Die Brücke über dem Fluss

Kosovska Mitrovica - ein halbes Jahr nach den Märzunruhen und wenige Wochen vor den Parlamentswahlen. Eine Reportage aus der ethnisch geteilten Stadt im Kosovo

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Eine Rückkehr zehntausender Flüchtlinge und Aussichten auf eine Entspannung für die nicht-albanische Bevölkerung ist im Kosovo weiterhin nicht in Sicht. Anstatt den jüngsten Opfern der Gewaltwelle im März (<. Terror im Kosovo) entgegenzukommen, übt die "Internationale Gemeinschaft" Druck aus. Wer an den Wahlen am 23. Oktober für ein neues Kosovo- Parlament nicht teilnehme, würde auch keine Chance auf Entscheidungen in der Kosovo-Statusfrage bekommen, so der neue UNMIK-Chef Jessen-Petersen (Personalwechsel in Pristina). Im Norden von Kosovska Mitrovica - der Stadt, in der die Märzunruhen ihren Anfang nahmen - ist der Glaube, über die Zukunft Kosovos mitentscheiden zu können, ohnehin tief erschüttert.

Das Symbol von Mitrovica. Eine zweite Brücke findet sich 500 Meter entfernt. Foto:Stefan Tenner

Ein richtiges Stadtzentrum sucht man in Nord-Mitrovica vergeblich. Ein paar heruntergekommene Wohnhäuser, Verkaufsbuden und Cafes verteilt an einer Straßenkreuzung. Das ist alles. Plastikstühle und prallgefüllte Netze mit saftig roten Paprikas versperren regelmäßig den Weg. Es ist früher Morgen. Zahlreiche Bäckerläden verbreiten den Duft von frisch gebackenem Brot. Auf der einzigen schmalen Hauptstraße, die bergab zur Brücke führt, passieren gelegentlich die unförmigen Fahrzeuge von UN und KFOR. Auf dem Fußweg verkaufen die Leute, was der heimische Garten hergibt und alles, was nützlich ist. Und nützlich scheint alles zu sein.

Ein Wettbüro hat schon am frühen Morgen geöffnet. Die Luft ist voller Qualm, während mehr als ein Dutzend zerzauste Männer auf flackernde und laut dröhnende Bildschirme starren. Zur gleichen Zeit interessiert sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite kein Mensch für die TV-Übertragung aus Den Haag, die in einem Cafe läuft. Sport scheint hier eindeutig Vorrang gegenüber Politik zu haben. Und doch gibt es einen nahe gelegenen Laden, der beide Sachen vereint. Sascha Gvozdic betreibt hier seinen Angelshop und das Büro seiner Organisation: Die Mission der Leute des guten Willens.

Der Name ist Programm. Er ist einer der wenigen, der aus eigenem Antrieb in den letzten Jahren versucht hat, der Trennung der Stadt etwas entgegenzusetzen. Mit Begegnungen zwischen Kindern und Jugendlichen, die allein aufgrund ihrer Ethnie hier oder eben im Süden der Stadt leben. "Es sieht so aus, als seien die Serben ein bisschen toleranter", tritt er dem Klischee eines ausschließlich serbischen Nordens entgegen. Albanische Familien gäbe es auch im Stadtteil "Klein-Bosnien" oder direkt am Ibar-Fluss in den "Drei Türme" genannten Hochhäusern, von denen noch vor einem halben Jahr aus scharf geschossen wurde. Auch in anderen Strassen leben albanischen Familien ohne Probleme. Im Süden von Mitrovica gäbe es hingegen keinen einzigen Orte, an denen Serben so leben könnten.

"Wir lebten trotzdem getrennt..."

"Mitrovica war eine gemischte Stadt", erinnert sich Sascha, der hier geboren und aufgewachsen ist und dessen Familie hier bereits seit 200 Jahren wohnt. "Wir haben mit den Albanern zusammengelebt und hatten Freunde, aber trotzdem lebten wir getrennt." Schon in der Schule gab es immer wieder Rangeleien. Die Gegensätze waren groß. Unterschiedliche Sprachen und Kulturen trafen aufeinander. Gemischte Ehen waren rar, denn das sei immer mit großen Problemen für beide Seiten verbunden gewesen. So sei der heute 36-Jährige mit der Situation aufgewachsen. Dass Mitrovica einmal eine geteilte Stadt sein würde, hätte Sascha allerdings niemals erwartet.

