Big Oil: Die Ölbarone in Texas

Aufklärung des Attentats auf John F. Kennedy. JFK und die Dallas Cowboys: Die blinden Flecken des Warren-Reports (Teil 2).

Im vornehmen "Dallas Petroleum Club" trafen sich die reichsten Männer der Welt. Bereits in der 1930er-Jahren hatten texanische Unternehmer und Politiker in einem Hotel in Houston eine diskrete Loge unter dem Namen "Suite 8F-Group" gegründet, um ihren Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Eliten zu koordinieren. Sie sponserten etwa den Wahlkampf von Franklin Delano Roosevelt.

Ihren Reichtum verdankten die Superreichen nicht zuletzt der Oil Depletion Allowance, die es ihnen ermöglichte, für versiegende Ölquellen mehr Geld abzuschreiben, als sie investiert hatten. Das als größtes Steuerloch der USA geltende Gesetz hatte die Öllobby bereits gegen Truman erfolgreich verteidigt.

Teil 1: Un-Untersuchung

Um ihren Einfluss auf die US-Außenpolitik auch öffentlich wirksam sicherzustellen, gründeten die texanischen Öl-Milliardäre 1951 als Pendant zu Rockefellers New Yorker Lobbyorganisation "Council on Foreign Relations" in Dallas ein "Council on World Affairs". 1953 bugsierten die Öl-Tycoons den Texaner Dwight D. Eisenhower ins Weiße Haus.

Die Regierungsgeschäfte wurden jedoch von Außenminister John Foster Dulles maßgeblich beeinflusst, der gleichzeitig die auf Industrie spezialisierte Anwaltskanzlei Sullivan&Cromwell leitete und damit die Interessen der Wall Street vertrat. Sein Bruder Allen Dulles wurde CIA-Direktor. Charles Cabell, Sohn des vormaligen und Bruder des 1963 amtierenden Bürgermeisters von Dallas, wurde einer der drei Vizedirektoren der CIA.

Im Präsidentschaftswahlkampf 1960 wollten die Ölbarone mit Republikaner Nixon und Demokraten Johnson ihre Gewährsmänner als Spitzenkandidaten in beiden Lagern platzieren. Ungebeten hatte sich bei den Demokraten der Kennedy-Clan durchgesetzt und verärgerte nun die Öllobby mit dem erneuten Versuch, die veraltete steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten abzuschaffen.

Die Südstaaten-Milliardäre einten Rassismus, die damalige Paranoia vor Kommunismus und Ablehnung von Umweltschutzgesetzen. In ihrem Dunstkreis gründeten und finanzierten sie rechtsextreme und paramilitärische Gruppierungen wie die John Birch Society, die Civil Air Patrol, die Texas Crusade for Freedom, das Cuban Revolutionary Council und das 488th Army Intelligence Detachment.

Aktuell beklagten texanische Ölbarone den Verlust von kubanischen Ölfeldern und einer Raffinerie, die Castro 1960 verstaatlicht hatte. Von Kennedys Kubapolitik fühlte man sich verraten.

Haroldsen Lafayette Hunt

Erster Ölmilliardär der Geschichte war H. L. Hunt. Der bauernschlaue Farmer ohne Schulbildung hatte sich als Pokerspieler durchgeschlagen, mischte bei der Entdeckung der texanischen Ölfelder mit, wurde Großgrundbesitzer und Agrarunternehmer, produzierte Lebensmittel und bohrte auch in der arabischen Welt nach Öl. Seit den 1940er Jahren galt Hunt als reichster Mann der USA.

Der inzwischen greise Hunt kultivierte rechtsextreme Ansichten, forderte in den 1930er Jahren die Ausweisung von Schwarzen nach Afrika und schwang in seinen Kolumnen und Radioprogrammen Tiraden gegen Gewerkschaften, Kommunisten und die Vereinten Nationen. Hunt kannte keine Parteien, sondern nur Interessen.

So unterstützte er die Wahlkämpfe von Eisenhower, Johnson sowie die des ultrarechten Generals Douglas McArthur, der während des Koreakriegs von Präsident Truman des Kommandos enthoben wurde. Ebenso unterstützte Hunt den paranoiden Kommunistenjäger Joseph McCarthy und finanzierte dem John Birch-Aktivisten und Ex-General Edwin Walker einen Gouverneurswahlkampf. Hunt sponserte auch offen rechtsextreme Organisationen wie den Ku Klux Klan, die John Birch Society und angeblich auch die American Nazi Party.

Er spendete auch an das Cuban Revolutionary Council, einer von der CIA organisierten paramilitärischen Bewegung von Exilkubanern, die Aktionen gegen Castro vorbereiteten. Der Baptist baute mit seinen Söhnen Nelson Bunker Hunt and Lamar Hunt ein rechtsgerichtetes Internationales Komitee zur Verteidigung christlicher Kultur auf und streute ultrakonservative Propaganda. Hunt votierte für einen Nuklearangriff auf die Sowjetunion, um den Aufbau einer Zweitschlagskapazität zu verhindern.

