COP27 in Ägypten: Gibt es einen Ausweg aus dem globalen Klima-Versagen?

Seite 2: Wie Medien die Klimakonferenzen und ihre Blockierer grün waschen

Auf dem zweiten Gipfel forderten Aktivisten, Klimaexperten und Menschen aus allen Kontinenten einen echten Green New Deal und Klimagerechtigkeit im Einklang mit den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen – wie sie es schon seit Jahrzehnten tun. Sie versuchten erneut, die reichen Länder unter Druck zu setzen, damit sie Verantwortung übernehmen, ihre Emissionen bis 2030 bzw. 2035 auf null zurückfahren und den armen Ländern Wiedergutmachung in Form von Klimafinanzierung leisten.

Diese Finanzierung muss mindestens Hunderte von Milliarden Dollar pro Jahr umfassen, damit die Entwicklungsländer überhaupt in die Lage versetzt werden können, die erforderliche schnelle Energie- und Infrastrukturumstellung vorzunehmen und sich an die bereits stattfindende globale Erwärmung und ihre Auswirkungen anzupassen.

Das sind im Wesentlichen die Unterschiede zwischen den beiden Klimagipfeln in Glasgow. Es ist nicht schwer, sich für eine Seite zu entscheiden, wenn man daran interessiert ist, den Planeten für uns und künftige Generationen zu stabilisieren.

Wie sieht es nun mit der Medienberichterstattung über die COP26 aus? Die Berichterstattung über den Klimanotstand, in dem wir uns befinden, und über die planetarische Bedeutung des Treffens war insgesamt gering. Die Tagesschau brachte hier und da ein paar Berichte. Aber was noch wichtiger ist: Es handelte sich überwiegend um "Copy and Paste"-Journalismus. Asad Rehman, einer der Organisatoren der zivilgesellschaftlichen COP26-Koalition sagte mir in einem Interview in Glasgow:

Leider übernehmen viele Medien nur die O-Töne der britischen Regierung und geben sie wieder. (...) Was wir sehen ist wirklich ein sehr fauler Journalismus. Zu viele Journalisten, vor allem im globalen Norden, verlautbaren, dass unsere Länder Klimavorreiter seien. Die Schuld liege bei jemand anderem. Es sei nicht unsere Schuld. Dabei übergehen sie die Erkenntnisse der Klimawissenschaft sowie die Konsequenzen, die sich aus Klimagerechtigkeit ergeben.

Der von den Zivilgesellschaften organisierte Gipfel der Völker mit all seinen Stimmen, Erkenntnissen und Forderungen wurde von den großen Medien dabei nahezu totgeschwiegen. Lediglich die Großdemonstration fand in den Nachrichten etwas Beachtung.

Das übergreifende Narrativ in den meisten Medien war wieder einmal: Die COP war ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn man die Erwartungen nahezu auf null absenkt, kann man natürlich alles als Fortschritt bezeichnen, während unter den Teppich gekehrt wird, dass die Zeit für kleine Schritte und Versprechungen schon seit langem vorbei ist.

Was sind nun die Fortschritte von Glasgow? Die Welt ist wie gesagt weiter auf einem Kurs von drei Grad Celsius plus noch in diesem Jahrhundert. Das ist kein wirklicher Fortschritt. Es ist höchst irreführend, dass wir mit den so genannten "Nationally Determined Contributions" von Glasgow, den freiwilligen Selbstverpflichtungen der Staaten bezüglich Emissionsminderung, sogar unter oder nahe an zwei Grad Celsius bleiben könnten, wie der britische Guardian und andere Zeitungen berichteten. Im Grunde genommen verschließen solche Berichte willentlich die Augen vor den kreativen Buchhaltungspraktiken der Regierungen und der großen Menge an so genannten "negativen Emissionen" in den Klimaprogrammen, die die Ziele aufhübschen.

Und auch bei der Klimafinanzierung gibt es keine Fortschritte. Das Ziel, hundert Milliarden Dollar pro Jahr für die Klimafinanzierung aufzubringen, wurde verfehlt, es wurde schließlich auf 2023 verschoben. Aber was noch wichtiger ist: Die Summe ist völlig unzureichend. Denn wenn man sich anschaut, was als staatliche Klimafinanzierung angerechnet werden kann, dann ist es meist kein zusätzliches Geld, sondern umetikettierte offizielle Entwicklungshilfe. Oder es verstecken sich dahinter Kredite und privaten Investitionen. Deshalb hat die sogenannte Klimafinanzierung bisher auch keine Auswirkungen auf die Emissionsentwicklung gehabt.

Die anderen Ergebnisse des Glasgower Klimagipfels sind in der Regel nur vage Versprechungen. Die Finanzindustrie will grün werden, natürlich ohne konkrete Verpflichtungen, ohne ein Ende oder ein Auslaufen der Subventionen für fossile Brennstoffe auf den Tisch zu legen, ohne die erneuerbaren Energien auch nur zu erwähnen – verbunden mit der Warnung, dass ein Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl nicht "effektiv" und gefährlich wäre.

Die Banken und Investoren fordern stattdessen einen "sanften Übergang", will heißen: Lasst uns mit den fossilen Unternehmen zusammenarbeiten, um sie grün zu machen, aber bitte, liebe Steuerzahler (d.h. Organisationen wie der Internationale Währungsfonds, wodurch die Steuergelder geschleust werden), minimiert für uns das Risiko bei Investments in Solar- und Windenergie sowie Kohlenstoffabscheidung und -speicherung in Schwellen- und einigen Entwicklungsländern.

Die Öffentlichkeit wurde gleichzeitig in Glasgow mit Netto-Null-Versprechen (Achtung: Netto-Null ist nicht Null) und vereinzelten grünen Initiativen regelrecht überschwemmt: Ein Abkommen über Aluminium und Stahl, ein Methanabkommen, um diese Emissionen bis 2030 um 30 Prozent zu senken, oder ein Waldschutzplan.

Brasilien hat sich sogar, wie in der Vergangenheit, der Waldinitiative angeschlossen, während das Land die Abholzung des Amazonas ohne Unterlass fortsetzte. Das Problem ist: Diese vagen Versprechen sind oft nur recycelte alte Versprechen, die in der Vergangenheit nicht eingehalten wurden. Und es gibt keine Anzeichen dafür, dass es dieses Mal anders sein sollte.

Am Ende des Gipfels herrschte große Empörung darüber, dass Indien die Kohleinitiative verwässert habe, indem es die Worte "auslaufen lassen" in "herunterfahren" geändert habe. Nicht erwähnt wurde, dass Indiens ursprünglicher Vorschlag den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen vorsah. Das wurde jedoch vom Block der Industriestaaten zurückgewiesen, da die USA und die europäischen Länder stärker auf Gas und Öl als Energiequellen angewiesen sind als auf Kohle.

Zugleich interessierte sich niemand für die Tatsache, dass der Glasgow-Pakt nicht einmal einen Zeitrahmen für den Ausstieg aus der Kohle vorsah, ganz zu schweigen von der Nutzung von Gas und Öl.

Es gab sicherlich auch einiges Erfreuliches. Die Ländern sollen jetzt jährlich bis 2025 ihre Klimapläne aktualisieren. Das ist eine gute Sache wie auch das 8,5-Milliarden-Dollar-Paket für Südafrika, um dem Land den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu erleichtern.

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