Die Hamas als regressive Rechtsradikale und die Eiertänze der Linken

Seite 2: Kurswechsel in Paris: Auf Abstand zu Israel

In den letzten Amtsjahren von Staatspräsident Charles de Gaulle, vor allem aber unter dessen erstem Amtsnachfolger (1969 bis 74) und Parteifreund Georges Pompidou erfolgte ein Kurswechsel, hin zu einer Annäherung an mehrere arabische Regimes, unter ihnen wurde besonders die damalige irakische Diktatur ab den frühen 1970er-Jahren bevorzugt behandelt.

Frankreich versuchte auf diese Weise, verlorenen Boden im arabischsprachigen Raum zurückzugewinnen. Es ging in dieser Ära auf stärkeren Abstand zum Staat Israel, ohne vollständig das Bündnis mit ihm aufzukündigen.

Entsprechend positionierten sich französische Regierungen bis hin zur Präsidentschaft von Jacques Chirac (1995 bis 2007) eher als "Mittler zwischen Israel und den arabischen Staaten" denn als distanz- und kritiklosen Alliierten der israelischen Regierungen wie die USA.

Dies zeigte sich bei einem Jerusalem-Aufenthalt Chiracs 1996, dessen Besuch im palästinensisch geprägten Ostjerusalem durch die israelische Polizei massiv behindert, durch die Bewohner jedoch bejubelt wurde.

Es waren zwischendurch der "sozialistische" Staatspräsident François Mitterrand (1981 bis 1995) und später dann der postgaullistische konservative Präsident Nicolas Sarkozy (2007 bis 2012), die wiederum eine Kurskorrektur weg von der gaullistischen Linie und hin zu einer stärkeren (Wieder-)Annäherung an Israel vollzogen. Die Regierungs-Sozialdemokratie galt deswegen zeitweilig auch als stärker pro-israelisch denn die gaullistische Rechte.

Diese Frontlinien sind jedoch heute definitiv überholt. Denn die bürgerliche Rechte in Frankreich hat die gaullistische Bemühung um "Äquidistanz" und um stärkere außenpolitische Spielräume, gestützt auch auf Bündnisse unter arabischen Staaten, heute aufgegeben.

Die konservative Oppositionspartei Les Républicains liegt heute in Frankreich weitgehend auf der Linie der israelischen Regierungsrechten sowie der US-Politik. Aber auch der wirtschaftsliberale Staatspräsident Emmanuel Macron (seit 2017), der durch die Konservativen teilweise unterstützt und teilweise als politischer Konkurrent wahrgenommen wird, ist weit distanzloser gegenüber dem Staat Israel als seine Amtsvorgänger vor Nicolas Sarkozy.

Aufgabe einer eigenständigen Rolle französischer Regierungspolitik

Dies widerspiegelt die generelle Wiedereingliederung Frankreichs in eine übergeordnete Gesamtpolitik des "westlichen" Blocks, gegenüber dem de Gaulle – im Namen "nationalen Interesses" - eine stärkere Autonomie in Anspruch zu nehmen versuchte.

Es widerspiegelt auch den weltpolitischen Bedeutungsverlust Frankreichs, unter anderem auch in Verbindung mit seinem Terrain-Verlust in seinem postkolonialen Einflussraum in Afrika und dem Aufkommen neuer Rivalen (bspw. die Türkei im Mittelmeerbecken).

Infolge von Emmanuel Macrons jüngstem Besuch in Israel sowie Ägypten und Jordanien antworteten 65 Prozent der befragten Französinnen und Franzosen mit "Nein" auf die Frage, ob Frankreich eine "wichtige Stimme" im Nahostkonflikt wiedererlangen könne, und 67 Prozent beantworteten die Frage negativ, ob Macron dabei eine wichtige Rolle zukommen könne.

Wie aber stellen sich nun die politischen Lager außerhalb des regierenden Blocks dazu, also die politische Linke einerseits, die Rechte und ihr Extrem auf der anderen Seite des Spektrums?