ChatGPT wird dümmer – trotzdem setzen Unternehmen auf KI

KI-Dilemma: Aktuelle Analysen legen nahe, dass ChatGPT’s Intelligenz nachlässt. Was bedeutet das für seine Zukunft? Und warum bauen Unternehmen weiterhin auf KI?

Kann künstliche Intelligenz (KI) dümmer werden? Diese Vermutung legen aktuelle Analysen zur Software ChatGPT nahe. Zu Diskussionen führt GPT-4, das modernste Sprachmodell von OpenAI, den KI-Entwicklern aus Kalifornien. Eine wissenschaftliche Studie der Universitäten Stanford und Berkeley zeigt auf, dass die neue generative KI-Version in mehreren Bereichen deutlich schlechter geworden ist.

Das Wissenschaftsteam stellte den Systemen von OpenAI im Juni die gleichen Fragen, die sie schon im März gestellt hatten. Dabei stellten sie fest, dass die Leistung in drei von vier getesteten Feldern zwischen März und Juni abnahm. Schnitt GPT-4 früher noch deutlich zuverlässiger ab, machte das System zuletzt immer mehr Fehler. Besonders verwunderlich: Konnte der Bot im März noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 97,6 Prozent erkennen, ob 17.077 eine Primzahl ist, gelang es im Juni nur noch in 2,4 Prozent der Fälle.

Diskutiert werden unterschiedliche Gründe. Zu hohe Erwartungen der Anwender ist ein Einwand. Auch die Profit-Erwartungen der Unternehmen scheinen dabei bedeutsam zu sein – auf den Kostenfaktor verweist die NZZ: "KI ist aufwendig. Für das Training, aber auch bei der Verwendung ist Rechenleistung nötig – und die ist nicht nur teuer, die nötigen Chips sind auch physisch knapp".

Bei der derzeitigen KI-Begeisterung wird häufig übersehen, dass Menschen die Technik-Systeme mit Daten versorgen. "Menschen trainieren Algorithmen", kommentierte die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung frühzeitig. So besteht starke Nachfrage nach hochpräzisen Trainingsdaten für KI in der Automobilindustrie.

Enorme Mengen dieser Daten sind nötig, um das ehrgeizige Ziel des autonomen Fahrens zu erreichen. Damit aus selbstlernenden Algorithmen selbst lenkende Fahrzeuge werden können, braucht es zunächst viel menschliche Arbeit, die von Menschen auf der ganzen Welt geleistet wird. Sie bringen den lernenden Maschinen das Hören, das Sehen und das umsichtige Fahren bei, indem sie Millionen Bilddateien mit Verkehrssituationen so aufbereiten, dass sie für KI verarbeitet werden kann.

Das ist ein enormer Kostenblock, sodass zunehmend die KI selbst nach Texten recherchieren soll. Wenn diese Lerntexte nicht von Menschen stammen, sondern von KI selbst zusammengestellt wird, nimmt die Qualität der Resultate ab, weil sich dadurch immer mehr Fehler einschleichen können.

Das Problem liege dabei in der Intransparenz der Systeme, so die Forscher in Stanford und Berkeley. Es sei momentan undurchsichtig, wann und wie die Sprachmodelle ein Update bekommen und wie diese das Verhalten der KI verändern.

Das Handeln der Unternehmen ist ein anderes – der Springer-Konzern macht es vor. Sein Personalabbau-Programm begründet Vorstand Mathias Döpfner mit KI. Bis 2025 will der Verlag rund 100 Millionen Euro sparen, "damit die Rendite-Erwartung in zweistelliger Höhe gewährleisten wird", kritisiert Christoph Schmitz vom ver.di Bundesvorstand.

Hoffnungen Beschäftigter, dass die nachlassende Intelligenz von ChatGPT zu einem Umdenken der Unternehmen führt, werden den aktuellen Zahlen zufolge enttäuscht.

Denn bereits heute setzen 28 Prozent der Unternehmen hierzulande generative KI ein. Das geht aus einer aktuellen Befragung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) hervor. Recht häufig ist im Personalbereich die Nutzung von Chatbots, die beispielsweise für Fragen von Bewerber oder auch unternehmensinterne Zielgruppen eingesetzt werden (18 Prozent).

Wer erwartet hat, dass eine Industrie 4.0 an einem festen Stichtag umgesetzt ist, sieht sich getäuscht. Die Umsetzung erfolgt in den Betrieb schrittweise, etwa für einzelne Produktionsstraßen oder in Verwaltungsbereichen. Unternehmen nutzen Technik in ihrem Interesse. Workflow-Systeme sind ein aktueller Trend bei Verwaltungsarbeitsplätzen.

Ziel des Technikeinsatzes ist der effektive Einsatz der Arbeitskraft, oft werden dabei die Unfallvermeidung oder Unterstützung der Beschäftigten als Begründung genannt. Assistenzsysteme können etwa über Sensoren die Vitalfunktionen von Feuerwehrleuten im Einsatz überwachen, um so vermeintlich bei Bedarf ein rechtzeitiges Eingreifen zu ermöglichen. Die aufgezeichneten Daten liefern aber regelmäßige Auswertungen über hochsensible Daten zur körperlichen Fitness des Beschäftigten.

Mit Chatbots sparen sich Unternehmen die Bereitstellung von menschlichen Ansprechpartnern für Kundenfragen. KI im Chatbot simuliert Kundennähe und antwortet in meist normal klingenden Sätzen. Die Gespräche können ausgewertet und dem Kunden weitere Angebote unterbreitet werden.

In den Betrieben sind für ChatGPT viele Anwendungsbereiche denkbar, etwa im Kundenservice, bei der Erstellung von Werbetexten oder als Assistent beim Schreiben von Softwarecode. "IBM-Chef: Jobabbau wegen KI beginnt", meldete die Berliner Zeitung.

IBM will in Zukunft zum Teil frei werdende Stellen nicht mehr besetzen. Der Grund: Bestimmte Tätigkeiten können durch KI und Automatisierung ersetzt werden. In den betroffenen Bereichen arbeiten bislang etwa 26.000 Menschen. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass 30 Prozent von ihnen in einem Zeitraum von fünf Jahren durch KI und Automatisierung ersetzt werden", so IBM-Chef Arvind Krishna.

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