Clash der eiskalten Titanen

Nichts für Feinschmecker: Wenn der Eisberg auf die Zunge kracht

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Tief im Süden steuert ein gigantischer Eisberg auf eine Gletscherzunge zu. Wer einen guten Blick auf das Spektakel in der Antarktis haben will, sollte am besten im All Platz nehmen und das Spektakel von oben herab betrachten. Für Otto Normalverbraucher wird das durch die Satellitenbilder der NASA möglich.

Im März 2000 löste sich vom Ross-Schelfeis ein etwa 11.000 Quadratkilometer großer Eisberg, der von den Wissenschaftlern die Bezeichnung B-15 erhielt (vgl. Ein Eisberg wird geboren und Calving of Iceberg B15 from Ross Ice Shelf). Das ist in der Antarktis ein durchaus normaler Vorgang, obwohl es inzwischen auch immer wieder Diskussionen darüber gibt, welche Rolle die globale Klimaerwärmung dabei spielt (Wird der warme Ozean das Eis in der Antarktis schmelzen?). Die riesige, 250m dünne Eisplatte begann im polaren Meer davon zu schwimmen, von Strömungen und Wind angetrieben.

Kurz darauf zerbrach der Eisberg mit der Größe Jamaikas in zwei Teile, von denen der größere mit der Kennung B-15A bezeichnet wurde. Im Oktober 2003 kreuzte er in einem heftigen Sturm (Iceberg's end caught by Envisat) und verlor erneut ein Bruchstück. Inzwischen ist er mit circa 3000 Quadratkilometern Oberfläche immer noch nur ein wenig kleiner als die Insel Mallorca und driftete langsam durch die Antarktis.

Der eiskalte Gigant behinderte vergangenes Jahr den Zugang der Pinguinkolonien zu ihren Brutplätzen sowie die Versorgungsschifffahrt zur amerikanischen Forschungsstation McMurdo. Wie Eiswürfel in einem Glas kühlte er das Wasser rund um sich herum ab und es sammelte sich eine ungewöhnliche große Menge an Meereis rund um ihn an, es bildete sich eine natürliche, gefrorene Barriere.

Das soll jetzt bald ein Ende haben, denn die Wissenschaftler gehen davon aus, dass B 15-A spätestens am 15. Januar mit gewaltiger Wucht gegen die Drygalski-Eiszunge prallen wird (Atlas of Antarctivc Resaerch). Dieser riesige Ausläufer eines Gletschers in die Ross-See wurde 1902 vom Polarforscher Robert Falcon Scott) entdeckt und nach dem deutschen Südpol-Expeditionsteilnehmer Erich von Drygalski benannt.

Eis auf der Zunge

"Das wird ein Clash der Titanen, ein extremes und ungewöhnliches Ereignis", meint Robert Bindshadler vom Goddard Space Flight Center der NASA. "Selbst ein 'Klaps' von einem solchen Riesen kann gewaltig sein. Es wird sicher ein heftigerer Schlag, als alles, was die Eiszunge bisher je erlebt hat." Mit Sicherheit wird sie bei diesem Clash beschädigt und wenn der Eisberg, der in jüngster Zeit einiges an Fahrt eingebüßt hat, durch Wind und Gezeiten noch an Geschwindigkeit zulegt, könnte sie sogar zerbrechen.

Wenn das geschieht, werden nicht nur die Satellitenbilder spektakulärer, sondern auch das Leben für die US-Wissenschaftler in der antarktischen Forschungsstation wieder leichter. Auch die Pinguine werden ihre Jungen wieder unproblematischer versorgen können, denn die Eisblockade ist dann zu Ende.

Updates - und wenn es so weit ist, auch die aktuellen Bilder - zum eiskalten Naturschauspiel gibt es auf der Website der NASA Looking at Earth Features und beim Antarctic Meteorological Research Center.