Das Internet im Weltraum

Zwei britische Mikrosatelliten testen neue Standards und gegen Strahlung geschützte Mikroprozessoren

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Eigentlich hätte die Ariane schon heute um ein Uhr in der Nacht GMT in Französisch-Guayana starten sollen, wegen eines technischen Defekts wurde der Start aber um 24 Stunden verschoben. Neben anderen Satelliten befinden sich zwei identische Mikrosatelliten der britischen Defence Evaluation and Research Agency (DERA) an Bord, die erstmals die Möglichkeit von Internetverbindungen im Weltraum testen sollen.

Mit den Mikrosatelliten STRV1c und STRV1d sollen 25 unterschiedliche Experimente mit der Hardware und 5 mit Software unter den harten Bedingungen des Weltraums durchgeführt werden. Zu diesem Zweck werden die Satelliten in eine geosynchrone elliptische Umlaufbahn gebracht, auf der sie die Erde in einer Entfernung zwischen 600 und 39000 Kilometern umkreisen. Überdies werden sie vier Mal am Tag einer hohen Strahlungsintensität ausgesetzt, wenn sie die Van-Allen-Gürtel passieren. Während ihrer Lebensdauer von einem Jahr werden die beiden Satelliten dabei einer 10 Mal höheren Strahlung ausgesetzt, wie das bei Satelliten auf niederen und geosynchronen Umlaufbahnen normalerweise der Fall ist. Strahlung kann der Elektronik oder der Erzeugung von Solarstrom schwere Schäden zufügen.

Auf den Satelliten befinden sich auch Sensoren zur Erforschung des "Weltraumwetters". Sie erfassen die Strahlung, den atomaren Sauerstoff, den kosmischen Staub und Mikrometeoriten (wobei automatisch Weltraummüll von natürlichen Mikrometeoriten unterschieden werden soll), Anomalien in der Ionosphäre oder elektrostatische Ladungen. Die einzelnen Sauerstoffatome sind besonders aggressiv und könnten, wenn sie auf Solarsegel und andere Oberflächen einprasseln, dafür verantwortlich sein, dass allmählich Schädigungen eintreten, die die Ursache für die begrenzte Lebensdauer von Satelliten sind. Da aber nicht bekannt ist, wie viele dieser Sauerstoffatome überhaupt vorhanden sind, können hier die Satelliten wichtige Daten liefern. Auf Oberflächen aus Zinkoxid sollen dabei die Sauerstoffatome auftreffen. Wenn die Oberfläche gesättigt ist, wird diese auf 80 Grad Celsius erhitzt, wodurch der Sauerstoff verdampft.

Zum ersten Mal werden Satelliten mit einer Lithiumionenbatterie versorgt. Eine Premiere stellen jedoch vor allem die Tests für ein Internet im Weltraum dar. An Bord der Satelliten befinden sich spezielle, gegen die Strahlung geschützte SPARC-Mikroprozessoren von Sun. Die Komponenten wurden in ein "high-Z"-Material eingeschlossen, das aus Atomen mit einer hohen Zahl von Protonen besteht. Sie sollen die Strahlung besser abhalten können. In einem Satelliten befindet sich der Mikroprozessor tief im Inneren, im anderen ganz außen, um deren Leistung und Empfindlichkeit vergleichen zu können.

Getestet werden von der DERA eine sichere, verschlüsselte Kommunikationsverbindung, aber auch neue Protokolle und Standards für Internetverbindungen, die im Rahmen der Initiative Space Communications Protocol Standards (SCPS) von der DERA zusammen mit der NASA und dem US-Verteidigungsministerium entwickelt werden. Interessant könnte eine Internetverbindung nicht nur für künftige Missionen etwa auf den Mars sein, sondern auch für die Online-Steuerung von Satelliten. "Eines Tages wird man die Kreditkarteninformationen online eingeben und dem Satelliten den Befehl geben können, ein Bild von Ihnen zu machen", sagt Nigel Wells von der DERA. "Wir testen gleichzeitig neue Hard- und Software." Die Computer an Bord können auch vom Boden neu programmiert werden, regelmäßig werden über die Internetverbindung Daten heruntergeladen.

Das Internet im Weltraum ist nicht nur eine Vision, die etwa Vinton Cerf verfolgt, sondern auch ein Anliegen der NASA. Zwischen dem 1. und 3. November wurde vom Glenn Research Center ein Test durchgeführt, um zu überprüfen, wie sich über das Internet vom Boden aus Maschinen im Weltraum steuern lassen. "Wir haben schon länger als 30 Jahre Dinge im Weltraum vom Boden aus gesteuert, aber im Unterschied dazu versucht dieses Projekt der NASA, die Kapazität des terrestrischen Internet auszunutzen und sie in den Weltraum zu stellen", erklärt Phillip Paulsen, der Projektmanager für das Internet im Weltraum.

Während des Tests wurden von verschiedenen Orten auf der Erde über das Internet Befehle an ein simuliertes Raumfahrzeug im Johnson Space Center gesendet, in dem ein spezielles Kontrollzentrum für die Bearbeitung und Absicherung der Kommunikation zwischen Bodenstation und Weltraum eingerichtet wurde. Von diesem Kontrollzentrum gingen die Daten erst einmal zu einem NASA-Satelliten und kamen erst dann zu dem simulierten Raumfahrzeug. Ausgeführt wurden einfache Befehle: das Erzeugen eines Vakuums in einem Gefäß und das Ein- oder Ausschalten von Licht.

Ausprobiert werden sollten dadurch auch normale Bedingungen bei Missionen, also was beispielsweise passiert, "wenn mehrere Wissenschaftler gleichzeitig Zugang zu ihrem Experiment haben wollen oder wenn ein Benutzer, der Vorrang hat, sich einloggen will, wenn gerade jemand anders die Bandbreite blockiert. Die Liste der Probleme ist endlos", meint Paulsen. Als nächstes Experiment soll das einmal mit einem wirklichen Raumfahrzeug, vielleicht auch mit der Internationalen Raumstation, durchgeführt werden, aber das wird noch eine Weile dauern: "Im Augenblick gibt es dafür noch kein Geld."