Ausbildung für den Cyberwar
Seite 3: Bundeswehr breitet sich an deutschen Unis aus
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Eigenen Angaben zufolge schloss die Bundeswehr bereits vier weitere Kooperationen mit staatlichen Hochschulen:
- mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (Standorte Ravensburg und Mannheim)
- der Hochschule Mannheim
- der Hochschule Koblenz
- sowie der Jade Hochschule Wilhelmshaven
Die Bundeswehr feiert die Abschlüsse als "einen weiteren Schritt zur Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr, gerade auch in der Konkurrenzsituation mit der Wirtschaft", wie Georg Stuke, Präsident des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, im Bundeswehrjournal zitiert wird.
"Bestanden bislang jährlich 110 Einstellungsmöglichkeiten an der Universität der Bundeswehr München, an der Hochschule Mannheim und an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (Standort Mannheim), so erhöht sich jetzt durch die fünf Hochschulkooperationen die Aufnahmekapazität auf bis zu 215 Plätze pro Jahr", ist dort zu lesen.
"Der entsprechende Verweis auf die Hochschule Bremen und den konkreten Studiengang war übrigens schon lange auf der Webseite der Bundeswehr, bevor die Hochschule Bremen die Kooperation offiziell beschlossen hatte", merkt Streibl in seinem offenen Brief an.
Ausbildung für (Rüstungs)Konzerne an Bundeswehr-Unis
Die Bundeswehr unterhält zwei Universitäten: Die von dem SPD-Politiker Helmut Schmidt zu seiner Zeit als Verteidigungsminister 1973 gegründete Universität der Bundeswehr München sowie die inzwischen nach ihm benannte Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, die 1972 als Universität der Bundeswehr Hamburg gegründet wurde, und ebenfalls 1973 den Lehrbetrieb aufnahm.
An beiden Unis werden OffiziersanwärterInnen der Bundeswehr ausgebildet, aber auch über Kooperationsabkommen mit befreundeten Staaten Offiziere aus anderen Staaten. Das gilt auch für München. An beiden Unis gibt es Kooperationen mit Konzernen - vermutlich vorrnehmlich diejenigen, in denen Waffentechnik entwickelt wird und Rüstungsgüter produziert werden - im Rahmen derer Zivilpersonen ausgebildet werden: "Für zivile Studierende werden anteilig Studiengebühren erhoben. Diese können im Rahmen einer gezielten Fachkräfteentwicklung von einem Kooperationsunternehmen (Industriestipendium), einer Stiftung oder unter besonderen Voraussetzungen auch vom Studierenden selbst übernommen werden", so die HSU.
Ausbildung von Soldaten aus aller Welt
Daneben gibt es die 1957 in Bad Ems und nach ihrem Umzug am 28. Oktober 1958 durch den damaligen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß (CSU) feierlich eröffnete Führungsakademie (FüAk) der Bundeswehr in Hamburg-Blankenese.
Dieser ist allerdings die Elite-Förderung vorbehalten, dort werden nur Militärs ausgebildet. Zunächst ausschließlich für die Bundeswehr, seit vielen Jahrzehnten auch für Angehörige "befreundeter" Armeen. Konkret heißt das: Jedes Jahr rund 50 Soldaten aus Nicht-NATO- und Nicht-EU-Staaten zusammen mit 20 deutschen Offizieren.
Um das dauerhaft zu gewährleisten, wurde 1993 der "Freundeskreis Ausbildung ausländischer Offiziere an der Führungsakademie der Bundeswehr e.V." durch Altkanzler Schmidt, und den ebenfalls aus Hamburg stammenden ehemaligen Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) gegründet. Der die berühmte "Salami-Taktik" erfand, mit der die Bevölkerung schrittweise an die Entsendung deutscher Truppen ins Ausland gewöhnt werden sollte. Der Auftakt dieses "Gewöhnungsprozesses" war der Beschluss der Bundestags im April 1993, die UN-Mission UNOSOM II in Somalia mit 1700 Soldaten zu unterstützen.
Der "Freundeskreis", der nicht nur Spenden akquiriert, sondern den Teilnehmern auch Paten vermittelt, versteht die Ausbildung von Militärs aus aller Welt als Beitrag zur Völkerverständigung. "Es entsteht ein Netzwerk von Offizieren anderer Länder, die oft in hohe Positionen kommen, die Deutschland kennen. Und wir hoffen - als Ergebnis dieses Lehrganges - dass sie Deutschland später auch positiv gegenüber stehen. Und das erleichtert dann die Zusammenarbeit in der Außenpolitik, in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik...", zitiert Autor Axel Schröder Lehrgangsleiter Oberst Helmut Gebers in der Sendung NDR Info "Streitkräfte und Strategien".
