Bahn darf Verluste bei DB Cargo nicht mehr ausgleichen

DB-Container als Sparbüchse mit EU-vesiegeltem Einwurfschlitz

Die EU-Kommission will Verlustausgleiche für DB Cargo stoppen. Das bedroht den Einzelwagenverkehr. Steht der Schienengüterverkehr vor dem Aus?

Mit dem politischen Ziel "Güter auf die Bahn" hat die Deutsche Bahn nur wenig Glück, weil ihr im kostendeckenden Bereich der Ganzzüge der europäische Wettbewerb überlegen ist. Beim Ganzzugverkehr werden üblicherweise Container und Sattelauflieger verladen, aber keine Waggons rangiert.

Auch werden keine Züge jeweils neu zusammengestellt. Man sieht daher häufig auch leere Fahrzeuge, für die kein Containerplatz verkauft werden konnte und die daher ihre Tour ohne Fracht zurücklegen, was billiger ist, als die leeren Waggons auszukuppeln.

Ein Großteil der Verluste bei DB Cargo fällt im sogenannten Einzelwagenverkehr an. Dabei werden Ladungen direkt bei den Industriekunden abgeholt und die Waggons auf Rangierbahnhöfen zu langen Zügen zusammengestellt. Am Zielbahnhof werden diese dann wieder auseinandergenommen und die Waggons einzeln weiter transportiert.

Die Idee, den Einzelwagentransport mithilfe der Digitalen Automatische Kupplung anstelle der über 100 Jahre alten Schraubenkupplungen zu bewerkstelligen, geistert schon lange. Niemand wollte jedoch die manuelle Arbeit ersetzen, bei der ein rund 20 kg schwerer Bügel händisch auf den Haken des nächsten Wagens gelegt wird.

Die Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn fährt jedes Jahr mehrere hundert Millionen Euro Verlust ein, die bislang von der Konzernmutter ausgeglichen werden. Es zeichnet sich ab, dass die EU-Kommission dieser Praxis ein Ende bereiten wird. Viele Fachleute halten einen wirtschaftlichen Betrieb dieses Einzelwagen-Angebots für nicht machbar. Die Bundesregierung unterstützt den Einzelwagenverkehr deshalb mit einer Förderung.

Die obersten Wettbewerbshüter der EU haben sich im Zusammenhang mit den Marktliberalisierungen den Schutz des Wettbewerbs auf ihre Fahnen geschrieben. Freier, ungehemmter Wettbewerb steht im eindeutigen Widerspruch zu allen Bemühungen um mehr Klimaschutz. Somit ist es kaum verwunderlich, dass den Wettbewerbshütern die Praxis, dass die defizitären Unternehmen DB Cargo und Fret SNCF jeweils Geld vom Staat erhalten, um Güter zu transportieren, ein Dorn im Auge ist.

Als Folge der angestiegenen Trassenpreise für die Nutzung der Bahninfrastruktur werden die Betriebskosten für die Trassennutzer deutlich steigen und mehr Transporte auf die Straße verlagern, was letztlich nur im Rahmen der Mauterhebung ausgeglichen werden kann.

Das Problem mit dem Einzelwagenverkehr betrifft nicht nur die DB

Auch die französische Fret SNCF, eine Tochter der staatlichen SNCF, schlägt sich mit diesem Problem herum.

Mit Ausnahme des Jahres 2021 hat Fret SNCF permanent Verluste erwirtschaftet. Von 2007 bis 2019 wurden diese Verluste von seiner Muttergesellschaft SNCF durch gruppeninterne Liquiditätsvorschüsse gedeckt. Da Fret SNCF vom Staat gehalten und kontrolliert wird, stellen diese Mittel öffentliche Gelder dar.

Aufgrund der offensichtlich wettbewerbswidrigen Unterstützung ihrer Bahnfrachtgesellschaft soll diese bis Ende 2024 aufgelöst werden. Der Markt für Bahnfracht in Frankreich soll damit neu aufgestellt werden. Vergleichbar mit dem Fall DB Cargo hat sich der Marktanteil von Fret SNCF in den vergangenen Jahren auf etwa 50 Prozent reduziert, seit der Markt im Jahre 2005 für Wettbewerber geöffnet wurde.

Wettbewerber wie DB Cargo France, Lineas, welche auf die belgischen Staatsbahnen zurückgeht, und Europorte, die auf eine Abspaltung von Eurotunnel zurückgehen, erhoffen sich im Zusammenhang steigende Marktanteile in Frankreich. Die lange Zeit verlustbehaftete Eurotunnel firmiert aktuell unter dem Namen Getlink.

Die Bahnfrachtunternehmen suchen sich die Rosinen in den Nachbarländern

Da die Frachttöchter der nationalen Eisenbahnunternehmen in ihren angestammten Geschäftsfeldern immer häufiger mit der EU-Regulierung in Konflikt kommen, suchen sie sich neue Aufgaben in den Nachbarländern und darüber hinaus.

So haben sich die französischen Staatsbahnen mit ihrer Tochter Geodis als Spedition für Bahn- und Lkw-Fracht in den Nachbarländern und darüber hinaus etabliert, auch wenn sie dabei nicht ganz so erfolgreich waren wie DB Schenker, die jetzt auf politischen Druck privatisiert werden. Damit verliert die Deutsche Bahn ihren erfolgreichsten Geschäftsbereich und muss die Preise für die verbliebenen Kunden auch im Passagierbereich um bis zu 25 Prozent erhöhen.

In Deutschland wird damit letztlich die ehemalige Deutsche Post besser aufgestellt, die inzwischen unter dem Namen DHL arbeitet. Mit dem Ende der Übernachtzustellung für Briefe in Deutschland konnte die Briefpostluftfracht in Deutschland eingestellt werden. Die am DHL Drehkreuz Leipzig stationierte Flotte kann somit verstärkt in der interkontinentalen Luftfracht eingesetzt werden, was nicht zuletzt fernöstliche Handelsplattformen freut.

Güter auf die Bahn scheint inzwischen überholt zu sein

War die politische Forderung, dass mehr Güter mit der Bahn befördert werden sollten, um die Autobahnen für den privaten Individualverkehr freizumachen, hat man faktisch die Eisenbahninfrastruktur zusammengestrichen und Bundesmittel, welche für die Bahn vorgesehen waren, auf den Straßenbau, vorwiegend in Bayern umgewidmet.

Ältere Semester dürften sich noch an die bahnamtliche Rollfuhr erinnern, welche die Feinverteilung der Bahnfracht vorgenommen hat. Dieses System ist ebenso unter die Räder der Marktliberalisierung geraten wie die stadtnahen Güterbahnhöfe. Der Frachtumschlag findet heute nur noch mit Abständen von etwa 130 Kilometern über Containerterminals statt.

Mit der Zerschlagung der Bahnfrachttöchter und der verpflichtenden Ausschreibung im Bereich des Einzelwagenverkehrs steht die Bahnfracht in verstärktem Umfang im Wettbewerb mit dem Transport per Lkw. Mit einer Erhöhung der zulässigen Lkw-Tonnage von 40 auf 60 Tonnen wird die Verlagerung auf die Straße noch forciert.

Die Idee mit den elektrischen Oberleitungs-Lkws ist an der fehlenden Praktikabilität so sehr gescheitert, wie andere Modelle, die mit hohen Infrastrukturkosten verbunden waren, die niemand tragen wollte.