Dänemark streicht Hälfte der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender
Ein halbes Jahr nach der Abschaffung der Rundfunkgebühr hat DR sein Sparprogramm vorgelegt
Im März schaffte die liberalkonservative Regierung in Dänemark unter dem Druck der sie stützenden Dansk Folkeparti (vgl. Dänemark: Ministerpräsidentin abgewählt) die Rundfunkgebühren ab und beschloss, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukünftig mit Steuern aus dem allgemeinen Haushalt zu finanzieren, deren Höhe vom Einkommen abhängt (vgl. Dänemark verabschiedet sich von Rundfunkgebühren).
Im Zuge dieser Umstellung verpflichtete man Danmarks Radio (DR) dazu, seine bislang 420 Millionen Kronen jährlich umfassenden Ausgaben um ein Fünftel zu kürzen. Nun hat die DR-Generaldirektorin Rørbye Rønn einen Plan vorgelegt, wie sie diese Sparauflage konkret umsetzen will. "Statt mit dem Rasenmäher das gesamte Budget gleichmäßig zu kappen", hat sie ihren Worten nach "versucht zu priorisieren". Im Ergebnis heißt dass, dass ein Teil der Sport-, Unterhaltungs- und Lifestyle-Sendungen wegfällt. Die Leitlinien für diese Entscheidung hatte dem DR die Politik vorgegeben, als sie in den Programmrichtlinien 2019 bis 2023 festschrieb, der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle sich auf Inhalte konzentrieren, die private Anbieter nicht liefern.
Weil weniger Sport, Unterhaltung und Lifestyle gesendet wird, fallen drei der bislang sechs öffentlich-rechtlichen Fernsehsender weg: Die verbleibenden Hauptprogramme DR1 und DR2 übernehmen Inhalte des bisherigen Kulturkanals DR K und des HD-Kanals DR3; der Kindersender DR Ramasjang fusioniert mit dem anderen Kindersender DR Ultra. Dadurch werden 375 bis 400 Stellen gestrichen - 25 davon im Management. Rønn zufolge gab es dazu "gute und enge Gespräche mit den Gewerkschaften" mit denen man sich "einig" sei, "dass wir gemeinsam dafür arbeiten wollen, dass die Änderungen in der Organisation so ordentlich wie möglich durchgeführt werden".
48 Prozent Musik aus Dänemark
Beim Hörfunk will man sich drei von bislang acht Radioprogrammen sparen. Die übrigen fünf sollen zu mindestens 48 Prozent Musik aus Dänemark spielen (vgl. Her mit der französischen Radioquote!). Susi Hyldgaard, die Vorsitzende der "Vereinigung dänischer Musikschaffender" zeigte sich trotzdem unzufrieden. Neue Aktivitäten im Internet muss sich der DR künftig vom dänischen Kultusministerium genehmigen lassen, das darauf achten will, dass der Rundfunk nicht durch längere Lesetexte privaten Medien das Geschäft verdirbt.
Dänemark ist nicht das einzige europäische Land, das seinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk über Steuern finanziert: Auch in Spanien, Portugal, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Ungarn müssen die Bürger keine gesonderten Rundfunkgebühren bezahlen. Wo Rundfunkgebühren erhoben werden, geschieht das meist geräteabhängig: Zum Beispiel in Großbritannien mit seinen BBC-Lizenzen oder in Schweden - dem Land, mit dem Dänemark bis zum Ende der Kalmarer Union vereint war, und zu dem es sich zunehmend als Gegensatz begreift, wie dieser Fernsehsketch illustriert. 2014 wollte der Schwedische Rundfunk die geräteabhängigen Gebühren in Höhe von umgerechnet 19,85 Euro auf Computer und Smartphones ausdehnen, scheiterte damit aber vor dem obersten Verwaltungsgericht.
"Bei den jungen Zuschauern marginalisiert"
In Deutschland wandelte man die geräteabhängige Gebühr 2013 in eine Haushaltspauschale um, bei der Reich und Arm unabhängig von der tatsächlichen Nutzung gleich viel bezahlen müssen (vgl. Bastard aus GEZ und Kopfpauschale). Das Bundesverfassungsgericht wies im Juli mehrere Klagen gegen diesen Rundfunkbeitrag weitgehend ab (vgl. Karlsruhe erklärt Zweitwohnungs-Rundfunkbeitrag für verfassungswidrig). Beim Europäischen Gerichtshof ist noch ein Verfahren anhängig (vgl. Rundfunkbeitrag wird dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt).
Aber auch wenn sich die Luxemburger Richter ihren Kollegen aus Karlsruhe anschließen, haben ARD und ZDF ein Problem, das weiter besteht: Dem ehemaligen RTL-Chef Helmut Thoma zufolge sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland heute "bei den jungen Zuschauern […] marginalisiert" und "praktisch eine Art Altenheimversorgung", wie er Horizont.at in einem Interview verriet. Von RTL und ProSiebenSat.1 erwartet sich der 79-Jährige allerdings auch nicht mehr viel: Das Duopol hat seinen Worten nach durch seinen Marktanteil von 86 Prozent wenig Interesse an einem interessanten Programm: Die beiden Sendergruppen, so Thoma, "würden am liebsten das Testbild senden, wenn es ginge".
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