Britische Unternehmen betreiben Hunderte von Tochterfirmen in Steueroasen

Nach ActionAid sind Steueroasen eines der größten Hindernisse zur Bekämpfung der globalen Armut

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Die G7-Länder wollen gemeinsam die Steuerflucht durch Informationsaustausch bekämpfen. Sogar die britische Regierung scheint mitzuziehen, obgleich einige der beliebtesten Steueroasen wie die Cayman- und Jungferninseln, Jersey oder Bermuda zu Großbritannien gehören. Man wolle diese Steueroasen zwar nicht "unnötig schädigen", sagte Finanzminister George Osborne, aber die Steuern müssten bezahlt werden und die Überseeterritorien und der britische Kronbesitz müssten mitspielen. Beschlossen hatten die Finanzminister, Steuerdaten automatisch auszutauschen.

Aber in den Steueroasen, zu denen ActionAid auch Irland oder Delaware rechnet, haben nicht nur reiche Briten viele Milliarden untergebracht, auch britische Unternehmen nutzen sie intensiv. Man darf gespannt sein, ob es bei der Ankündigung der G7-Staaten, besonders was Großbritannien betrifft, nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt. Die britische NGO ActionAid hat in einem Bericht auf das Ausmaß der möglichen Steuerhinterziehung oder zumindest der Ausbeutung von Tricks zur Steuersenkung und der Vermögensverschleierung durch britische Unternehmen und die Tatsache hingewiesen, dass eine von fünf Steueroasen zu Großbritannien gehört.

Unternehmen in Steueroasen müssen keineswegs zur Steuerhinterziehung dienen, betont ActionAid. So erklärte ein Sprecher von Barclay, dass die Bank zu den größten Steuerzahlern in Großbritannien gehöre und ethisch handele, der Bericht von ActionAid sei irreführend. "Praktisch alle" der Tochterunternehmen auf den Cayman-Inseln würden Unternehmenssteuern an Großbritannien zahlen. Zudem habe man die Tochterunternehmen in Steueroasen bereits in den letzten Jahren vermindert.

Von den 100 größten britischen Unternehmen werden mehr als 8.000 Tochterunternehmen oder Joint Ventures in Steueroasen betrieben. 40 Prozent der Tochterunternehmen wurden in Steueroasen angesiedelt, 10 der Firmenzentralen befinden sich hier. Gerade einmal zwei der 100 größten Unternehmen machen dies nicht, dafür haben andere gleich Hunderte davon. Verändert hat sich gegenüber der letzten Erhebung im Jahr 2011 kaum etwas. Das Medienunternehmen WPP, zu dem auch TNS Emnid und TNS Infratest gehören, liegt mit mehr als 600 Tochterunternehmen in Steueroasen an der Spitze. HSBC, Shell, Barclays, BP und die Royal Bank of Scotland haben sich mit mehr als 400 zerfleddert. Teilweise über 100 der Tochterunternehmen in Steueroasen etwa von HSBC, Barclays oder Lloyds wurden in britischen Steueroasen gegründet, so dass sich hier der britische Staat massiv selbst schädigt. Da die meisten der Unternehmen auch in Entwicklungsländern tätig sind, werden auch hier Steuern vermieden, so ActionAid, was zur globalen Armut beiträgt. In den Entwicklungsländern selbst sind kaum Unternehmen angesiedelt, dafür aber ein hoher Anteil in Steueroasen. Mike Lewis von ActionAid sagt, Entwicklungsländer würden dreimal mehr Geld an Steueroasen verlieren, als sie an Entwicklungshilfe erhalten.

Die Bankenbranche liegt nach der Immobilien- und Finanzbranche wenig überraschend an der Spitze der Steueroasennutzer. 58 Prozent der Überseeunternehmen der größten britischen Banken, allen voran Barclays, HSBC, Royal Bank of Scotland und Lloyds, befinden sich in Steueroasen, bei der Immobilienbranche sind es sogar 79,5 Prozent, in der Finanzbranche 61 Prozent. Aber es spielen auch andere Branche wie Energie-, Telekommunikations-, Industrie- oder Supermarktketten kräftig mit.