Corona-Politik: Schwurbelei im Mainstream
Seite 2: Warum wir das Schwarz-weiß-Denken in der Corona-Debatte überwinden sollten
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Seriöse hier, "Schwurbler" da? In der Corona-Pandemie hat sich ein Schwarz-weiß-Denken durchgesetzt, das inzwischen immer stärker in Frage gestellt werden muss. Das gilt in erster Linie für vermeintlich ernstzunehmende Akteure, medial aufgebaut oder politisch etabliert.
Da ist zum einen der TV-Doktor von Hirschhausen, von dem gerade ein ARD-Film zu sehen war: "Hirschhausen und Long Covid – Die Pandemie der Unbehandelten"
Der NDR und die Süddeutsche haben sich das Werk angeschaut – und kommen zu dem Schluss: Hirschhausen bewerbe zur besten Sendezeit unkritisch eine Therapie, für deren Effektivität es nicht nur keine Belege gibt. "Seriöse Ärzte", so die etwas bösartige Formulierung der Süddeutschen Zeitung, weil sie Hirschhausen dieser Gruppe ja implizit nicht zuordnet, warnten vor der empfohlenen Behandlungsmethode ausdrücklich.
"Der Film macht mir wirklich Bauchweh", sagt Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Berliner Charité, die zu Long Covid und verwandten Krankheitsbildern forscht. In seinem Film besucht Hirschhausen nicht nur Patienten mit schwersten Formen von Long Covid, er stattet auch der Ärztin Beate Jaeger in Mülheim an der Ruhr mehrere Besuche ab. Jaeger behandelt seit Monaten zum Teil schwer kranke Long-Covid-Patienten mit einer Lipid-Apherese (auch H.E.L.P.-Apherese genannt), einer Blutwäsche also, bei der Fette aus dem Blut gefiltert werden. Dabei wird das Blut aus der Armvene entnommen, läuft durch einen Apparat und gelangt anschließend gereinigt zurück in den Körper des Patienten.
Süddeutsche Zeitung
In einer Replik des WDR heißt es inzwischen hingegen, Hirschhausen präsentiere "unterschiedliche Behandlungsformen" gegen Long Covid. Die Blutwäsche habe er selbst an sich ausprobieren lassen, als er an einer akuten Covid-Infektion gelitten habe. Dass es bislang aber noch keine fundierten und evidenten Studien gebe, sei Teil seiner Rechercheergebnisse.
Im Film selbst fehlt aber eine solche Einordnung – und das ist Gegenstand der Kritik. Denn gerade mit Blick auf die oft dramatische Lage von Long-Covid-Patienten oder Patienten mit symptomatisch vergleichbaren Impfschäden, verbietet es sich, auch nur den Eindruck einer vermeintlichen Wundertherapie zu erwecken. Wer das tut, spiegelt im Grunde ja die Gedankenwelt radikaler "Querdenker", die hinter jeder Impfung und Behandlung ohne Belege Verschwörung vermuten.
Damit hat es also die ARD erwischt. In jüngster Vergangenheit war es das Bundesgesundheitsministerium (BMG) höchstselbst, das Fakenews zur Gefahr einer Hospitalisierung nach Corona-Infektion verbreitete. Im vergangenen Monat war bekannt geworden, dass das BMG deutlich überhöhte Angaben zur aktuellen gesundheitlichen Gefährdungslage durch Sars-CoV-2 verbreitet hatte.
In einem sogenannten Fakten-Booster hieß es unter anderem: "Etwa zehn Prozent der in Deutschland erkrankten Personen werden aufgrund eines schweren Covid-19-Verlaufs im Krankenhaus behandelt."
Diese Zahl aber war massiv überhöht und stand in einem deutlichen Widerspruch zu aktuellen Statistiken der Gesundheitsbehörden. Dennoch hat das Ministerium die Falschinformation bis heute nicht korrigiert.
Hirschhausen und die ARD sowie Gesundheitsministerium: Nach zwei Jahren Pandemie ist klar, dass niemand die Weisheit gepachtet hat. Und dass das Schwarz-weiß-Denken überwunden werden muss.
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