegen eine Tilgung gesichert.

Durch den Journalisten Günter Ederer erfuhr ich, dass Gaßner bereits 2006 ein bis heute unveröffentlichtes Gutachten für eine Vermögensabgabe zur Tilgung der deutschen Staatsschulden angefertigt hatte. Darin argumentiert Gaßner, durch die Staatsschuld werde der Handlungsspielraum des Staates derart eingeengt, dass nicht nur das Sozialstaatsprinzip, sondern auch das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip gefährdet seien. Auch zitiert er ein Sondervotum von Di Fabio und Mellinghoff, beide Richter des Bundesverfassungsgerichtes, in dem diese feststellten, der Gesetzgeber sei seiner Aufgabe, mit der Verschuldungsgrenze verantwortlich und verfassungsgemäß umzugehen, nicht gerecht geworden. Da waren die Schulden aber noch bei 1,4 Billionen Euro. Aus dem Munde von Juristen sind das deutliche Worte.

Der Vorschlag von Gaßner wurde nach seinen Angaben u.a. von dem ehemaligen Verfassungsrichter Konrad Kruis und dem laut FAZ "Nestor des deutschen Finanzverfassungs- und Steuerrechts", Prof. Dr. Klaus Vogel, sowie von Paul Kirchhof geprüft. Vogel hat sich sogar bereit erklärt, den Vorschlag gegenüber der Politik zu befürworten. Gaßner: "Ich habe es auch Peer Steinbrück geschickt. Er hat nicht geantwortet." Andere Politiker, denen Gaßner sein Gutachten zeigte, winkten ebenfalls ab. Gaßner seufzend: "100% der Politiker waren dagegen." Dies führte er als Grund dafür an, die Sache nicht weiter zu verfolgen. Otto Gaßner gestattete mir, sein Gutachten zu veröffetlichen.