Der Geldadel der politischen Klasse lebt in Italien

Auch mit der schnell wieder zurückgezogenen Diätenerhöhung hätten die deutschen Parlamentarier die italienischen Kollegen bei weitem nicht eingeholt

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Die Abgeordneten der großen Koalition haben schnell die geplante Diätenerhöhung wieder zurück gezogen, als sie erkannten, dass sie damit auf große Ablehnung in der Bevölkerung stoßen würden. Zwar liegen die deutschen Abgeordneten im Bundestag europaweit immerhin mit an der Spitze, aber in Österreich und vor allem in Italien haben sich die Politiker noch höhere Einkommen gegönnt.

Wenn es nach der Höhe des Einkommens ginge, müssten die italienischen Parlamentarier die besten Abgeordneten in den westlichen Ländern sein. Wie ein Bericht der Fondazione Rodolfo De Benedetti gerade wieder zeigte, verdienen die italienischen Abgeordneten in Rom und im EU-Parlament mit einem stolzen jährlichen Grundgehalt von 137.000 Euro auch noch mehr als ihre Kollegen in Washington, die 35.000 Euro weniger erhalten. Die Spanier verdienen etwa ein Drittel, die Schweden nicht ganz die Hälfte, die Franzosen oder die Dänen die Hälfte des Einkommens ihrer italienischen Kollegen.

Erstaunlich ist, wie kräftig sich die politische Klasse bedient hat. Seit 1948 ist ihr Einkommen um insgesamt 1185 Prozent angestiegen, das sind jährlich 9,9 Prozent. In den USA stiegen die Einkommen nur um 58 Prozent, jährlich gerade einmal um 1,5 Prozent. Zwar ist das BIP pro Kopf in Italien auch mit 450 Prozent doppelt so stark wie in den USA angestiegen, aber die Vergütung der politischen Klasse ist doch ziemlich einmalig, zumal sich die Abgeordneten auch sonst noch einiger Privilegien erfreuen und noch kräftig nebenbei dazuverdienen dürfen. Durchschnittlich erzielen die Abgeordneten jährlich 56.000 Euro zusätzlich an außerparlamentarischen Einkünften Das Durchschnittsgehalt der Italiener ist etwa ein Achtel der Grundvergütung der Parlamentarier, in Deutschland hingegen ist der Abstand wesentlich kleiner und liegt bei etwa einem Drittel.

Innerhalb der EU gibt es noch gewaltige Unterschiede, die allerdings ab 2009 eingeebnet werden, wenn eine einheitliche Diät eingeführt wird, die 38,5% der Grundbezüge eines Richters am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entspricht, was derzeit etwa 7.400 Euro entspräche. Während die italienischen EU-Parlamentarier dann schlucken werden, werden viele ihrer Kollegen aus den neuen Mitgliedsländern das Vielfache dessen verdienen, was die Abgeordneten in den nationalen Parlamenten erhalten. Weil die Diäten aus dem EU-Haushalt und nicht vom jeweiligen Staat gezahlt werden, haben findige Journalisten festgestellt, dass dann Deutschland – allerdings nur indirekt – "bald deutlich mehr für EU-Diäten" zahlen müsse – nämlich die die Diäten für ein Fünftel aller EU-Abgeordneter, während es nur ein Siebtel der Parlamentarier stellt.

Aber noch einmal zurück nach Italien. In den boomenden Wirtschaftsjahren der 60er Jahre wurden die Einkommen besonders schnell angehoben, ab den 80er Jahren flachte dies zwar ab, immerhin stiegen die italienischen Diäten auch weiterhin mit 3,9 Prozent jährlich ganz stattlich. Daran hatte auch der Milliardär an der Spitze des italienischen Staates, der gerade erneut gewählt wurde, nichts geändert. Wenig verwunderlich ist daher, dass 75-90 Prozent aller neu gewählten Abgeordneten zuvor ein geringeres Gehalt hatten und als Parlamentarier aufstiegen.

Die Autoren des Berichts finden den Hinweis interessant, dass die Erhöhung der Einkommen seit 1994 einen Zusammenhang mit dem Qualitätsverlust der Abgeordneten hinsichtlich ihrer Fähigkeiten und ihrer Ausbildung deutlich mache. Es bestehe ein "negativer Zusammenhang zwischen der Qualität der gewählten Abgeordneten und dem parlamentarischen Einkommen". Sollte das verallgemeinerbar sein, wäre das tatsächlich interessant, weil mit höheren Diäten u.a. das Begehren, seinen Job zu behalten, stärker wird.