"Freundeskreis"-Mitglied Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) schwärmt in der Sendung:
Die militärische Ausbildungshilfe bietet uns die einzigartige Möglichkeit, Strukturen von innen zu verändern. Gerade dort, wo unsere normalen diplomatischen Mittel keinen Erfolg zeigen. Stellen wir uns einfach vor, dass ein Offizier bei uns ein halbes Jahr gelebt hat und Demokratie, Freiheit, Pressefreiheit geatmet hat und dann vor einer Entscheidung steht und sich dann vielleicht genau dieser Erfahrung, die er hier gemacht hat, erinnert und eine Entscheidung trifft, die einen, mehreren oder hunderten von Menschen das Leben rettet. Schon allein das wäre eine Chance, eine positive Chance!
Müller-Sönksen
Dass das nicht immer hingehauen hat, ist hinlänglich bekannt. Zu nennen wäre der Auftritt des Holocaustleugners Manfred Roeder an der FüAk 1995, der zur Bildung des ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) führte, der die "Abklärung tatsächlicher und behaupteter rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundeswehr" zur Aufgabe hatte; und so manche unschöne Tatsache, wie Wehrsportübungen auf Truppengeländen oder Entsorgung ausgemusterter Waffen an militante rechte Gruppierungen ans Licht brachte.
Aber auch die ausländischen Teilnehmenden sorgten bisweilen für Schlagzeilen. Beispielsweise diejenigen, die für die chilenische Militärjunta in der Ära Pinochet ausgebildet wurden. Auch türkische Militärs wurden an der FüAk ausgebildet - selbst in den 1990er Jahren, zu Hochzeiten des Kriegs in Kurdistan. Panzer und Waffen bekamen sie bekanntermaßen gleich dazu geliefert.
Buch- und Filmautor Markus Frenzel ("Leichen im Keller - wie Deutschland internationale Kriegsverbrecher unterstützt") kritisiert in der NDR-Sendung, dass die deutschen Stellen nur entscheiden, aus welchen Ländern sie Lehrgangsteilnehmer einladen und die Auswahl der einzelnen Personen dann den Entsendeländern überlassen. Frenzel schildert auch, wie der "Freundeskreis" mit seinem Netzwerk und seiner persönlichen Betreuung ganze Arbeit leistet:
Es gab einen von dieser an die Macht geputschten Junta in Guinea, der an der Führungsakademie in Hamburg war. Das war Mamadouba Toto Camara. Der war dann später auch der Innenminister dieser Junta. Ein anderer, der später Finanzminister wurde, der war an der Bundeswehr-Universität in Hamburg. Hamburg ist daher ein so zentraler Ort, weil die sich dort getroffen haben, auf Partys kennengelernt hatten und dort auch ihr Netzwerk aufgebaut haben.
Markus Frenzel
Während des Umsturzes in Guinea 2008 hätten die Putschisten ausgerechnet Deutsch als Geheimsprache gewählt, erzählte Frenzel in der NDR-Sendung. Deutsch lernten die ausländischen Lehrgangsteilnehmer in einem dem Lehrgang vorgeschalteten Intensivkurs am Bundessprachenamt in Hürth. Der Filmautor hinterfragte die offizielle Vorstellung, der Besuch der Führungsakademie sei ein Vehikel für den Transport demokratischer Ideen. Zumindest, wenn es sich um Lehrgangsteilnehmer aus totalitären Staaten handelt:
Die werden ja wirklich per Handschlag quasi vom Diktator verabschiedet und dann geschickt. Und das der Anfällige für demokratisches Gedankengut schicken würde, das ist natürlich auch relativ unwahrscheinlich.
Markus Frenzel
Der FüAk ist das durchaus bewusst. So sagt Lehrgangsleiter Gebers:
Selbstverständlich schicken Länder hier Offiziere her, die alles andere sind als ‚lupenreine Demokraten‘. Selbstverständlich! - Aber wen wollen wir denn sonst auf diesem Lehrgang haben? Wenn wir neben dem militärischen Handwerkszeug auch Werte und Philosophien Deutschlands deutsche Führungskultur, Auftragstaktik, Innere Führung oder Einbettung der Armee in Deutschland in die Demokratie vermitteln - wem wollen wir es denn sonst vermitteln? Den Ländern wie Großbritannien und USA, die uns selber was von Demokratie erzählt haben? Nein! - Wir müssen genau diese Länder hierher bringen!
Oberst Helmut Gebers
Rühes Salami-Taktik ist schon lange aufgegangen. Der Entsendung der Soldaten im Rahmen der UNO-Mission in Somalia folgten weitere - und schließlich 1999 die aktive Beteiligung am Krieg der NATO gegen Jugoslawien. Unterdessen sind 2.900 Bundeswehr-Soldaten an 15 verschiedenen Einsätzen in unterschiedlichen Regionen beteiligt.
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