Für die Wahl von 1960 hatte auch Demokrat Adlai Stevenson bei Hunt vorgesprochen, der jedoch verwandte sich energisch für Texaner Lyndon B. Johnson. Als auf einem Parteitag absehbar wurde, dass sich die Kennedys bei der Kandidatenkür durchsetzen würde, verhandelte Hunt dort persönlich mit Clan-Chef Joseph Kennedy und Robert Kennedy. Hunt riet Johnson, sich mit einer Kandidatur als Vizepräsident zu begnügen, da er dies für die Kontrolle der Kennedys als ausreichend hielt.

Der selbst vermögende Kennedy verweigerte Hunts Spenden die Resonanz, stellte die Oil Depletion Allowance auf den Prüfstand und verärgerte Hunt mit seiner defensiven Kuba-Politik. Dem Milliardär missfiel zudem Johnsons liberale Politik als Vizepräsident, so dass er fortan den Rechtsaußen-Republikaner Barry Goldwater unterstützte. Vor dem Kennedy-Besuch verteilten die Hunts ein Flugblatt, das JFK als Verräter brandmarkte.

Robert Kerr

Ölunternehmer Robert Kerr war mit Kerr-McGee auch größter Uran-Produzent der USA. Der einflussreiche Demokrat wurde Gouverneur von Oklahoma, bemühte sich vergeblich 1944 um das Amt des Vizepräsidenten, unterstützte Truman und bewarb sich 1952 selbst um eine Präsidentschaftskandidatur.

Kerr protegierte auch Richard Russel und dann Lyndon B. Johnson. Als sich Johnson mit einer Kandidatur als Vizepräsident zufrieden gab, rief der sich betrogen fühlende Kerr in Rage nach einer Waffe, um Johnson, dessen Frau sowie besten Freund Bobby Baker eigenhändig zu erschießen.

Fortan unterstützte Kerr den ins Erdölgeschäft eingestiegenen George H. W. Bush finanziell und durch Personal. Als Johnson ins Präsidentenamt geschossen wurde, war Kerr bereits gestorben.

Clinton Murchison

Zu Hunts engen Geschäftspartnern zählte auch der 1963 superreiche US-Amerikaner Clinton "Clint" Murchison. Der Industrielle konkurrierte damals mit Hunt um den Titel als reichster Mann der Welt, was er nicht unwesentlich der Oil Depletion Allowance verdankte.

Neben dem Kerngeschäft Öl und Gas kontrollierte Murchison eine Vielzahl an Unternehmen von Immobilien bis zur Fluggesellschaft und war u.a. an einer legendären Übernahmeschlacht einer Eisenbahngesellschaft beteiligt. Murchison baute die Dallas Cowboys auf und spendierte ihnen ein Stadion.

Murchison hatte maßgeblich in die Karriere von Lyndon B. Johnson investiert, sah sich wie Kerr jedoch betrogen, als Johnson seine Präsidentschaftskandidatur vorzeitig aufgab.

Der rechtsextreme Milliardär pflegte guten Kontakt zu FBI-Chef Hoover, mit dessen Lebensgefährten Clyde Tolson machte er sogar Geschäfte.

Murchison war auch an Ölfeldern in Kuba beteiligt. Nach deren Enteignung durch Castro stellte Murchison der CIA seine Liegenschaften in Mittelamerika als geheime Trainingslager für Exilkubaner zur Verfügung, die hier die Invasion in der Schweinebucht vorbereiteten.

Anwalt Barr McClellan, der im Johnson-Umfeld gearbeitete hatte, raunte 2004, Murchison und H.L. Hunt hätten den Kennedy-Mord beauftragt. Dies habe die Beibehaltung der Oil Depletion Allowance bei 27,5 Prozent ermöglicht, die nach Johnsons Präsidentschaft auf lediglich 15 Prozent gefallen sei. Eine Haushälterin von Murchison erinnerte sich, dass die Familie nach dem Mord in guter Stimmung gewesen gewesen sei.

Sid Williams Richardson

Engster Partner Murchisons war der Geschäftsmann und Philanthrop Sid W. Richardson, mit dem er u.a. ein Luxushotel betrieb. Dieses diente offenbar auch politischer Beziehungspflege. So waren Hoover und dessen Freund Tolson regelmäßige Gäste, denen man allerdings nichts berechnete.

Das Hotel beherbergte häufig ausgerechnet Mafia-Größen wie den Südstaaten-Paten Carlos Marcello, den bislang für Kuba zuständigen Mafiaboss Santos Trafficante, den Las Vegas-Paten Johnny Roselli sowie den Organisator des US-Syndikats Meyer Lansky.

Als Mäzen machte sich Richardson um die künstlerische Glorifizierung des Wilden Westens verdient, wo Cowboys ihre Interessen mit dem Gewehr zu vertreten pflegten.