Dax tief im Minus: Nur eine Berichtigung oder platzt die Blase jetzt schon?
Angesichts der aufgeblähten Finanzmärkte waren Kursberichtigungen absehbar, die Zinsnormalisierung in den USA war der Auslöser
Nach den massiven Einbrüchen an den Börsen in Asien und - vor allem - in den USA, setzte am Dienstag auch am deutschen Aktienmarkt eine heftige Verkaufswelle ein. An der Wall Street war der Dow Jones am Montag so steil in die Knie gegangen wie nie zuvor. Am Montag brach der Index sogar um 1175 Punkte ein. Nie zuvor hatte der wichtigste Aktienindex so viele Punkte an einem einzelnen Handelstag verloren, nicht einmal während der Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers. Am "Schwarzen Montag" brach er 2008 um 4,4% ein, an diesem Montag aber um 4,6% (Von der Euphorie zur Panik?). Stärker war der prozentuale Einbruch aber 2011. Allerdings war das Niveau deutlich niedriger, weshalb 600 Punkte einen Absturz von mehr als 5,5% ausgemacht haben.
Der enorme Einbruch um fast 1200 Punkte machte die enorme Nervosität in New York deutlich, die sich schließlich über die Welt ausgebreitet hat. Zwar konnte der Frankfurter Leitindex Dax die starken Verluste aus dem frühen Handel im Laufe des Dienstags zum Teil wieder rückgängig machen, doch der Dax verlor bis zum Börsenschluss gut 2,32%. An anderen europäischen Börsen sah es ganz ähnlich aus und in Spanien verlor der Ibex sogar mehr als 2,5%.
Allgemein wird als Auslöser für die Tatsache, dass an den Börsen nun wieder vom "Crash" gemunkelt wird, die Zinsnormalisierung in den USA gesehen (Panik an den US-Börsen). Und so ist es auch kein Zufall, dass die japanische Notenbank sich mit der Aussage beeilte, dass an der Nullzinspolitik festgehalten werde, nachdem der Nikkei in Tokio fast 5% abgestürzt ist. Entsprechende Gerüchte wies Haruhiko Kuroda zurück. "Es ist nicht angebracht, einen vorzeitigen Wechsel bei der Geldpolitik zu vollziehen, um Raum für die Zukunft zu schaffen", sagte der Chef der japanischen Notenbank.
Die EZB hatte ebenfalls gerade bestätigt, dass die Geldschwemme weitergeht. Allein die Tatsache aber, dass Draghi mehr als wachsweich angekündigt hatte, dass die umstrittenen Anleihekäufe im September auslaufen könnten, hat die Junkies des billigen Geldes schon nervöser gemacht. Schon seit gut zwei Wochen hat eine Verkaufswelle eingesetzt, weil immer mehr Anleger glauben, dass der Höhenflug an den Börsen vorbei sein dürfte. So hat der Dax seit dem Hoch vom 22. Januar deutlich nachgegeben. Schon vor dem Einbruch am Dienstag hatte er seither schon 7% nachgegeben.
Noch klarer ist der Absturz des Bitcoin. Hier platzt ganz offensichtlich schon die Spekulationsblase. Der Bitcoin-Kurs stürzte seit Mitte Januar ab. Er hat am Dienstag die Marke von 6000 US-Dollar unterschritten. Im Dezember kostete er noch mehr als 19.000. Deutlicher kann man ein Platzen der Blase und die Umverteilung von Geld kaum machen, was sich über kurz oder lang an den Börsen fortsetzen wird.
Die Frage ist nun, ob die derzeitigen Blasen definitiv platzen oder es sich zunächst nur um eine längst überfällige Korrektur handelt. Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten, das werden aber die nächsten Tage und Wochen zeigen. Dagegen spricht, dass die Konjunktur weltweit ziemlich robust ist, womit die Chancen sinken, dass es gerade jetzt zu einem massiven Abwärtsstrudel kommt. Tatsächlich dürfte es angesichts der extremen Kurse nur um Gewinnmitnahmen an Märkten gehen, die sehr heiß gelaufen sind. Viele Abverkäufe sind technischer Natur, womit der Effekt verstärkt wird. Ausschließen kann man aber trotz der guten Konjunktur nicht, dass die riesigen Blasen schon jetzt platzen und die von einer Geldschwemme getragene Konjunktur abwürgen.
