Angezählt: Wieso Ursula von der Leyen ihren Job in Brüssel verlieren könnte

Porträt von Ursula von der Leyen

(Bild: LCV / Shutterstock.com )

Sozialdemokraten warnen Ursula von der Leyen vor Zusammenarbeit mit Rechtsextremen. Ein solcher Schritt könnte ihre Karriere beenden. Wer könnte ihr nachfolgen?

Es gibt einen Rechtsruck in Europa – das ist unbestritten. In Deutschland könnte die Alternative für Deutschland (AfD) bei den Europawahlen deutlich besser abschneiden als bei den letzten Wahlen und ein Rekordergebnis erzielen. In Frankreich bringt die Partei von Marine Le Pen Präsident Emmanuel Macron zunehmend in Bedrängnis. In anderen Ländern sind sie bereits an der Macht.

Dieser Trend wird dadurch verstärkt, dass die EU-Institutionen bisher wenig Berührungsängste mit Politikern der extremen Rechten haben. EU-Chefdiplomat Josep Borrell etwa bediente sich in der Vergangenheit rassistischer Stereotype. Und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen tut ihr Übriges, um rechtsextreme Politiker salonfähig zu machen.

EU-Institutionen und ihre Beziehung zur extremen Rechten

Das möchten sich die europäischen Sozialdemokraten nicht länger gefallen lassen. Politico berichtet, sie hätten von der Leyen vor einer möglichen Zusammenarbeit mit rechtsextremen Abgeordneten gewarnt. Im Ernstfall könnte das wohl das Ende ihrer politischen Karriere bedeuten, zumindest würde sie bei der nächsten Wahl zur EU-Kommission durchfallen.

Zu den Kritikern gehören Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die deutsche SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley. Laut Politico haben sie in den vergangenen Wochen mehrfach damit gedroht, von der Leyens Kandidatur zu blockieren.

Drohungen, von der Leyens Kandidatur zu blockieren

Von der Leyen wird demnach eine rote Linie überschreiten, wenn sie sich auf rechtsextreme Abgeordnete stützen sollte, um im EU-Parlament Mehrheiten zu erlangen. In einem Podcast hatte Barley kürzlich betont, dass Sozialdemokraten "nicht mit der extremen Rechten zusammenarbeiten" werde.

Die Kritik richtet sich hauptsächlich gegen von der Leyens Haltung gegenüber der Partei "Brüder Italiens" der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Diese gehört der rechten Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR) im Europaparlament an. Von der Leyen hat angedeutet, dass sie mit der ECR zusammenarbeiten könnte – sollte sie nach den Europawahlen nicht von der politischen Mitte und den Liberalen unterstützt werden.

Scholz warnt von der Leyen vor Zusammenarbeit mit der extremen Rechten

Scholz warnte von der Leyen am Freitag laut Politico vor einem solchen Schritt. "Wenn die nächste Kommission gebildet wird, darf sie sich nicht auf eine Mehrheit stützen, die auch die Unterstützung der extremen Rechten braucht", sagte er. Die einzige Möglichkeit, eine Kommissionspräsidentschaft zu etablieren, bestehe darin, sich auf die traditionellen Parteien zu stützen.

Ebenso deutlich wurde der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, der aus Luxemburg stammende Politiker Nicolas Schmit. Er warf von der Leyen vor, zu glauben, es gebe "gute und schlechte Rechtsextremisten". Aber Meloni sei "politisch extrem rechts" und ihre Vision sei "sicherlich nicht ein starkes, integriertes Europa". Von der Leyen glaube aber wohl, Meloni sei eine Konservative.

Mario Draghi als möglicher Herausforderer von der Leyens

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Mario Draghi wird bereits als Herausforderer von der Leyens gehandelt. Erst letzte Woche erhielt er Unterstützung von Pascal Canfin, einem Europaabgeordneten der liberalen Partei Renaissance des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Im Gespräch mit Politico sagte Canfin, dass Frankreich und alle im präsidialen Ökosystem "Draghi eine Rolle geben wollen".

Die französische Regierung wird in ihrem Bestreben, von der Leyens Karriere zu beenden, von deutschen Sozialdemokraten unterstützt. So erklärte etwa der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner am Freitag: "Wenn Emmanuel Macron einer weiteren Amtszeit von Ursula von der Leyen kritisch gegenübersteht, der es an ausreichender Klarheit über Bündnisse mit dem Rechtsblock mangelt, habe ich volles Verständnis für ihn."