Der Mensch und die Fische

nachtfischen mit einer Lampe und einem Netz. Byzanthinisches Bild aus dem 11. Jahrhundert. Bild: Galili, E. Rosen, B. 2007, "Fishing Gear from a 7th Century Shipwreck off Dor, Israel, International Journal of Nautical Archaeology, 36(1):1-10, p. 8.

Im Rahmen der Bestandsaufnahme des marinen Lebens wird auch untersucht, wie der Mensch in der Vergangenheit das Leben im Meer verändert hat

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Die Größe der Fische schrumpft. Das aber nicht erst in letzter Zeit, wie man meinen könnte. Wissenschaftler haben anhand von alten Schiffbüchern, literarischen Texten, Abrechnungen, Gemälden, juristischen Dokumenten, Menüs in Restaurants oder Trophäen versucht herauszubekommen, wie sich die Fischpopulationen über die Zeit hinweg verändert haben. Danach begann die Größe der Süßwasserfische bereits im Mittelalter in Europa zu sinken. Zur selben Zeit habe man auch begonnen, auf Meeresfische umzusteigen.

Im Rahmen des vom Census of Marine Life unterstützten Projekts History of Marine Animal Population (HMAP) haben die Wissenschaftler für die heute beginnende zweite Konferenz Oceans Past einige Ergebnisse vorgelegt. Für 2010 ist eine umfassende Bestandsaufname des marinen Lebens geplant, die von Wissenschaftlern aus 80 Ländern im Laufe von zehn Jahren durchgeführt wurde. Dabei werden auch die ausgestorbenen Arten erfasst oder die Zahl der Arten geschätzt, die noch unbekannt sind. Erreicht werden soll damit nicht nur ein größeres Wissen über das Leben in den Meeren, sondern auch eine wissenschaftliche Grundlage zum Schutz der Artenvielfalt, was beispielsweise Fischfangquoten, Schutz von Lebensräumen oder Umweltschutz betrifft.

Verschiedene Formen des Fischens im römischen Zeitalter. Mosaik vom Ende des 4. Jahrhunderts aus Carthago. Bild: Yacoub, M., Splendors of Tunisian Mosaics, Tunis, 1995, Fig. 175.

Schon im mittleren Steinzeitalter vor 300.000 bis 30.000 Jahren haben die Menschen begonnen, an den Küsten Schalentiere, Finnwale und andere Meeressäugetiere zu fangen. 200 Jahre vor Christi Geburt sollen nach lateinischen und griechischen Versen Römer begonnen haben, mit Schleppnetzen Fische zu fangen. Maria Lucia De Nicolò von der Universität Bologna hat herausgefunden, dass neue Boote und Ausrüstungen im 16. Jahrhundert den Übergang von der Fischerei vor den Küsten zu größeren Meerestiefen ermöglicht hat. Die wirkliche Revolution habe im 17. Jahrhundert stattgefunden, als Netze von zwei Booten gezogen wurden.

1957 konnten die Sportfischer vor Florida noch riesige Fische in Massen fangen. Bild: Monroe County Library

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist die Heringsfischerei aufgrund der Überfischung durch extreme Wetterverhältnisse zusammengebrochen. Danach haben sich die Quallen vermehrt, die Heringen als Nahrung dienen, wodurch sich die Nahrungsketten verändert haben. Die ausgedehnte Schifffahrt brachte immer mehr invasive Arten in für diese neue Lebensräume und trägt damit zur schnellen Veränderungen der Ökosysteme bei.

Seit der Industrialisierung ist der Bestand vieler Arten erheblich geschwunden. Bevor die Jagd mit Harpunen im frühen 19. Jahrhundert begann, soll es um Neuseeland um die 27.000 Südliche Glattwale gegeben haben, 30 Mal mehr als heutzutage. Während es 1925 vermutlich gerade noch 25 Walkühe gegeben hat, die Population also am Aussterben war, ist die Gesamtzahl jetzt wieder auf etwa 1000 angestiegen. Da Neuseeland erst Ende des 13. Jahrhunderts von Polynesiern besiedelt wurde, lässt sich dort leichter eine überschaubare Geschichte der menschlichen Einwirkung auf die Lebewesen im Meer erstellen, beispielsweise eben auf die Population der Südlichen Glattwale. Die Dezimierung der Walbestände dürfte die die Nahrungskette und damit das marine Leben um Neuseeland massiv verändert haben.

Nach britischen Wissenschaftlern wimmelte in den Küstengewässern Cornwalls vor Blauwalen, Orkas und Blauhaien, Delfine wurden regelmäßig in Binnengewässern gesichtet. Bekannt ist, dass extensive Fischerei auch die Größe, Vielfalt und Zahl der Arten erheblich beeinflusst. Der Vergleich von Fotos aus verschiedenen Zeiten macht das deutlich. In diesem Fall handelt es sich um die zunehmend in Zahl und Größe schrumpfende Beute von Sportfischern.

Bild: HMAP / CoML