Banker kritisieren die Maßnahmen zur Finanzmarktregulierung

Josef Ackermann ist begehrtes Objekt der Medien. Bild: S. Duwe

Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann warnt eindringlich vor "Nebenwirkungen" der Regulierung

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Schon bevor die Konferenz der Unionsfraktion zur Finanzmarktregulierung nach der Krise eröffnet ist, ist klar, wer nach wie vor das Sagen hat: Es sind nicht die Aufsichtsbehörden, sondern Großbanken wie die Deutsche Bank. Während sich deren Chef Josef Ackermann bereitwillig eine Viertelstunde lang mit einem breiten Lächeln den Fotografen präsentiert und es sichtlich genießt, dass sie jede seiner Bewegungen genau festhalten, steht der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, unbeachtet abseits. Für die Pressefotografen wird er erst interessant, als er sich kurz zu Ackermann gesellt.

Auch die Union betont, dass sie mit der Finanzbranche gemeinsam nach Möglichkeiten suchen will, das Kasino zu schließen. Eine konsensuale Lösung soll es sein, keine konfrontative, stellt Volker Kauder (CDU) zu Beginn der Konferenz klar. Viele Akteure würden zu einem stabilen Finanzmarkt beitragen, sagt Kauder. Und die seien heute hier vertreten.

Das hören die von den Konservativen zusammen getrommelten Gäste wie Ackermann oder auch Martin Blessing, Vorstandsvorsitzender bei der Commerzbank, die die Finanzkrise nur dank staatlicher Hilfe überlebt hat, sicher gern. Blessing und Ackermann haben eines gemeinsam. Sie geben sich Mühe, den sympathischen Banker zu geben. "Unsere Branche hat sich nicht mit Ruhm bekleckert", verkündete Blessing in der Bild selbstkritisch, noch bevor bekannt wurde, dass sein Unternehmen unter den Rettungsschirm schlüpfen muss.

"Kein Geschäft ist es wert, die Reputation einer Bank zu beschädigen", erklärt Ackermann sein Verständnis von ethischem Banking. Für viele klingt das wie Hohn. Erst jüngst wurde bekannt, dass dank der Geschäfte der Deutschen Bank ganze Wohnviertel in den USA zerfallen (Zerstört die Deutsche Bank Stadtteile von Milwaukee?).

Derartige Probleme sind freilich auf der Veranstaltung kein Thema. Kauder spricht lieber davon, dass die Akteure an den Finanzmärkten ein "hohes Maß an Verantwortlichkeit und Stabilitätssinn" bräuchten. Die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes, so viel steht für Kauder fest, darf durch Regulierungen nicht gefährdet werden. Dieses Mantra hat bereits in der Vergangenheit immer wieder zu Deregulierungen geführt, die die Finanzkrise überhaupt erst möglich gemacht haben. Allerdings muss auch der Fraktionsvorsitzende zugeben, dass seine Kollegen bei dem Thema immer wieder an Grenzen stoßen. "Können wir überhaupt noch alles nachvollziehen?", so seine eher rhetorisch gemeinte Frage.

Den Details nicht gewachsen

Mit diesem Problem befinden sich die einfachen Unionsabgeordneten immerhin in guter Gesellschaft. Sie habe etwas allgemeiner gesprochen, erklärt Angela Merkel nach ihrer Rede den Zuhörern. Den Details sei sie "ohnehin nicht so gewachsen". Möglicherweise erklärt das ja, warum die Kanzlerin geneigt ist, den Argumenten der geladenen Experten zu folgen, wie sie zu Beginn ihrer Ausführungen erklärte. Allerdings gäbe es sich widersprechende Botschaften, die es ihr schwer machten, Entscheidungen zu treffen. Trotzdem gibt sie sich siegessicher: "Wir werden diese Krise meistern." Da eine erneute Finanzkrise die politische Stabilität gefährden könne, forderte Merkel die Banker auf, ihr "ein bisschen gerne" die Hand zu reichen.

