China setzt auf Online-Spiele

Für die chinesische Regierung sind Computerspiele nicht nur einboomender Markt, Spiele seien auch gesund, fördern die Intelligenz und führen die Jugend zur Technik

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Wie Weigui Fang in Telepolis berichtete, boomen vor allem die Online-Spiele schon des längeren in China, die meist von Internetcafes aus gespielt werden (Internet auf Chinesisch?). Diese hat die Regierung lange Zeit immer stärker zu kontrollieren gesucht und dabei vor allem auch die Gefahren des Zugangs zu Pornografie, aber auch des stundenlangen Spielens für Kinder und Jugendliche betont, die davon süchtig werden können. Daher sind Internetcafes in der Nähe von Schulen verboten. Die Einstellung zu Computerspielen scheint sich aber mehr und mehr zu ändern. Kräftig wird die heimische Computerspielindustrie, aber auch das Spieln selbst gefördert - und jetzt dürfen oder müssen auch schon Soldaten mit Counter Strike trainieren.

Die Internetcafes, die das Spielen ermöglichen und weiter durchsetzen, werden mehr und mehr auch zu schicken Multimediazentren, die in den teuren Gegenden ansiedeln und ihren Kunden Breitbandverbindungen und schnelle Multimedia-Rechner den neuesten Monitoren und besten Grafikkarten anbieten. Zudem gibt es Ruheräume, separate Rauchzimmer und Restaurants. Hier werden Computer- und Online-Spiele ganz hoffähig gemacht, wobei in China verstärkend hinzu kommt, dass hier (noch) keine Spielkonsolen angeboten werden. Zudem gibt es zwar immer mehr PCs in den Privatwohnungen, aber Internetzugänge sind immer noch relativ selten. Dafür boomen eben auch die Handys und die damit verbundenen Dienste ("Daumen-Ökonomie" und "Daumen-Kultur" in China).

Spieler beim China Internet Gaming 2004. Bild: crienglish.com

Noch ist die chinesische Online-Computerspielbranche relativ klein. Schließlich soll es auch erst 26 Millionen Online-Spieler geben, 300 Millionen US-Dollar seien durch den Verkauf von Online-Games eingenommen worden, die Internet Provider profitieren davon natürlich am meisten. Dank der durch Online-Spiele stark gestiegenen Internetnutzung haben sie 2004 über 1,8 Milliarden US-Dollar an Internetgebühren eingenommen. Aber die Branche erwartet, dass nächstes Jahr an die 800 Millionen US-Dollar in die Entwicklung von Online-Spielen investiert werden. Auch der Staat schiebt mit und will den heimischen Anteil mit dem Projekt chinesischer Internet-Spiele erhöhen.

Mit fast 400 Millionen US-Dollar sollen innerhalb von fünf Jahren 100 gut gemachte Spiele "Made in China" auf den Markt gebracht werden. Allerdings sei letztes Jahr schon über die Hälfte der Online-Games aus China gekommen. Bislang gibt es etwa 70 Firmen, die Computerspiele herstellen, und 5.000 Entwickler. In den nächsten Jahren würden aber mindesten 20.000 benötigt, sagte Kou Xiaowi, Direktor der Abteilung für audio-visuelle, elektronische und online Veröffentlichungen der Allgemeinen Behörde für Presse und Publikation (GAPP) auf der ersten Jährlichen Konferenz der Computerspielindustrie, die gerade stattgefunden hat. Das personelle Problem werde vorerst ein großes Hindernis bleiben, aber die Regierung will die Computerspielfirmen weiter fördern

So sollen einige Innovationszentren für Internettechnik in Bezug auf Spiele aufgebaut werden. Noch dieses Jahr wird eine Konferenz für Spieleentwickler sowie eine weitere Computerspielmeisterschaft organisiert werden. Überdies ist ein College zur Ausbildung von Computespielentwicklern vorgesehen und an 10 Universitäten soll die Möglichkeit geschaffen werden, einen Abschluss für Computerspielentwicklung abzulegen. Politisch steht eine neue Regelung für den Vertrieb von Online-Spielen an, mit der gleichzeitig das Hacken der Server von Online-Spielen und Glücksspiele im Internet verboten werden.

Die Gewinner in der Counter Strike-Meisterschaft auf der CIG 2004. Bild: crienglish.com

Ende Dezember wurde bereits der nationale Wettkampf China Internet Gaming 2004 (CIG 2004) ausgetragen. Der Wettkampf fand mittlerweile zum dritten Mal statt, die staatlichen Medien berichteten darüber, die Regierung fördert. 300 Meisterspieler aus dem ganzen Land - darunter auch Mädchen - nahmen an diesem größten Wettbewerb in China teil. Die staatliche Zeitung Xinhua meldet, dass von diesem Wettkampf auch eine Botschaft ausgehen soll, nämlich dass Computerspiele nicht nur ein beliebtes Freizeitvergnügen für viele junge Menschen sind, sondern "auch ein sehr wettbewerbsorientierter und gesunder Sport".

Gesund, ja, schließlich stand der Wettbewerb dieses Jahr auch unter dem Zeichen der "grünen" oder "gesunden" Spiele. Xinhua sagt, die Regierung sieht den Wettbeerb zumindest als eine Möglichkeit, um das Online-Spielen in eine gesündere Richtung zu bringen. Genauer wird nicht erläutert, wie das gemeint ist, es heißt nur auch, dass die Regierung den Wert von Computerspielen entdeckt habe, da sie die Kinder anregen, deren Interesse an Online-Aktivitäten wecken, ihre Intelligenz fördern und sie darin stärken, sich die moderne Technologie anzueignen. So kann man das auch sehen. Allerdings wird im gleichen Atemzug erklärt, dass die Regierung weiterhin entschlossen sei, gegen Internet-Pornografie und Telefonsex vorzugehen. Man habe aber die Strategie geändert. Es sei vermutlich wirkungsvoller, den jungen Menschen zu zeigen, wie sie sicher im Internet surfen und online spielen können, als wenn nur den Zugriff auf bestimmte Aktivitäten verhindert.

Für insgesamt 8 Online-Spiele wurden die nationalen Sieger ermittelt. Zu den Spielen gehörte neben "FIFA Football", "Chinese Chess" oder "Online Snooker" auch "Counter Strike". Und das wird nun nicht nur im Dienste der Gesundheits- und Intelligenzförderung bei Jugendlichen eingesetzt, sondern auch chinesische Soldaten müssen sich an ihm üben. Die Information hat ein Blogger einem Bericht eines chinesischen Fernsehsenders entnommen und daraus Bilder veröffentlicht. Gezeigt seien Soldaten geworden, die im Dienst Counter Strike gespielt hätten. Allerdings ging es dabei angeblich nicht um ein Kampftraining im engeren Sinne, sondern um die Demonstration nationaler Größe gegenüber jugendlichen Spielern im Ausland.

soldaten zum Counter Strike-Spielen verdonnert. Bild: tian.cc

Zumindest wird der Ausbilder Wang Qiang so zitiert: "Our priority is not about battling Muslim terrorists, but to kick some teenager punks' asses. We are tired of getting our asses handed to us by some zit-faced kid living in Des Moines, Iowa." So angewendet, wären möglicherweise Computerspiele auch tatsächlich "gesünder" als wirkliche Kampfspiele. Aber da sich Hightech-Kriege immer mehr Computerspielen annähern, ohne in der Virtualität stehen zu bleiben, haben sich die Computerspiel-geschulten Jugendlichen auch Kompetenzen für den netcentric warfare angeeignet.