Die Gefräßigkeit der Server

Stromverbrauch der Datenzentren wächst jährlich um 16 Prozent, der IKT-Sektor gibt derzeit bereits so viele CO2-Emissionen ab wie die Luftfahrt

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Server und andere Internet-Infrastruktur erweisen sich zunehmend als bedeutsame Stromfresser. Bislang gibt es aber kaum verlässliche weltweite Daten darüber, wie viel in diesem Bereich tatsächlich verbraucht wird und mit welcher Zunahme in den nächsten Jahren gerechnet werden muss. Nach einer von AMD veröffentlichten Studie von Jonathan G. Koomey (Lawrence Berkeley National Laboratory) hat sich der Stromverbrauch bei den weltweit installierten Servern zwischen 2000 und 2005 verdoppelt. Für ihren Betrieb sind 14 Kraftwerke mit einer Leistung von 1000 MW notwendig.

Die USA und Europa haben derzeit einen Anteil von zwei Drittel am Gesamtverbrauch aller Server. In den USA verbrauchten die Server im Jahr 2005 0,6 Prozent des gesamten Stroms, berücksichtigt man auch die Kühlung, so verdoppelt sich der Anteil auf 1,2 Prozent. Weltweit liegt er bei 0,8 Prozent. Jährlich steigt der weltweite Stromverbrauch der Datenzentren um 16 Prozent, im asiatisch-pazifischen Raum (ohne Japan) wächst der Stromverbrauch allerdings jährlich um 23 Prozent, in Westeuropa liegt er mit 17 Prozent auch knapp über dem Durchschnitt.

Für den nach diesen Zahlen erwartbaren Stromverbrauch bis 2010 würden allein für die weltweit installierten Server der Datenzentren 10 zusätzliche 1000 MW-Kraftwerke benötigt werden, für den asiatisch-pazifischen Raum wären zwei Kraftwerke mit dieser Leistung notwendig. Allerdings ist eine Vorhersage kaum möglich, sagt Koomey, der schätzt, dass der Stromverbrauch der Server von 2005 bis 2010 um 40-70 Prozent zunehmen wird. Allerfdings sei die Industrie in letzter Zeit auf den Kostenfaktor aufmerksam geworden, so dass mit Effizienzsteigerungen zu rechnen sei.

Bruce Shaw, Direktor im Vertrieb für Server bei AMD, weist darauf hin, dass das US-Umweltministerium kürzlich geschätzt hat, dass schon mit kleineren Maßnahmen Datenzentren in fünf Jahren den Stromverbrauch um bis zu 20 Prozent senken könnten, beispielsweise allein durch den Einsatz von existierenden Power Management-Methoden oder durch Abschalten von nicht gebrauchten Servern. Würde das weltweit praktiziert, ließe sich der erwartete Anstieg des Stromverbrauchs in Datenzentren halbieren.

Server und Autos

Ein mittelgroßer Server stößt, rechnet man den Stromverbrauch um, so viel CO2-Emission wie ein geländegängiges Sports Utility Vehicle (SUV), heißt es in der Studie An Inefficient Truth der britischen Umweltorganisation Global Action Plan.

Insgesamt habe die IKT-Branche mit einem Anteil von 2 Prozent an den globalen CO2-Emissionen einen ökologischen Fußabdruck, der dem der Luftfahrt entspricht. Letztere würde aber langsamer wachsen als die IKT-Branche. In Großbritannien soll der Anteil der Computer am gesamten Stromverbrauch schon bei 10 Prozent liegen. Ein Viertel des Stromverbrauchs des IKT-Sektors wird von Servern und Datenzentren verbraucht. 30 Prozent des Stromverbrauchs von Computern ließe sich einsparen, wenn die Nutzer ihn abschalten. Das macht wiederum ein Drittel der Angestellten nicht, weil ihnen das Hochfahren zu lange dauert.

Wie man weiß, ist die Vorstellung des papierlosen Büros Unsinn gewesen. Nie wurde so viel Papier verbraucht wie seit dem Aufkommen der Computer. Allein in Großbritannien werden jährlich 120 Milliarden Seiten ausgedruckt, deren Herstellung 1,2 Millionen Tonnen CO2-Emissionen freisetzt. Durchschnittlich druckt der britische Angestellte 22 Seiten aus, oft völlig unnötig.

Die meisten Unternehmen seien sich des Stromverbrauchs nicht bewusst, sagt die Organisation. Nach einer Umfrage unter 120 britischen IT-Verantwortlichen seien sich zwar fast alle klar darüber, dass die Computertechnologie Auswirkungen auf die Umwelt hat. 86 Prozent können aber nicht die Energiebilanz ihrer Abteilung angeben. Über die Hälfte kriegt die Stromrechnungen nicht zu Gesicht. Ein Drittel berücksichtigt beim Kauf von Produkten die Umweltfolgen niemals.

Die Datenspeicherung erfolge überdies "konfus und ineffizient". Nur 40 Prozent der IT-Abteilungen nutzen mehr als die Hälfte des verfügbaren Speicherplatzes. Gerade einmal ein Fünftel hat eine gute Strategie der Datenspeicherung. Der physische Raum für die Computer wird bei zwei Drittel der Abteilungen in zwei Jahren nicht mehr ausreichen. 37 Prozent speichern die Daten endlos, auch aufgrund gesetzlicher Vorschriften. Die Vorratsdatenspeicherung ist also nicht nur ein Kosten-, sondern auch ein Klimaproblem.