Wichtigster Brennpunkt wurde die zentrale Brücke über dem Fluss Ibar, der Nord- und Süd-Mitrovica teilte. Sascha war noch ein Kind, als sie errichtet wurde. Im Sommer 1999 kamen französische KFOR-Soldaten in die Stadt und bauten sie zum Modernsten um, was Mitrovica zu bieten hatte. Neonlichter und eine geschwungene Metallkonstruktion brachten jedoch allein keinen Frieden. Gewalttätige Zwischenfälle zwischen Serben, Albanern und den auf der Brücke platzierten "Internationalen" verliehen der Brücke etwas Symbolisches:

Das war wie eine Grenze zwischen uns. Weniger als eine, dass es Albanern nicht möglich war hierher zu kommen, sondern dass Serben sich selbst, ihre Häuser und ihr Leben verteidigt haben.

Sascha Gvozdic aus Nord-Mitrovica. Foto: Stefan Tenner

Die Lage entspannte sich in den vergangenen Jahren zusehends. Vor zwei Jahren hat Sascha auf dem Grundstück seiner Eltern in Zvecan, einem Vorort von Mitrovica, schließlich ein Haus gebaut. "Es sah so aus, als wollte ich hier bleiben." Doch heute ist er skeptischer. Nach den nun erneut zerplatzen Illusionen auf ein friedliches Miteinander würde er zumindest seinen beiden Söhnen raten, von hier weg zu gehen. "Es ist hart, so etwas zu sagen. Jeder denkt, dass der Ort an dem man aufwächst der schönste Platz auf Erden ist." Sein ältester Sohn Miodrag kam 1999 nach dem Ende der NATO-Bombardierung in die Schule, sein zweiter Sohn Luka im vorigen Jahr.

"Sie sehen in den Medien, wenn etwas passiert. Für sie sind Albaner Feinde die uns vertreiben wollen. Und sie haben keine Möglichkeit, sich mit jungen Albanern zu treffen, um zu diskutieren und um zu sehen, dass es zwischen ihnen keine Unterschiede gibt. Ich denke, dass das auch für die Albaner dieselbe Situation ist. Sie haben Angst davor, wenn die serbische Polizei wieder herkommt. Sie fragen sich, was dann passieren wird. Das ist wie ein Kreislauf.

Deshalb erklärt er seinen Kindern, "dass alle Menschen gleich sind und nicht eine Nation allein schlecht ist. Überall gäbe es solche und solche Menschen". Aber er befürchte, dass auch die kommenden Generationen mit dieser Angst leben müssen - und auch dem Hass von beiden Seiten. Unter den gegenwärtigen Umständen erwarte er deshalb nicht, dass die Mehrheit der Serben zu den Wahlen gehen wird. Es sei nicht sicher, ob man dabei überhaupt künftige Dinge beeinflussen könne.

Wenn wir teilnehmen, geben wir die Legitimität und wir belegen damit, dass wir Teil dieser Gesellschaft sind. Aber Serben sind gegen ein unabhängiges Kosovo und wir glauben nicht, dass wir unseren Platz in dieser Gesellschaft in einem unabhängigen Kosovo finden werden. Wenn jemand einen Staat mit Gewalt machen will, wollen wir zeigen, dass wir dagegen sind. Das ist unsere Möglichkeit zu zeigen, was wir fühlen und denken. Es müssen erst viele Dinge gelöst werden, bevor wir daran teilnehmen werden.

Ein humanitäres Desaster

Die Ereignisse vor einem halben Jahr, haben bei Sascha alte Erinnerungen an den Sommer 1999 wachgerüttelt, als tagelang serbische Flüchtlingstrecks durch Mitrovica zogen. Nach dem 17. März 2004 trafen nun erneut hunderte Serben aus dem Süden in Nord-Mitrovica ein. Hals über Kopf hatten die meisten ihre Häuser fluchtartig verlassen müssen. Für sie blieb meist nur die Kleidung, die sie trugen. Die meisten hatten überhaupt keine Dokumente bei sich, erinnert sich Tatjana Jaksic:

Es war ein humanitäres Desaster, auch wenn die UN dass nicht so beschrieben hat. Denn wir sprechen hier nicht von Millionen.

