Der falsche Schwager

Scheich Khalid Bin Mahfouz verklagt Autoren und Verlage wegen der Behauptung, er sei ein Terrorfinanzier und mit Osama Bin Ladin verschwägert

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Mit einer schwer verkäuflichen F-27 Turboprop fing alles an, vor 30 Jahren, als sich James R. Bath, Flugzeugmakler in Houston, über zwei junge Saudis freute, die sich für die Maschine interessierten. Dass er mit dem Verkauf an den damals 25-jährigen Salem Bin Ladin und seinem Kumpel, Khalid Bin Mahfouz, zwei der "golden boys" des saudischen Königreichs - die Erben des größten Baukonzerns und der größten Bank des Nahen Ostens - zu Kunden gewonnen hatte, war für Bath wohl der erfolgreichste Geschäftsabschluss seines Lebens.

Er wurde zum Tutor der beiden, 1976 zum Vermögensverwalter und Treuhänder. Bald schon entwickelten die Bin Ladens Bauprojekte in Texas zusammen mit James Baker II - dem Bush-Anwalt und späteren Minister - und Kapital von Bin Mahfouz eilte herbei, um die defizitäre Ölfirma "Harken Energy" und ihren Direktor, George W. Bush, zu retten. James R. Bath - mit Bush seit der gemeinsamen Zeit in der "Champagner Liga" genannten "Air National Guard" befreundet - war der "Taufpate" einer sehr einträglichen Geschäftsverbindung, so Craig Unger in seinem investigativen Report House of Saud, House of Bush über die "in der folgenden Generation über 1, 4 Milliarden $ an Investitionen und Aufträgen an Firmen flossen, die eng mit den Bushs verbunden waren" ("Verleumdungsklagentourismus" in Sachen Terrorismus).

Nach dem Flugzeugabsturz Salem Bin Ladens 1988 übernahm Khalid Bin Mahfouz dessen Beteiligungen in den USA. Zu dieser Zeit war er schon Anteilseigner (20%) und Direktor der "Bank for Credit and Commerce" (BCCI), einem weltumspannenden Finanz-Konglomerat, das unter anderem als Geldwäscheinstitut für die Drogen- und Waffengeschäfte des Iran-Contra-Skandals gedient hatte. Auch James R.Bath war zeitweilig einer der Direktoren der BCCI-Bank.

Als die Betrügereien der BCCI aufflogen, galt dies 1991 als der größte Finanzskandal aller Zeiten - ein Untersuchungsausschuss des US-Kongresses, unter Leitung von John Kerry, untersuchte die Affäre - eingehend allerdings nur bis zu dem Punkt, an dem hinter dem Bauernopfer Oliver North auch Vizepräsident Bush in die Schusslinie zu geraten drohte. BCCI-Direktor Khalid Bin Mahfouz entging 1993 einer Verurteilung gegen Zahlung eines kleinen Bußgelds:

Khalid stimmte einer Zahlung von 225 Millionen $ zu, einschließlich einer Strafe von 37 Millionen. Khalid war mit der "National Commerce Bank" außerdem an einer 253 Millionen $ Zahlung beteiligt, mit der Forderungen von BCCI-Kreditgebern getilgt wurden.

Forbes Magazine

Insofern ist dem Scheich schwer zu widersprechen wenn er auf seiner offiziellen Webseite bekundet, dass er nie als Chef des größten Geldwäsche- und Terrorfinanzierungsinstituts aller Zeiten verurteilt wurde, sondern nur wegen "technischer Fehler" ein Bußgeld zahlte. Froh, wer derlei Bußen quasi aus der Portokasse begleichen kann. Der Mahfouz-Clan wird für 2002 mit 4 Milliarden US-Dollar Vermögen auf der Forbes-Milliardärsliste geführt.

Dass davon auch einmal 270.000 Dollar an die Organisation Osama Bin Ladens gingen, bestreitet Bin Mahfouz nicht. Doch dies sei 1988, noch auf Bitten seines älteren Bruders Salem, geschehen und hätte im Einklang mit der US-Außenpolitik dem Kampf gegen die Sowjets in Afghanistan gedient. Seitdem will der Scheich keinerlei Spenden an terroristische Organisationen mehr geleistet haben und verweist in diesem Zusammenhang auf eine Klage gegen das Wall Street Journal, bei der das Gericht befunden hatte, "dass dies keinen vernünftigen Grund darstellt, einen Verdacht der Förderung Osama Bin Ladens oder Al Qaida zu erheben."

Diesem Verdacht sieht sich Scheich Khalid seit dem 11.9. 2001 verstärkt ausgesetzt - und zieht dagegen mit einem Bataillon von Top-Anwälten zu Felde, die vom "Wall Street Journal" bis zu alternativen Websites mit Abmahnungen und Klageandrohungen gegen die Behauptung vorgehen, KBM sei ein Finanzier des Terrors und der Schwager Osama Bin Ladens. Im Juli wurde in Jean-Charles Brisard, Ko-Autor des Buchs "Die verbotene Wahrheit", von einem Gericht in London verurteilt, nicht länger zu behaupten, dass Khalid Bin Mahfouz einer der wichtigsten saudi-arabischen Förderer von al-Qaida sei, als Bankier eine führende Rolle bei der Finanzierung des Terrorismus spiele und seine Schwester mit OBL verheiratet sei.

Letzeres hatte ich in der Telepolis-Serie "WTC-conspiracy" ebenfalls behauptet, wobei als Quelle für die Schwagerschaft eine in diesem Fall nun wirklich glaubwürdige Quelle diente: die CIA. Deren Direktor James Woolsey hatte 1998 vor einem US-Senatsauschuss ausgesagt, KBMs Schwester seine eine von OBLs Frauen. In der Klage gegen das "Wall Street Journal" hat Woolsey als Zeuge das mittlerweile widerrufen und mit einer Verwechslung erklärt. Seitdem sind KBMs Anwälte dabei, Gegendarstellungen einzuklagen - die Webseite des Scheichs ziert mittlerweile eine lange Liste der "Richtigstellungen".

Wir müssen an dieser Stelle nicht nur den falschen Schwager, sondern auch noch den falschen Schwiegervater korrigieren, den ich im Februar 2002 In die verbotene Wahrheit aus dem Buch von Brisard übernommen hatte, zusammen mit einem falschen Geburtsdatum (1928) des Scheichs. Khalid Bin Mahfouz ist aber 1949 geboren -und war, wie gesagt, nie mit Osama Bin Ladin verschwägert. Auch dass er zusammen mit dem Leiter der 9/11-Kommission, Thomas Kean, gemeinsam an der Ölexplorationsfirma "Delta" beteiligt ist - wie wir in Aktenzeichen 9/11 - ungelöst geschrieben hatten -, wurde von KBM mittlerweile richtiggestellt: Sein Sohn war an Delta beteiligt, aber der Anteil wurde bald wieder verkauft.