Der Krieg der USA gegen den Irak wird schon geübt

Angeblich ist das Land X, das für das gerade stattfindende, bislang größte Wargame des US-Militärs den Gegner darstellt, der Irak

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Man kann davon ausgehen, dass die US-Regierung gegenwärtig bei aller Kritik die Schritte einleitet, um in irgendeiner Form gegen den Irak vorzugehen. Ein Zeichen dafür könnte sein, dass der US-Energieminister Spencer Abraham andere Länder dazu aufgefordert hat, ihre Ölvorräte aufzufüllen. Überdies werden nicht nur Angriffspläne von den Militärs auf dem Papier ausgeheckt, sondern gerade auch in der bislang größten Truppenübung Millennium Challenge 02 durchgespielt (Informationstechnik für die Kriegsführung).

Soldaten der Air Force bei Millennium Challenge

Natürlich hatte Energieminister Abraham jede Verbindung seines Rats mit einem Angriff auf den Irak weit von sich gewiesen: "Wir haben vorgeschlagen, dass auch andere, nachdem wir begonnen haben, unsere Reserven aufzustocken, daran denken sollten, sicher zu stellen, dass ihre Reserven angemessen sind. Ich glaube, jeder sieht ein, dass eine solche Aktion weise ist."

Bei einem Angriff auf den Irak werden die Preise für Öl schnell in die Höhe gehen. Daher füllen die USA ihre strategische Reserve auf. Überdies mehren sich die Hinweise auf zunehmende Differenzen zwischen den USA und Saudi-Arabien. Auch wenn sich die USA nun vermehrt auch im Mittleren Osten wie in Kasachstan sowie in Russland um Zugang zu Öl bemühen, ist die Abhängigkeit von Saudi-Arabien noch groß. Ein Regimewechsel im Irak mit seinen großen Erölvorkommen könnte daher auch deswegen interessant sein, weil dann die Notwendigkeit, politisch auf Saudi-Arabien Rücksicht zu nehmen, geringer werden würde.

Während der Irak gerade mit immer neuen Angeboten zu erneuten Waffeninspektionen versucht, die Legitimität eines Angriffs zu unterminieren und Zeit zu gewinnen, haben sowohl Regierung wie Abgeordnetenhaus das Angebot, eine Delegation in den Irak zu schicken, um dort ungehindert nach Massenvernichtungswaffen zu suchen, abgelehnt. Es sei nicht die Zeit für Gespräche über Waffeninspektionen, sondern der Irak müsse abrüsten. Daher hat US-Präsident Bush auch schon deutlich gesagt, dass selbst die Weideraufnahme von Waffeninspektionen nichts daran ändern, dass Hussein gestürzt werden muss.

Soldaten der Air Force bei Millennium Challenge

Während man anderswo noch Warnungen über die Folgen eines Militärschlags äußert, auf die Gefahren hinweist, die aus der Solidarität in der arabischen Welt mit dem Diktator gegen die USA, aber auch aus einem erfolgreichen Sturz von Hussein entstehen könnten, oder wie Bundeskanzler Schröder verkünden, sich an einem solchen Abenteuer nicht zu beteiligen, scheint es der US-Regierung eher nur noch um das Wie und Wann zu gehen, also um die Lösung strategischer Probleme.

Dazu soll auch die größte vom US-Militär in seiner Geschichte durchgeführte Übung vom 24. Juli bis zum 15. August einen Beitrag leisten. Das 235 Millionen Dollar teure Wargame Millennium Challenge 02, an dem über 13.000 Soldaten aller Streitkräfte teilnehmen, verbindet Truppenübungen und Computersimulationen an verschiedenen Orten in den USA. Vornehmlich geht es dabei um den Informationsfluss und die Sicherung der Informationsüberlegenheit. Die Kommandeure haben dabei nicht nur militärische Mittel zur Verfügung, sondern es geht auch um den Einsatz von wirtschaftlichen, politischen und diplomatischen Mitteln. Die zu erwartenden Angriff in der Zukunft, so General William Buck, der Kommandeur des Joint Forces Command, erlauben es nicht mehr, nur militärisch zu reagieren. Das ist es, was unter dem Konzept der "Rapid Decisive Operations" (RDO) trainiert werden soll.

Millennium Challenge

Fiktiver Gegner in der Übung ist ein Land X. Mehr war bislang nicht zu erfahren, da das Szenario des Kriegsspiels geheimgehalten wird. Es soll dabei aber ein Erdbeben in dem Land X geschehen, das ein Chaos und einen Militärputsch auslöst. Zudem soll es um die Besetzung von ein paar Inseln in einer Region gehen, in der die wichtigsten Ölvorräte sich befinden. Für das Spiel seien über 14.000 "wirkliche Ziele" aus dem Land X genommen worden, sagte der das Kriegsspiel überwachende Brigadegeneral James Smith. "Wir benutzen wirkliche Datenpunkte von einem wirklichen Land." Dabei seien neben militärischen auch wirtschaftliche, politische und informatorische Gesichtspunkte berücksichtigt worden.

William M. Arkin, Militärberichterstatter für die Washington Post, will nun herausbekommen haben, welches Land nun das geheime X sein soll. Man muss natürlich nicht lange überlegen: "Das Land X ist der Irak. Während in den Medien mit Kriegsplanungen für ein Desert Storm II auf bizarre Weise herumgespielt wird, vernichtet die Einsicht von MC 02 in das aktuelle Denken im Pentagon die traditionelle Vorstellung von den US-Streitkräften, die mitten in Bagdad eindringen."

Das Land X im Kriegsspiel verfügt über Massenvernichtungswaffen und andere moderne Waffen. Die 20 irakischen Divisionen, gegen die gekämpft wird, sollen nicht so leicht zu besiegen sein, will Arkin erfahren haben. Sie sollen sich der Kriegsführung anpassen, sich zerstreuen und schließlich auch in kleinen Gruppen kämpfen. Für die US-Soldaten sind alle möglichen Überwachungssysteme entscheidend, beispielsweise kleine unbemannte Flugzeuge wie Dragon Eye, die auf allen vier Seiten mit Kameras ausgestattet sind, oder kleine unbemannte Landroboter wie Dragon Runner, die mit Video- und Audiosensoren ausgestattet sind und als Vorwarnsysteme dienen sollen. Geübt wird etwa der Einsatz von Spezialkommandos in Städten.