CDU will jetzt Verbote verbieten

Seite 2: Klimakrise in der Arktis

Der Klimawandel macht derweil keine Pause und ist längst eher ein reißender Fluss als ein plätschernder Bach, sodass eigentlich statt von Wandel eher von einer handfesten Klimakrise gesprochen werden sollte. Besonders offenkundig ist das in der Arktis.

Wir hatten bereits letzte Woche an dieser Stelle darüber geschrieben, dass auf Grönland für einen Teil des Eises und damit den globalen Meeresspiegel ein Punkt ohne Wiederkehr erreicht sein könnte, ein Punkt also, an dem im Westen der Eisinsel ein größerer Teil der Gletscher nicht mehr zu retten sein wird, selbst, wenn sofort alle Treibhausgasemissionen eingestellt würden.

Nun hat am Donnerstag letzter Woche in Islands Hauptstadt Reykjavik, wie berichtet, der Arktische Rat getagt. Bei ihm handelt es sich um ein regelmäßiges Treffen der Anrainer-Länder des hohen Nordens und einiger Beobachterstaaten, auf dem sich auch in diesem Jahr unter anderem über den raschen Wandel in der Region ausgetauscht wurde.

Den Ministern lag dazu ein Update über das sich verändernde Klima der Region vor. Demnach hat sich sowohl über dem Land als auch dem Meer die Luft zwischen 1971 und 2019 dreimal so schnell erwärmt wie im globalen Durchschnitt. Bisher war meist von einer doppelt so schnellen arktischen Erwärmung die Rede.

An den hier aufbereiteten, bis 1950 zurückreichenden Temperaturdaten des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF) kann man relativ gut ablesen, dass die Arktis sich vor allem in den letzten 20 Jahren deutlich erwärmt hat und dass heute insbesondere die Monate der kälteren Jahreshälfte zum Teil erheblich wärmer ausfallen.

Das bedeutet zwar noch lange nicht, dass es in der Arktis im Winter nicht mehr friert. Doch wenn der starke Frost ausbleibt oder seltener wird, dann wächst die Eisschicht weniger stark. Das Eis wird von Jahr zu Jahr dünner und kann im Sommer leichter von den Stürmen aufgebrochen und zusammengeschoben werden.

Die rund um die Uhr scheinende Sonne trägt ein Übriges dazu bei, dass inzwischen am Ende des Hochsommers weite Teile des arktischen Meeres eisfrei sind. Im September, wenn das jährliche Eisminimum erreicht wird, fällt dieses mittlerweile 43 Prozent niedriger aus als noch in den 1970er-Jahren, heißt es in dem Bericht an den Arktischen Rat. Das Eis werde außerdem von Jahr zu Jahr dünner.

Mit dem Ergebnis, dass in Alaska und Sibirien heute Sommerstürme mit starkem Seegang auf dem nun zeitweise offenen Meer die Küsten angreifen können, Küsten, die wegen des nun verstärkt auftauenden Bodens leichter als in früheren Jahrzehnten erodieren.

Meereiskonzentration auf dem arktischen Ozean. Die Grafik zeigt an der Uni Bremen aufbereitete Satellitendaten vom 24. Mai 2021. Je dunkler die Grautöne, desto löchriger ist an den entsprechenden Stellen das Eis. Bild: Uni Bremen

Erdgasversorgung nicht sicher

Für manche Siedlung wird das bereits zur Bedrohung, und langfristig könnte es sogar die Versorgung Deutschlands mit russischem Erdgas infrage stellen. Ein großer Teil des über die Ostseepipelines importierten Energieträgers wird nämlich auf der Jamal-Halbinsel im äußersten Nordwestens Sibiriens gefördert.

Noch ist das dortige flache, tiefliegende Land eine Landschaft ewigen Frosts, deren steinharter Boden im Sommer nur oberflächlich antaut. Doch dieser Permafrost gerät durch die Erwärmung der Arktis mehr und mehr unter Druck. Taut er auf - was schon jetzt nicht mehr auszuschließen ist und mit den weiteren Treibhausgas-Emissionen immer wahrscheinlicher wird - wird sich die Landschaft in einen tiefen Morast verwandeln. Pipelines könnten brechen, weil ihre Lager im Erdboden versinken. Zusätzlich wird die geringe Höhe des Landes es für den steigenden Meeresspiegel und für etwaige sommerliche Sturmfluten zur leichten Beute machen.

Ferne Zukunftsmusik? Der diesjährige Mai ist für den Wandel des hohen Nordens ein besonders anschauliches Beispiel. Während hierzulande die Temperaturen für die Jahreszeit zu kalt sind, ist es über weiten Teilen Osteuropas, Sibiriens, Grönlands und des arktischen Ozeans zu warm – und zwar oft erheblich zur warm, wie diese Darstellung zeigt.