Das Hochspannungsnetz der Ukraine und seine Bedeutung für den Krieg
Seite 3: Lagebild im ukrainischen Hochspannungsnetz
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In der SWP-Studie heißt es:
Mitte November 2021 zeichnet sich eine besonders prekäre Situation ab: Knappe Kohle- und Gasspeicherstände könnten es Russland ermöglichen, die Energieversorgungssicherheit der Ukraine auf eine ernste Probe zu stellen, indem es nur geringe Mengen Gas liefert. Das hat in der Ukraine bereits zu Diskussionen über eine Wiederaufnahme von Stromimporten aus Belarus geführt.
Seitdem hat sich die Lage wesentlich verschlechtert. Beispielsweise sind seit der Beschädigung des Kachowka-Staudamms im Juni 2023 Kraftwerke im Südosten bis auf Weiteres nicht mehr betriebsfähig. Im Jahr 2021 leisteten sie in Summe knapp 30 Prozent der ukrainischen Erzeugung.
Zu den Kraftwerken gehören: Das Kernkraftwerk Saporischschja (etwa 5700 MW), das mit Gas und Kohle befeuerte Heizkraftwerk Saporischschja (etwa 3600 MW) und das Laufwasserkraftwerk Kachowka (etwa 330 MW).
Die Ukraine steht in der Herausforderung, den elektrischen Energiebedarf landesweit überhaupt zu decken. Dazu kommt die neue Aufgabe, Leistungsflüsse über weite Distanzen in die südöstliche Region zu übertragen, wozu ein landesweit funktionierendes Hochspannungsnetz notwendig ist.
Das Hochspannungsnetz als Grundlage für Kriegführung in der Ukraine
Die Kontrolle über ein funktionierendes Hochspannungsnetz ist ebenfalls notwendig, um in einem großen Flächenland wie der Ukraine weiträumige Kriegskampagnen führen zu können und zugleich das zivile und wirtschaftliche Leben einigermaßen aufrechtzuerhalten. Via Hochspannungsnetz können umkämpfte Gebiete aus weiter Ferne mit Energie versorgt werden. Ohne Hochspannungsnetz müsste eine Notstromversorgung in umkämpften Gebieten entweder vorrangig den militärischen oder den zivilen Verbrauch decken; beides zugleich würde die Notstrom- und Kraftstofflogistik überfordern. Diese Notwendigkeit gilt für alle Konfliktparteien gleichermaßen.
Durch die synchrone Kopplung des ukrainischen Hochspannungsnetzes an UCTE wurde eine wichtige Voraussetzung für die längerfristige Kriegführung der NATO-Verbündeten in der Ukraine erfüllt. Daraus wiederum resultierte eine konkrete Zunahme der militärischen Bedrohung für Russland.
Die zuverlässige Verfügbarkeit des Hochspannungsnetzes ist jedoch fragil. Die Freileitungen des Hochspannungsnetzes (220 bis 750 kV) unter Betrieb von Ukrenergo erstrecken sich über 19.000 Kilometer und sind in 103 Schaltanlagen verbunden. Der physische Schutz dieser Installationen erfordert eine landesweite Abdeckung der Lufthoheit und eine zuverlässige Abwehr von Infiltration, wozu die NATO-Verbündeten in der Ukraine bisher jeweils nicht in der Lage waren.
In der umkämpften Region spielen Laufwasserkraftwerke, die noch einsetzbar sind, eine entscheidende Rolle. Solche Kraftwerke ermöglichen die weiträumige Energieübertragung, weil sie die lokale Spannung im Hochspannungsnetz steuerbar stabilisieren. Ferner kann mit einem solchen Kraftwerk das Hochspannungsnetz nach einer Sicherheitsabschaltung wieder auf stabile Betriebsspannung gebracht werden, damit anschließend mit weiteren Erzeugungsanlagen die Versorgung wiederhergestellt werden kann. Anlagen mit solchen Fähigkeiten sind unersetzlich und unbedingt zu schützen. Beispielsweise liegt das Laufwasserkraftwerk Saporischschja (etwa 1550 MW) in einem Brennpunkt der Kriegführung.
Lage und Handlungsmöglichkeiten der Konfliktparteien
EU-Europa, allen voran deutsche Politiker, haben immer wieder die bedingungslose und unbegrenzte Unterstützung der Ukraine verkündet. Unter Berücksichtigung der im vorliegenden Artikel genannten Gesichtspunkte ist es dringend notwendig, dass EU-Europa die externen Versorgungsbedarfe der Ukraine quantifiziert. Weiterhin ist der klugen Diplomatie dringend geboten, Rahmenbedingungen zu formulieren und die externe Unterstützung zu begrenzen, weil erst dann eine systematische operative Planung der kommenden Monate möglich wird.
Die USA agierten bisher sehr schlau und konnten mit guten Deals für sich eine derzeit komfortable Lage erreichen. Die USA boten der Ukraine eine Energiesicherheit, die tatsächlich von EU-Europa bereitgestellt wird. Die USA boten Deutschland das Ende der Blockade gegen die Nordstream-Pipelines, jedoch ist die Leistungserbringung mit der Sprengung der Gasleitungen mittlerweile entfallen.
Internationale Finanzakteure realisierten bereits Gewinne aus Preissteigerungen der Energy-Commodity-Märkte, auf denen sie in großem Umfang in Futures und in Lieferanten investiert waren beziehungsweise sind. Diese Akteure haben Interesse daran, in der Ukraine eine Regierung zu stabilisieren, welche die von Ukrenergo aufgenommene Anleihe bei Fälligkeit im Jahr 2026 bedienen wird.
Im weiteren Verlauf wäre es lukrativ, die Ukraine zu einem Paradies für institutionelle Investoren zu entwickeln. Der (Wieder-)Aufbau der bis dato staatlichen Netzinfrastruktur der Ukraine wird Investitionen in Milliardenumfang erfordern. Die Zinsen dafür sind relativ hoch, und das Ausfallrisiko ist wegen Staatsbürgschaften relativ gering.
Russland hat einen wirkmächtigen Hebel in der Hand, da sie vermutlich jederzeit in der Lage sind, Aufwand, Kosten und Kollateralschäden der Kriegführung in der Ukraine zu erhöhen, indem die Funktion des ukrainischen Hochspannungsnetzes gezielt unterbrochen wird. Dann wären die Nato-Verbündeten gezwungen, die Daseinsfürsorge gegenüber der Bevölkerung der Ukraine aufzugeben, um dort weiter Krieg führen zu können.
Angesichts dieser abschreckenden Eskalationspotentiale muss jedermann klar sein: Nominelle Streitkräfte der NATO-Verbündeten dürfen im Ukrainekrieg keinesfalls die russische Souveränität ernsthaft bedrohen. Welchen Sinn hat also die offensive Kriegführung der Nato-Verbündeten im Ukrainekrieg, wenn ihre Truppen dort keine substanziellen, offensiven Erfolge erzielen dürfen?
"The billions shift from side to side
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[Guns 'n' Roses, Civil War]"
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