Was im März passierte, hat sie tief berührt. Auch Tatjana ist in Mitrovica geboren und aufgewachsen. "Niemand hätte das erwartet und niemand war auf die nun eintreffenden Menschen vorbereitet", sagt sie sichtlich erregt. Einige der Vertriebenen besetzten Häuser in Nord-Mitrovica, die eigentlich für Flüchtlinge des Kroatien-Krieges bestimmt waren. Die Mehrheit zog aber in das städtische Gymnasium, wo sie bis heute sind. "Das sind einige Hundert, die dort unter schlechten Bedingungen leben. Es gibt kein Bad und keine Möglichkeit zu Waschen oder Kochen. Die einzige Wasserquelle ist die Schultoilette. "

Tatjana kümmert sich nicht nur persönlich sondern auch beruflich um die Vertriebenen, die"IDPs" (Internal Displaced Persones). Sie leitet das IDP-Informationszentrum in Mitrovica, das von UNMIK ins Leben gerufen und von der dänischen Regierung unterhalten wird. Sie listet all diejenigen Vertriebenen auf, die nun irgendwo in Kosovo oder Serbien auf Rückkehr in ihre Häuser warten. Während der Märzunruhen kamen nun noch einmal fast 4.000 neue Fälle hinzu. Obwohl es keine offiziellen Zahlen gebe, gehe Tatjana Jaksic davon aus, dass es bis zum März 200.000 vertriebene Serben und Roma gab. Innerhalb von fünf Jahren seien lediglich einige Tausend von ihnen zurückgekehrt, während im Sommer 1999 anderthalb Millionen Kosovo-Albaner innerhalb von zwei Monaten zurückkehren konnten.

Viele, die nun teilweise schon seit fünf Jahren vertröstet werden, wünschten nun, im Norden des Kosovo leben zu können, muss Tatjana bei ihrer Arbeit mit den Vertriebenen immer wieder feststellen. Doch das verstoße gegen die Rückkehr-Politik der UNMIK:

Sie sollen zurück nach Hause gehen, selbst wenn sie nicht ihre Sicherheit garantieren können. Das Kosovo soll multiethnisch sein, das ist deren Erklärung. Die Leute interessieren sich aber nicht für ein multiethnisches Kosovo, sondern um die Sicherheit von sich selbst und ihrer Familie.

Somit laufe alles derzeit darauf hinaus, dass die Serben gegen ihren Willen das Kosovo verlassen müssten. Neue Unruhen würden dazu führen, dass sie sich in Serbien heimisch machen würden. Aber all das sei eine politische Frage, die sie nicht beeinflussen könnte, erklärt Tatjana resigniert.

Vor der Zukunft hat sie Angst, denn keiner wüsste, was passieren wird. Man lebe im Moment von heute auf morgen, Pläne für die Zukunft habe sie nicht. Aus der Politik halte sie sich heraus und steht der gegenwärtigen Entwicklung in Pristina ebenso resigniert gegenüber.

Ich bin gegen Repräsentanten jeglicher Nationen, wenn ihnen kein Freiraum zum Arbeiten gewährt wird und sie kein Ergebnis erreichen. Ich sehe kein Ergebnis der serbischen Abgeordneten im Kosovo-Parlament. Selbst wenn wir den stellvertretenden Platz im Parlament hatten. Ich sehe keine Chance für diese Leute, einen Einfluss auf strategische Gestaltung des Kosovos zu haben. Wenn es dazu kein Ergebnis gibt, was ist dann der Sinn?

Roma Mahala soll wieder entstehen

Nicht nur die Tausenden von Serben, sondern auch die Roma können nicht wieder in ihre Häuser zurückkehren. Im Süden Mitrovicas wohnten noch vor fünf Jahren über 8.000 Romas in der Wohnsiedlung "Roma Mahala", heute ist kein einziger von ihnen mehr hier. In der Nähe des Ibar-Flusses sieht es auf dem 21 Hektar großen Areal gespenstisch aus. Vereinzelt stehen Häuserruinen und Trümmer, dazwischen überwuchert Gras das riesige Gelände. Keines der einst 750 Wohnhäuser und 300 Hütten steht mehr. Denn die Roma hatten einen Fehler gemacht.