"Das System ist extrem fragil."
An den Börsen gibt es allerdings seit geraumer Zeit Blasenbildungen. Das zeigt sich seit vier Jahren (Dotcom-Blase 2.0). Die Anzeichen wurden immer deutlicher, und nur wer sie nicht sehen wollte, sah die gefährliche und sich zuspitzende Situation nicht. Blasen platzen meist heftig. Umso größer sie sind, um stärker kracht es. So krachte es beim Platzen der Dotcom-Blase am Ende des letzten Jahrtausends zwar heftig, da danach aber zur Bekämpfung die Geldmärkte geflutet wurden, krachte es dann noch deutlich heftiger, als die Immobilienblasen ab 2007 in den USA, Spanien, Irland ... explodierten und es zu einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise kam.
Es ist einigermaßen leicht, Blasen aufzublähen, aber es ist sehr schwierig, die Explosionsgefahr langsam durch Ablassen des Drucks zu senken. In den USA versucht die Notenbank gegenzusteuern, nachdem sie die Blasenbildung erkannt hat (Wenn sogar die US-Notenbank vor Blasen warnt). Es scheint, die FED will nicht die früheren Fehler wiederholen. Deshalb hebt sie die Zinsen langsam, sehr langsam an, vermutlich zu langsam. Damit sollten "Anpassungsschocks" vermieden werden.
Doch nach der Ankündigung war der US-Notenbank aber fast jede Ausrede recht, um die Zinsnormalisierung immer weiter zu verschieben. So ist der Leitzins noch immer weit entfernt von der Schwelle, die einst geplant war. Schon 2016 sollte er auf 1,5% steigen, wo er heute noch nicht angekommen ist. Das zaghafte Vorgehen dürfte dazu geführt haben, dass nicht genügend Geld abgesaugt und nicht genug Druck aus der Blase gelassen wurde.
Dass große Notenbanken in Japan und Europa den Weg nicht sekundiert haben, sondern die Geldmärkte weiter geflutet haben, hat den Effekt der leichten Zinsanhebungen in den USA praktisch zunichte gemacht. Die Blasen blähten sich weiter und weiter auf und werden irgendwann platzen. So hatte zwar auch die EZB schon im Juni 2014 vor den gefährlichen Effekten der eigenen Geldpolitik gewarnt, aber bis heute aus der Analyse keine Konsequenzen gezogen.
Die Frage nun nur, ob wir schon jetzt dem großen Knall beiwohnen oder uns erst später die Fetzen dieser Politik teuer um die Ohren fliegen. Klar ist aber, dass die Ausgangssituation für eine Finanzkrise noch schlechter ist als 2007. Notenbanken wie die EZB befinden sich noch immer im Krisenmodus. Sie agieren so, als stecke die Eurozone noch tief in der Rezession und verzeichne kein stabiles Wachstum. Der Werkzeugkasten der EZB in Frankfurt ist praktisch genauso leer wie der der BoJ in Tokio. Das Bankensystem in Europa ist, auch wenn die EU-Kommission in Brüssel gerne etwas anderes behauptet, noch immer sehr instabil.
Und so meint auch der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank: "Das System ist extrem fragil."http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/boerse-dow-jones-und-dax-stuerzen-ab-wie-die-ezb-den-aktienmarkt-nervoes-macht-a-1192056.html Thomas Mayer weist darauf hin, dass bei steigenden Zinsen "die Schuldenkrise in Europa" sofort wieder zurückkehrt. Länder wie das große Italien kommen dann angesichts ihrer hohen Staatsverschuldung sofort wieder in die Bredouille. "Die EZB kann der Inflation gar nicht Herr werden, ohne eine Rezession auszulösen." Auch Mayer meint, dass die EZB "mit ihrer Geldpolitik der aktuellen Entwicklung total hinterher hängt". Deshalb flippe der Markt aus. "Die Märkte sind weiterhin wie Drogenabhängige auf das billige Geld der Notenbanken angewiesen."