Corona-Maßnahmen: Was bringen Masken in der Schule?

Seite 3: Veränderte Situation - neue Forschungsbeiträge zum Maskengebrauch

Seit Kuhbandners Analyse hat sich die Situation verändert: Hochansteckende Varianten verdrängen das Ausgangsvirus, ein großer Teil der Bevölkerung ließ sich impfen und ist damit vorerst weitgehend vor Ansteckung und schwerem Krankheitsverlauf geschützt, das Infektionsgeschehen hat sich auf Jüngere und Ungeimpfte verlagert, Erfahrungen und Forschungen zu Schutzmaßnahmen sind weitergegangen, Lockerungen, auch in Schulen, wurden vorgenommen oder sind geplant …

Ich gehe zunächst auf die Bewertung des Maskentragens allgemein ein. Von den älteren Untersuchungen nenne ich nur die WHO-Studie, die immerhin schon einige Zeit vor Kuhbandners Artikel veröffentlicht wurde (01.06.2020). Diese evidenzbasierte Metastudie beruhte auf der Analyse einer Vielzahl von einschlägigen Veröffentlichungen und Daten.

Die Autoren waren zu dem Ergebnis gekommen:

Die Übertragung von Viren war geringer bei einer physischen Distanz von 1 m oder länger verglichen mit einer Distanz von weniger als 1 m […] Maskengebrauch kann zu einer großen Verringerung des Infektionsrisikos führen, mit höheren Begleiterscheinungen bei N95-Masken oder ähnlichen verglichen mit chirurgischen [medizinischen] Einweg-Masken oder ähnlichen.

Die Verringerung des Infektionsrisikos liege bei ca. 80 Prozent.

Die Autoren geben zu, dass noch weitere "robuste randomisierte" Untersuchungen nötig seien, um die Evidenz ihrer Ergebnisse zu verbreitern. Die herangezogenen einzelnen epidemiologischen Beobachtungsstudien waren zu unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Ergebnissen gekommen.

Dies ist in einer fortschreitenden Forschungssituation das übliche. Es kommt aber bei einer vergleichenden Analyse auf die sich abzeichnende Tendenz an. Wenn mehrere Untersuchungen zu ähnlichen Ergebnissen kommen, hat dies wissenschaftliche Relevanz.

Die Studie hätten den Nicht-Epidemiologen Kuhbandner veranlassen können, vorsichtiger bei seiner Aussage zu sein, es gebe keine evidenzbasierte Befunde, dass "mittels Masken die Virusausbreitung merkbar eingedämmt werden könnte".

Eine der neuen Literaturrecherchen – von Medizinern durchgeführt – zieht die Schlussfolgerung:

Es ist plausibel davon auszugehen, dass eine konsequente Anwendung der Mund-Nasen-Bedeckung wesentlich zur Eindämmung der Verbreitung von Sars-CoV-2 beitragen kann.

Es heißt allerdings auch hier:

Die dargestellte Evidenz beruht auf Beobachtungsstudien, denen allgemein ein niedrigeres Evidenzlevel zugeordnet wird als randomisierten kontrollierten Studien. Es handelt sich jedoch um die beste gegenwärtig verfügbare Evidenz, und da die Ergebnisse zur Wirksamkeit der Masken auch wissenschaftlich plausibel sind, raten wir eindeutig zum Tragen von Masken zur Infektionsprävention.

Die Analyse der bisher vorliegenden Untersuchungen ist differenzierter geworden. Die Max-Planck-Gesellschaft teilt mit (20.05.2021): Ein internationales Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz habe "nun geklärt, wie die Wirksamkeit von Gesichtsmasken von verschiedenen Umgebungsbedingungen abhängt und sich bevölkerungsweit auf den Verlauf der Covid-19-Pandemie auswirkt. Dazu nutzten sie eine Vielzahl von Beobachtungsdaten sowie einen neuartigen Ansatz zur Berechnung der durchschnittlichen Virenbelastung und ihrer Verteilung in der Bevölkerung".

Die Forscher:innen kommen in dem in Science veröffentlichten Bericht zu dem Ergebnis, dass die Wirksamkeit von Masken von der Virenmenge in der Luft abhängt.

In virenarmer Umgebung, wie sie meist anzutreffen ist, können selbst einfache OP-Masken die Aufnahme und Verbreitung von Sars-CoV-2-Viren und damit die Ausbreitung von Covid-19 eindämmen.

In virenreichem Ambiente – etwa in bestimmten Innenraumsituationen – reduzieren sie wenigstens die aufgenommene Virenlast. Hier sind hochwertigere Masken wirksamer.

Die geringere oder höhere Wirksamkeit von Masken hängt von weiteren Variablen ab: dem korrekten Tragen, Abstandswahrung, Lüftung, Anzahl der Träger – Maskentragen ist aber das effektivste Mittel.

