Die Harmonien des Urknalls

Bilder eines Teleskops zeigen erstmals "Töne" des frühen Universums in der Hintergrundstrahlung

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Mit einem Ballon in Höhe von 37 Kilometern hatten die am BOOMERANG-Projekt beteiligten Wissenschaftler von 16 Universitäten mit einem leistungsstarken Mikrowellenteleskop über 10 Tage lang Daten von der kosmischen Hintergrundstrahlung, dem Überbleibsel des Urknalls. Die ersten Ergebnisse wurden schon letztes Jahr in Nature veröffentlicht, jetzt liegt eine genaue Analyse der Daten vor, die zeigt, dass es innerhalb der Hintergrundstrahlung "akustische Spitzen" gibt.

Vor etwa 12 bis 15 Milliarden Jahren gab es nach der Urknalltheorie das entscheidende Ereignis: eben den Urknall, der in Bruchteilen von einer Sekunde die Merkmale des Universums festlegte und ein Klümpchen an Materie mit einer kolossalen Dichte schuf. Nachdem sich Elektronen und Kerne zu Atomen zusammengeschlossen haben, konnten sich Photonen durch das sich expandierende Universum bewegen. Das Photonengas breitet sich mit dem Universum aus und kühlt dabei allmählich ab. Die Hintergrundstrahlung liegt etwa 2,7 Grad über dem absoluten Nullpunkt. Die Lichtwellen würden, wenn wir im Mikrowellenbereich sehen könnten, ein leichtes Glimmen ergeben.

Die Bilder, die mit BOOMERANG (BOOMERANG (Balloon Observations of Millimetric Extragalactic Radiation and Geophysics) im Jahr 1998 gemacht wurden, zeigten das frühe Universum, als es noch 1000 Mal kleiner und heißer war als heute. Entdeckt wurde die kosmische Hintergrundstrahlung 1965 per Zufall von Arno Penzias und Robert Wilson als sie eine Antenne für Nachrichtensatelliten entwickelten. Bestätigt wurde sie 1991 durch den COBE-Satelliten (Cosmic Background Explorer) der Nasa. Die BOOMERANG-Bilder lieferten aber erstmals scharfe Bilder, die Hunderte von komplexen Gebieten zeigten. Erkennbar werden sie als winzige Temperaturabweichungen, normalerweise 0,0001 Grad Celsius, von der Hintergrundstrahlung. Die sichtbaren Muster gleichen Tonwellen, die durch das frühe Universum ziehen und die Strukturen formen, aus denen sich dann Galaxien bilden.

Der Himmel mit Hintergrundstrahlung in der Antarktis während der Vorbereitung zum Start. BOOMERANG-Bilder vom frühen Universum wurde über den Himmel gelegt, um anschaulich zu machen, in welcher Größe die Fluktuationen für eine 35mm-Kamera erscheinen würde, die Mikrowellen aufnehmen könnte.

Die BOOMERANG-Bilder stammen aus einem Bereich des Himmels, der nur 3 Prozent der Gesamtfläche einnimmt. Nach den ersten Auswertungen hatte sich für die Wissenschaftler schon bestätigt, dass die Inflationstheorie wahrscheinlich richtig und das Universum flach und nicht gekrümmt ist. Die Inflationstheorie geht davon aus, dass das Universum in einer winzigen subatomaren Region durch eine gewaltige Explosion entstanden ist und dass die darauf folgende Ausdehnung den Raum so weit gezerrt hat, dass er flach wurde.

Die genauere Auswertung der Daten hat, wie die Wissenschaftler jetzt auf einer Tagung der American Physical Society berichteten, die Existenz von kleinen Strukturen oder "akustischen Höhen" in den Karten gezeigt, aus deren Eigenschaften sich genauere Werte für die Dichte und Zusammensetzung des Universums ergeben. Nach den Forschern ist das frühe Universum angefüllt mit Tonwellen, die Materie und Licht so zusammenpressen, wie Paolo deBernardis vom italienischen Team erklärt, wie sie die Luft in einer Flöte zusammenpressen. Die Daten hätten jetzt die "Harmonie dieser Wellen" offenbart. Sehen ließen sich jetzt insgesamt drei "Noten", während bei der ersten Auswertung nur der "Grundton" zu erkennen war. Mit den beiden weiteren "Tönen" oder "Harmonien" lassen sich Fluktuationen genauer berechnen.

"Diese Ergebnisse sind eine schöne Bestätigung des Inflationsmodells", so Phil Mauskopf von der Cardiff University und der Leiter des britischen BOOMERANG-Teams, "und sie stimmen auch extrem gut mit den Messungen von anderen Astronomen überein, die mit anderen Verfahren vorgenommen worden sind. Es sieht so aus, als hätten wir damit ein Standardmodell der Kosmologie."

Das BOOMERANG-Team plant, noch einmal eine Expedition in die Antarktis zu unternehmen, um noch genauere Bilder von der Polarisierung der Hintergrundstrahlung zu machen. Damit könnte man, hoffen die Wissenschaftler, bis zurück in die Zeit der Inflation selbst sehen: "in den Beginn der Zeit".