Nach dem Abzug der serbischen Polizei und Armee im Sommer 1999 fühlten auch sie sich nicht mehr sicher und flohen wie die Serben Richtung Norden. Damit wurden sie als Kollaborateure der Belgrader Regierung betrachtet. Ihre Häuser wurden geplündert und abgebrannt. Alles, was noch irgendwie brauchbar erschien, wurde über die Jahre als Baumaterial abgetragen. Heute leben die Roma in Serbien oder Montenegro, oft unter erbärmlichen Bedingungen. Andere schafften es nach Westeuropa. Im Kosovo gibt es nun nur noch 90 Familien aus Roma-Mahala, die seit fünf Jahren in Barackensiedlungen in Nord-Mitrovica und der Umgebung leben müssen.

Ein Roma besichtigt sein ehemaliges Haus in der Roma Mahala in Süd-Mitrovica. Foto: DRC

Vom UNHCR wurden diese einst als Improvisorium eingerichtet. Auch hier blockiert die offizielle Rückkehrpolitik eine dauerhafte Lösung. Mittlerweile sind die Baracken stark durch Wind und Wetter zerstört worden, in einigen dieser Camps gibt es noch immer kein fließendes Wasser. Die WHO hatte hier zudem eine hohe Konzentration von Blei festgestellt. Denn oftmals gibt es für die Roma keine andere Möglichkeit, die Familien zu ernähren, als illegal Blei zu schmelzen. Damit vergiften sie sich nicht nur selbst. Roma-Kinder sind derzeit fünf- bis zehnmal mehr mit Blei vergiftet als serbische und albanische Kinder aus der Region.

Marijana Pantic will diesem Zustand ein Ende setzen. Für die junge Frau ist das zugleich auch eine große Herausforderung, denn jeder Tag zähle. "Es ist unmöglich für die Roma, weiterhin dort zu bleiben. Es ist für sie wirklich eine Frage von Leben oder Tod."

Somit entstand das derzeit wohl ehrgeizigste Rückführungsprogramm für das Kosovo. Der Dänische Flüchtlingsrat (DRC) befasst sich seit Anfang des Jahres mit dem Wiederaufbau von Roma Mahala. Marijana koordiniert das Ganze und stößt immer wieder auf Widerstand der lokalen Behörden in Süd-Mitrovica. Nach dem Märzunruhen war monatelang Funkstille, danach wurde immer mehr klar, dass es nur wenig Interesse an einer Zusammenarbeit gebe.

Probleme mit der lokalen Behörde

Marijana könne dies einerseits verstehen, "denn Roma haben viele dieser Häuser illegal gebaut. Doch es muss eine Möglichkeit geben, diese zu legalisieren. Schließlich ist das wohl kein schlimmes Verbrechen." Außerdem sei für die Stadt das Gelände als Erholungs- oder Gewerbegebiet sicher viel attraktiver:

Niemand hat bisher das Recht auf Rückkehr verweigert. Denn jeder weiß, dass es diese Siedlung bereits 100 Jahre lang gab. Aber sie benutzen andere Entschuldigungen und verlangsamen den ganzen Prozess und machen es so schwer.

So seien die Behörden mit Eigentumspapieren sehr kleinlich, während es bei anderen Rückkehrprojekten wesentlich unbürokratischer zuginge. Seit Wochen warte man nun endlich darauf, den Bebauungsplan übergeben zu können. Ein Vorsprachetermin wurde immer wieder verschoben. "Schuld daran ist die bisherige Politik der UNMIK. Dabei wurde in den vergangenen Jahren immer mehr Macht auf lokale Strukturen verlagert", hat Marijana feststellen müssen. Die lokalen Verantwortlichen seien entweder nicht genug vorbereitet, hätten zuviel Macht oder seien nicht an einer Problemlösung interessiert. Nun müsse die UNMIK warten, bis die lokalen Verantwortlichen sich entscheiden.

