Anatomie einer Liquiditätsblase

Seite 4: Währungskriege und Abwertung

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Die chinesische Währungsabwertung, die als Reaktion auf das Börsenbeben in der "Volksrepublik" durchgeführt wurde löste ja nicht zufällig gerade in der Bundesrepublik geradezu empörte Reaktionen aus: Von einer "gefährlichen Panik" und blank liegenden Nerven der chinesischen Führung war da die Rede, von einem chinesischen "Währungskrieg mit dem Westen" (Spiegel Online) und von dem Versuch, "die eigene Exportwirtschaft auf Kosten anderer Länder zu stärken" (FAZ).

Bei einer Währungsabwertung werden die in der betreffenden Volkswirtschaft produzierten Waren gegenüber anderen Währungsräumen günstiger, was letztendlich auf die Förderung von Handelsüberschüssen hinausläuft, die zu Handelsdefiziten - und somit Verschuldung und Deindustrialisierung - in den Zielländern dieser Exportoffensiven führt. Deswegen wird diese aggressive Wirtschaftsstrategie seit den Zeiten der Großen Weltwirtschaftskreise in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts mit dem Begriff "Beggar thy neighbor" (ruiniere deinen Nachbarn) belegt.

Genau diesen Weg beschritt das "Deutsche Europa" (Handelsüberschüsse als europäischer Krisenausweg?). Mittels der Doppelstrategie von europaweiter Austerität und - forciert durch die expansive EZB-Politik - einseitiger Exportförderung wurden die europäischen Leistungsbilanzüberschüsse, die vor Krisenausbruch kaum gegeben waren, in absurde Höhen getrieben.

Allein 2014 verzeichnete die Eurozone einen Leistungsbilanzüberschuss von knapp 200 Milliarden Euro - wobei ein Großteil dieses Überschusses auf die BRD entfällt, die 2014 einen Leistungsbilanzüberschuss von rund 7,5 Prozent des BIP erreichte. Während das knallharte deutsche Sparregime die Lohnstückosten in der Eurozone drücken ("Konkurrenzfähigkeit") und die Haushaltssanierung der "Schuldenstaaten" befördern sollte, zielten die rasch zunehmenden Handelsüberschüsse letztendlich auf den Export der europäischen Schuldenberge.

China will somit das aggressive deutsche "Geschäftsmodell" (wieder) übernehmen. Diese neomerkantilistische Strategie schien aber nur deswegen gangbar, weil sie von China nicht mehr verfolgt wurde. Die Volksrepublik erzielte vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008/09 gigantische Handelsüberschüsse von bis zu zehn Prozent des BIP mit den sich immer weiter verschuldenden Europäern und Amerikanern, die aber nach Krisenausbruch rasch abnahmen und inzwischen bei moderaten zwei Prozent des BIP liegen.

Der Grund: China initiierte vermittels umfassender Konjunkturmaßnahmen eine Verschuldungsdynamik, die den gigantischen Investitionsboom, die Immobilienblasen und letztendlich die derzeit vom Kollaps bedrohte Aktienblase hervorbrachte. Da diese chinesische Verschuldungsdynamik an ihre Grenzen stößt, will Peking nun wieder zum massiven Schuldenexport übergehen, womit die Volksrepublik sich auf Kollisionskurs mit dem "Deutschen Europa" befindet.

Der globale währungspolitische Entwertungswettlauf, der eigentlich schon seit Krisenausbruch schleichend vonstatten ging (Der Schwächste gewinnt), droht somit sich zu beschleunigen und eine unkontrollierbare Eigendynamik zu entwickeln. Hoffnungslos verschuldete Wirtschaftsräume sind durch diese Verzweiflungstaten bemüht, ihre Schuldenberge vermittels dieser Beggar-thy-Neigbor-Politik zu exportieren. Und es ist kein Zufall, dass diese in der Weltwirtschaftskrise der 1930er praktizierte Exportstrategie nun wieder um sich greift, da angesichts der gegenwärtigen schweren Systemkrise "erfolgreiche" kapitalistische Wirtschaftspolitik nur auf Kosten anderer Wirtschaftsräume, vermittels Waren- und Schuldenexport, realisiert werden kann.