Apple siegt in Rechtsstreit über Blogger

Blogger können gemäß einem kalifornischen Gericht ihre Informanten nicht schützen, wenn diese geistiges Eigentum gestohlen haben - aber das gelte auch allgemein für alle Journalisten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In einem womöglich für die Presse- und Meinungsfreiheit bedeutsamen Prozess hat der kalifornische Richter James Kleinberg entschieden, dass die Betreiber von drei Websites, deren Thema Neuigkeiten über Apple sind, die Namen von Personen aufdecken müssen, die vom Unternehmen beschuldigt werden, Geschäftsgeheimnisse verraten zu haben. Der Fall ist insofern bedeutsam, weil es hier auch darum ging, ob Blogger oder andere Betreiber privater News-Webseiten rechtlich als Journalisten gelten (Das Wellenbad der kollektiven Psyche). Das Gericht zog sich hier aber aus der Affäre.

Ende des letzten Jahres hatte Apple gegen 25 Angestellte (Does) wegen der Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen auf den Websites PowerPage, Apple Insider und Think Secret eine Klage eingereicht. Zudem wurde der Email-Service-Provider Nfox von PowerPage aufgefordert, die Identität der Informanten aufzudecken und alle Dokumente herauszugeben, die das noch nicht auf dem Markt befindliche Produkt "Asteroid" behandeln. Gegen PowerPage und Appleinsider wurden entsprechende Verfügungen eingereicht, die aber nicht Gegenstand des Prozesses waren.

Diese Betreiber der Websites, vom Gericht auch als Blogger bezeichnet, legten mit der Rechtsbeihilfe der Electronic Frontier Foundation (EFF) Einspruch ein und beriefen sich auf den Ersten Verfassungszusatz, nach dem Journalisten nicht für die missbräuchliche Verwendung von Geschäftsgeheimnissen gemacht werden dürfen oder einen Vertragsbruch begehen müssen, wenn sie legal erworbene Informationen publizieren. Ein entsprechendes Gesetz gibt es überdies auch in der kalifornischen Verfassung. Apple würde mit der Klage versuchen, mit der wirtschaftlichen Macht des Unternehmens "kleine Journalisten" einzuschüchtern. Wenn ein Medium wie die New York Times solche Informationen veröffentlicht hätte, würde man das guten Journalismus nennen. Apple hätte dann niemals eine Klage eingereicht. Müsste man nun die Identität der Informanten aufdecken, wäre damit die Möglichkeit gefährdet, dass Medien im öffentlichen Interesse berichten. Es geht also um eine Abwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz von geistigem Eigentum.

Das Recht, im Eigentum befindliche Informationen als solche für sich zu behalten und zu schützen, ist ein Recht, das die kalifornische Rechtsprechung und die Gerichte schon lange bekräftigt haben und das für die Zukunft von Technologie und Innovation allgemein entscheidend ist. Das Gericht sieht keinen Grund, dieses Recht aufzugeben, selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Kläger "Journalisten" sind, wie sie selbst behaupten.

Auszug aus dem Urteil

Nach dem Richter sind Reporter, die "gestohlenes Eigentum" publizieren, nicht von der Verfassung geschützt. Damit wären nicht nur Blogger und andere Betreiber von privaten Websites von dem Urteil betroffen, sondern alle Journalisten, die keinen Schutz genießen, wenn es sich um Delikte in Bezug auf die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen handelt. Hier seien von der Rechtssprechung keine Ausnahmen vorgesehen. Das "Journalistenprivileg" decke keine Eigentumsverletzungen.

Was den Status von Bloggern betrifft, sagt das Gericht zwar, dass es heute schwieriger sei zu bestimmen, wer Journalist sei. Aber da Journalisten eben auch keine Informationen zurück halten dürften, die eine Straftat betreffen, war eine Klärung gewissermaßen nicht erforderlich, auch wenn der Richter in Zweifel zog, dass es sich bei dem Betreiber von PowerPage nach dem kalifornischen Gesetz um einen Journalisten handelt. Bei den Webseiten, die Informationen über Apple berichten, könne man nach dem Gericht auch nicht davon sprechen, dass sie wichtig für das "öffentliche Interesse" seien, sondern lediglich für eine "interessierte Öffentlichkeit". Daher gebe es auch kein Recht der Öffentlichkeit, über Geschäftsgeheimnisse von Apple oder einem anderen Unternehmen informiert sein zu müssen. Man habe hingegen nur den "unersättlichen Wunsch nach Informationen der Öffentlichkeit" genährt.

Die EFF will gegen das Urteil, das wirtschaftliche Interessen über die Presse- und Meinungsfreiheit stellt, um nicht den technischen Fortschritt zu gefährden, Einspruch erheben. "Wir sind enttäuscht", so Cindy Cohn von der EFF, "dass das Gericht das Erfordernis des Obersten Gerichts außer Acht gelassen hat, dass in einer Zivilklage die Aufdeckung der vertraulichen Quellen die 'letzte Möglichkeit' sein müsse." Das Urteil bedrohe Journalisten aller Art.