Das südliche Mitrovica heute

Es ist Nachmittag geworden. Im Süden von Mitrovica herrscht reges Leben. Am Straßenrand warten unzählige Taxis auf Kundschaft. Touristenbüros laden nach Deutschland ein.Die letzten Melonen dieser Saison liegen bergeweise aufgetürmt am Straßenrand. Auf dem Fußweg entlang der Straße, die nach Pristina hinausführt, klafft alle paar Meter ein Graben. Immer wieder steht eine Gruppe älterer Herren daneben, während jüngere Männer Kabelrollen und Rohre anschleppen. Gekreische kommt aus einer Ecke, wo eine Riesengondel vollbesetzt mit jungen Menschen hin- und herpendelt.

Gleich hinter der Brücke, in der so genannten Vertrauenszone, befindet sich CBM (Community Building Mitrovica), eine albanische Organisation, die Kontakte zwischen den Ethnien reaktivieren will. Hier haben vor ein paar Jahren Serben und Albaner begonnen, gemeinsam zu arbeiten. Ein Experiment und Vorzeigeprojekt, das erfolgreich war. Bis zum März diesen Jahres. Seitdem gibt es zwei Büros, eins im Süden und eins im Norden. Denn die Sicherheitssituation ermöglicht es den Serben bislang nicht, die Brücke zu überqueren. "Zumindest ist man nie sicher, ob man hinterher auch wieder zurückkommt", erklärt Valdete die veränderte Situation.

Valdete Idrizi leitet das albanische Büro. Zuvor hatte sie im Norden der Stadt gelebt. Serbische Paramilitärs hatten sie jedoch aus ihrer Wohnung vertrieben, alle Versuche, nach 1999 wieder zurückzukehren scheiterten. Inzwischen hat sie diesen Plan aufgegeben und wohnt seit fünf Jahren in Süd-Mitrovica. Auch sie hätte niemals daran geglaubt, dass Mitrovica irgendwann eine geteilte Stadt sein würde. Die Ereignisse vom März haben sie sehr entmutigt, denn ihre serbischen Kollegen bekamen große Angst. Aber auch Valdete und einige Kollegen waren in Gefahr, als sie sich im März gewalttätigen Albaner entgegenstellten, bevor die orthodoxe Kirche in Süd-Mitrovica angezündet wurde.

Valdete Idrizi von CBM aus Süd-Mitrovica. Foto: Stefan Tenner

Dennoch glaubt Valdete fest daran, dass man bald nach den Wahlen wieder ein gemeinsames Büro betreiben werde. "Unsere Beziehung ist noch immer die gleiche und das Vertrauen ist da, worauf ich sehr stolz bin." Von den bevorstehenden Wahlen weiß sie hingegen nicht, was sie erwarten soll.

Ich bin nicht sehr optimistisch, dass eine große Anzahl von Serben hingehen wird. Ich denke, es kann nichts Schlimmeres geben, als das was getan wurde. Ich hoffe, dass die Politiker, von all diesen Fehlern gelernt haben. Und das es nicht zur selben Situation kommt. Ich habe mich bislang noch nicht entschieden, wem ich die Stimme geben werde.

Wie die Mehrheit der Albaner hofft auch Valdete auf ein unabhängiges Kosovo, "jedoch auf eins, dass nicht ein rein ethnisch kosovo-albanisch ist, sondern ein Kosovo für alle Menschen, die hier leben wollen. Das müssen die Albaner verstehen."

Ladenschluss

Mittlerweile ist es dunkel geworden. Sascha will bald Feierabend machen. Denn der Strom sei heute früher ausgefallen als sonst. Später wird er wieder an "seiner" Fabrik vorbei fahren, um nach Hause zu kommen. Die Trepca-Mine ist seit Jahren geschlossen und bedeutete Aufstieg und Niedergang von Kosovska Mitrovica. Das einstige Symbol der Stadt ist längst von der "Brücke über dem Fluss" abgelöst worden.

Während Sascha an seiner Gaslampe schraubt, dröhnt von draußen ein anschwellendes schweres Brummen durch die Stadt. In den Cafes werden nach und nach die mit Benzin betriebenen Stromaggregate zugeschaltet. Seit Jahren gibt es in Mitrovica Strom und Wasser nur stundenweise. Warum das noch immer noch so ist, fragt sich hier keiner mehr. "Man gewöhnt sich hier fast an alles, aber das ist das Gefährliche", sagt Sascha trocken und schließt seinen Angelshop für heute.