Je mehr Maßnahmen angewandt werden, desto effektiver sind die einzelnen Mittel und ihre Gesamtheit. Die Pandemie ließe sich eindämmen, wenn mindestens 60-70 Prozent der Menschen chirurgische Masken in kritischen Situation korrekt trügen; wenn hochwertige Masken und andere Maßnahmen dazukommen, sind die Chancen noch höher.

Da man auch bei niedrigen Infektionswahrscheinlichkeiten Infektionen durch die Luft nicht ausschließen kann, werden nach Meinung der Forscher Masken eine wichtige Schutzmaßnahme gegen das Sars-CoV-2-Virus mit seinen Mutanten und anderen Viren bleiben - auch für geimpfte Personen.

Das Modell der Forscher ist in der Lage, unterschiedliche Ergebnisse des Maskentragens bei randomisierten klinischen Untersuchungen zu erklären. Einer der Autoren meint:

Wir sind überzeugt, dass die in unserer Studie gewonnenen mechanistischen Erkenntnisse und quantitativen Ergebnisse einen wissenschaftlichen Durchbruch darstellen, der dazu beitragen wird, die Debatte über die Nützlichkeit von Masken abzuschließen und die Covid-Pandemie effizient einzudämmen.

Auch wenn die Plausibilität des Modells und der Annahmen hoch ist, bleiben sie letzten Endes doch gut begründete Hypothesen, deren einzelne Bestandteile wieder randomisierte Überprüfungen bräuchten.

2020/2021 (November-April) wurde endlich eine randomisierte und kontrollierte Untersuchung über die Effizienz des Maskentragens vorgenommen. Sie umfasste eine große Menschengruppe und führte zu "robusten" empirischen Daten.

Die dazugehörige Studie wurde am 01.09.2021 veröffentlicht. Peer-Rewarding steht noch aus. Sie könnte die Debatte über die Nützlichkeit von Masken beenden und ein Meilenstein in der weltweiten Bekämpfung von Covid-19 werden.

Das Unternehmen wurde von einer Forschergruppe aus USA-Universitäten geleitet, ideell und materiell unterstützt von vielen Institutionen, Vereinigungen und Privatleuten. Die Erprobung umfasste 600 Dörfer in Bangladesch und 342 000 Menschen.

Es bestanden zwei Vergleichsgruppen. In der Hälfte der Dörfer erhielt jede Familie 3 mehrfach verwendbare Mund-Nasen-Bedeckungen (Stoff- oder chirurgische Masken). Die Probanden wurden über Gebrauch und möglichen Nutzen des Maskentragens unterrichtet. Beobachter überwachten das Verhalten, das Auftreten von Covid-19-Symptomen und nahmen Blutproben, um Antikörper festzustellen.

13 Prozent der Menschen in den unversorgten Dörfern trugen Masken, 42 Prozent in den versorgten Dörfern; in letzteren führten die Interventionen zu mehr und länger anhaltenden Maskengebrauch. Die Maskenbenutzung korrelierte mit einer 11,2-prozentigen Reduktion der Covid-19-Symptomatik, des "Community-Levels" und einer Abnahme von 9,3 der "symptomatischen Seroprevalence" (Vorkommen des Virus bei Bluttests).

Die Abnahme der Covid-19-Erkrankungen bei Senioren betrug 34 Prozent. Dies schließt eine Senkung der Todesfälle bei den Erkrankten um zehn Prozent ein. (Die Zahlen beziehen sich auf Communitys. Individuelles Verhalten kann andere Resultate haben!)

Wo chirurgische Masken getragen wurden, war der Prozentsatz höher, aber auch Stoffmasken die beliebter waren - zeigten eine schützende Wirkung. Vorherrschend in den Dörfern war die sehr ansteckende Alpha-Variante des Virus. Auf Abstandswahrung wurde nicht immer geachtet - verständlich in diesem soziokulturellen Umfeld, auf das die Erprobung auch in anderer Hinsicht Rücksicht nahm.

Das Ergebnis für die Eindämmung des Virus scheint klein zu sein, ist es aber nicht, wenn man bedenkt, dass eine höhere Beteiligung am Maskengebrauch, konsequentere Abstandswahrung und Hygiene-Maßnahmen den Erfolg wesentlich gesteigert hätten (siehe die vorher zitierte Studie).

Jedenfalls beantworten die Forscher die Frage, ob allein schon medizinische Masken die Ansteckungs- und Verbreitungsgefahr mindern, mit einem klaren "Ja". Die Autoren heben hervor, dass eine kulturangemessene Aktivierung einer Bevölkerung für das Maskentragen erfolgreich sein kann und der Gebrauch von Masken in Entwicklungsländern ein einfaches Mittel ist, um eine mangelnde Impfversorgung vorerst zu überbrücken.