Die konkreten Forderungen der Kanzlerin bleiben vage. Zwar verlangt sie unter anderem, dass jeder Finanzplatz und jeder Akteur künftig einer Regulierung unterliegen müsse. Zudem brauche es eine Selbstregulierung, durch die neu entstehende Produkte automatisch einer Prüfung unterzogen werden müssen. Wie das genau aussehen kann, dazu sagt die Kanzlerin nichts. Details sind nicht ihre Stärke. Das zeigt sie auch mit ihren Ausführungen zur Ursache der Euro-Krise.

Deutschland sei überbewertet in den Euro hineingegangen, so Merkel. Andere Länder hätten hingegen plötzlich "unsere Zinssätze" gehabt. Merkel zufolge liegt hier die Ursache für die Schuldenprobleme einiger Euro-Länder - die niedrigen, deutschen, Zinssätze haben zur Kreditaufnahme verleitet, so die Logik. Und dann sei das Kind in den Brunnen gefallen, schließt Merkel ihre Ausführung zu diesem Thema. Aus Sicht der Kanzlerin konnten die Krisenländer schlicht dem billigen Geld nicht widerstehen. Dass die strukturellen Unterschiede in Europa zu groß sind für eine einheitliche Währungsunion und deshalb mehr denn je eine weniger egoistisch-nationalstaatliches Handeln denn eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik gefragt ist, bleibt bei dieser Sichtweise notwendigerweise außen vor.

Finanzminister Schäuble macht einen unzufriedenen Eindruck. Bild: S. Duwe

Ackermann geht schon jetzt die Regulierung zu weit

Harte Kritik insbesondere an der deutschen Finanzmarktregulierung kommt von Josef Ackermann. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank erklärte, dass sich das regulatorische Rahmenwerk seit der Finanzkrise grundlegend verändert habe. Angesichts dessen müsse man sich auch fragen, ob des Guten nicht schon zu viel geschehen sei. Als Beispiel nannte Ackermann die Bankenabgabe. Zwar habe er eine solche ebenfalls gefordert - allerdings auf EU-Ebene. National umgesetzt führe sie zu Wettbewerbsverzerrungen. Die Vorsteuerbelastung der Deutschen Bank durch die Abgabe liege weit über einer Milliarde Euro.

Weiterhin kritisiert er, dass Deutschland Leerverkäufe eingeschränkt hat. Der Standort Deutschland werde zweifelsohne benachteiligt, bilanziert Ackermann. Dabei leide die deutsche Bankenbranche ohnehin schon an mangelnder Wettbewerbsfähigkeit. Als Lösung schlägt der Vorstandsvorsitzende vor, alle Regeln künftig weltweit, mindestens aber im Rahmen der G20 gleichmäßig umzusetzen. Nationale Alleingänge seien kontraproduktiv.

Finanzminister Wolfgang Schäuble zeigt für diese Forderungen wenig Verständnis. "Wenn wir sagen: nur global, werden wir am Ende keine Regelung zustande bringen", bringt er die Konsequenz auf den Punkt. Wenn der Langsamste die Geschwindigkeit bestimme, könne die nächste Krise nicht verhindert werden.

BaFin-Präsident Sanio mahnt Regulierungsbedarf an. Bild: S. Duwe

Auch Jochen Sanio sieht weiterhin Handlungsbedarf. Besondere Sorge bereitet ihm das Schattenbankensystem. Schon heute gebe es viele Migrationsbewegungen in den unregulierten Bereich, vor allem bei Hedgefonds. Nach allem, was in der letzten Krise an Marktdisziplin zu sehen war, sei dies abenteuerlich. Auch der Derivatebereich sei noch vollkommen undurchsichtig. "Es gibt Bereiche, in den für die Stabilität des globalen Finanzsystems dunkle Flecken gibt, von denen keiner weiß, was dort passiert. Das ist ein unhaltbarer Zustand", so Sanio. Dieses Problem anzugehen sei wichtiger, als ein weiteres halbes Prozent Eigenkapital im Bankensektor herauszuholen, mahnt der BaFin-Präsident.

Dafür allerdings müsste die Bundesregierung aufhören, die Frösche nach dem Umgang mit ihrem Sumpf zu fragen. Eine wirksame Regulierung kann keine konsensuale Lösung gemeinsam mit der Finanzwirtschaft sein.