Atommacht Iran?
Nachforschungen der LA Times sollen ergeben haben, dass der Iran schon bald Atomwaffen bauen könnte
Mit dem Iran steht möglicherweise nach dem Irak und mit Nordkorea der nächste Konflikt an. Der Iran ist nicht nur daran interessiert, die Politik in den beiden Nachbarländern Afghanistan und Irak mit zu beeinflussen, was unmittelbar die Interessen der USA tangiert, das Land versucht vermutlich auch, Nuklearwaffen zu entwickeln. Die iranische Regierung weist diesen Vorwurf freilich weit von sich und behauptet, mit dem Betreiben von Atomreaktoren lediglich die Energieversorgung im öl- und gasreichen Land sicherstellen zu wollen. Nachforschungen der Los Angeles Times sollen jetzt aber darauf hinweisen, dass der Iran bald in der Lage sein wird, Atomwaffen herzustellen.
Die Los Angeles Times hat nach eigenen Angaben aufgrund der Einsicht in einst geheime Berichte und von Gesprächen mit unabhängigen Experten, iranischen Exilanten, Geheimdienstmitarbeitern aus Europa und dem Nahen Osten und Regierungsangehörigen vieler Länder "starke Beweise" dafür entdeckt, "dass das kommerzielle Programm den Plan verdeckt, die nächste Atommacht der Welt zu werden". Das Atomprogramm sei vor den UN-Inspektoren verborgen worden. Technik und Wissenschaftler aus Russland, China, Nordkorea und Pakistan hätten dem Iran geholfen, dem Ziel nahe zu kommen.
Zwar sei nicht bekannt, wann genau der Iran die erste Atombombe bauen kann, manche Experten seien aber der Meinung, dass dies bereits in zwei oder drei Jahren geschehen könne. Ein Bericht der französischen Regierung vom Mai habe davor gewarnt, dass der Iran kurz davor stehe, Uran oder Plutonium atomwaffenfähig anreichern zu können. Dafür sprächen auch Proben, die die IAEA-Inspektoren im Juni aus dem Iran mitgenommen hatten. Sie seien bereits so hoch angereichert, dass das Material für eine Bombe verwendet werden könne.
Einige Forschungseinrichtungen seien in einem Vorort von Teheran in einer Uhrenfabrik untergebracht. Den UN-Inspektoren wurde der Zutritt verweigert. Aus China wurden 1991 1,8 Tonnen Uran importiert. Mit Pakistan hat der Iran eng zusammen gearbeitet. Derzeit seien viele Militärwissenschaftler aus Nordkorea im Iran tätig, die an der Entwicklung von Atomsprengköpfen mitarbeiten sollen. Und auch russische Wissenschaftler würden teilweise unter falscher Identität und ohne Genehmigung der Regierung in den Iran reisen, um einen Reaktor zur Anreicherung von Plutonium fertig zu stellen. In den letzten Monaten seien vom Iran nach europäischen Geheimdienstinformationen zahlreiche europäische Firmen angesprochen worden. Die Einkaufsliste lege nahe, dass man schon bei den letzten Schritten der Waffenentwicklung angelangt sei.
Der Iran wurde von US-Präsident Bush zur "Achse des Bösen" gerechnet und gilt als Unterstützer des internationalen Terrorismus. Im Augenblick scheint der Konflikt zwischen den USA und dem Iran etwas tiefer gehängt zu sein, weil der Iran offenbar einige, auch hohe al-Qaida-Mitglieder gefangen haben soll. Die US-Regierung fordert ihre Auslieferung, der Iran scheint sie als eine Art Pfand behalten zu wollen, vielleicht auch um im Gegenzug die von Hussein unterstützte Terror- oder Befreiungsorganisation Volksmudschaheddin, mit der die US-Regierung eine Art Waffenstillstand vereinbart hat, zerschlagen zu können (Wenn es den eigenen Interessen dient). Die US-Regierung scheint auch die Opposition im Iran fördern zu wollen, um dadurch die Regierung zu stürzen (Iran destabilisieren), was für die geplante, mit dem Irak begonnene Umstrukturierung des Nahen Ostens entscheidende Fortschritte mit sich bringen würde (Es brodelt in Teheran).
Der Irak-Krieg wurde vornehmlich aufgrund der Existenz von Massenvernichtungswaffen begründet, die Hussein in Händen haben sollte. Nachdem davon bislang nichts gefunden wurde und besonders das angebliche irakische Atomwaffenprogramm sich als eine Fata Morgana im Dienst der Kriegsbefürworter herausgestellt hat, wäre der Druck auf die US-Regierung stark, aus Glaubwürdigkeitsgründen entschieden zu handeln, sofern der Iran tatsächlich ein Atomwaffenprogramm besitzt (Notfalls auch mit militärischer Gewalt nach dem Exempel Irak). Erst letzten Monat hat die iranische Regierung eine Langstreckenrakete nordkoreanischen Typs vorgestellt, mit der sich auch Israel erreichen lässt. Der Iran verfolgt das Atomwaffenprogramm auch deshalb, um Israel, das eine nicht erklärte Atommacht ist, Paroli bieten zu können (Israels Atompolitik). Nach der Einordnung des Iran in die "Achse des Bösen" und nach der Bekanntgabe der Präventionsstrategie der USA dürfte der Wunsch, sich mit Atomwaffen zu sichern, nur noch gewachsen sein. Wie die Kriege in Afghanistan und dem Irak gezeigt haben, scheint einzig der Besitz von Atomwaffen der Garant zu sein, von der militärischen Übermacht der USA nicht jeder Zeit überrannt zu werden. Dem Vorschlag, im Nahen Osten eine atomwaffenfreie Zone einzurichten, widersetzen sich sowohl Israel als auch die USA.
Noch versucht die US-Regierung das Problem neben manchen Drohungen wie im Fall von Nordkorea mit Diplomatie und durch den Einsatz von IAEA-Inspektoren zu lösen. Die Internationale Atomenergiebehörde der UN hatte in ihrem Bericht zwar den Iran kritisiert, Teile des Atomprogramms nicht kontrollieren zu lassen, aber dem Land noch keinen Bruch mit dem Atomwaffensperrvertrag vorgeworfen. Die Inspektionen gehen also vorerst weiter. Für September ist ein weiterer Bericht geplant. Als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags darf der Iran zwar angereichertes Plutonium herstellen, ist aber dazu verpflichtet, die Atomanlagen für Inspektionen zu öffnen. Zwischen den USA und Europa gibt es auch hinsichtlich des Iran Differenzen (Hinter manchen Einigkeiten kaum zu überbrückende Differenzen),
Allerdings scheint man auch Pläne zu entwickeln, wie man durch Bombardierung die Nuklearanlagen zerstören könnte. Das hatte man auch schon im Fall von Nordkorea gehört. Vorbild dafür ist das Vorgehen Israels, das 1981 den irakischen Atomreaktor Osirak, kurz bevor er angeschaltet werden konnte, mit Bomben von Kampfjets zerstörte. Allerdings dürfte dies im Iran schwerer sein, weil einige Anlagen unterirdisch gegen konventionelle Bomben geschützt sind. So sind beispielsweise die Zentrifugen der Anreicherungsanlage für Plutonium bei Natanz in unterirdischen Bunkern untergebracht.