Die Katholische Kirche und Missbrauch: Es nicht genau wissen wollen

Seite 4: Aufklärung scheibchenweise

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Erst die mediale Aufmerksamkeit brachte immer mehr Details ans Licht. Der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, schilderte in der WDR-Dokumentation vom 27.1.2016 seinen Eindruck, dass es wohl immer noch die Tendenz gebe, die Institution schützen zu wollen, indem man Informationen zurückhalte und Tatsachen nicht nach außen trage. Darum forderte er das Bistum auf, einen unabhängigen Ermittler einzusetzen:

Um herauszufinden, ob noch weitere Straftaten vorliegen, die dann an die Staatsanwaltschaft übermittelt werden können.

Am Tag nach der Ausstrahlung der Sendung gab das Bistum Hildesheim bekannt, dass es einen unabhängigen Gutachter mit der Untersuchung der Missbrauchsfälle durch Peter R. beauftragen will. Es wäre schön, wenn so ein Ermittler nicht nur nach strafrechtlich Verwertbarem schauen, sondern auch die Vergangenheit berücksichtigen würde, wo ja noch keineswegs alles klar zutage liegt.

Außerdem wurden hier nur die Übergriffe durch Peter R. thematisiert, die in seiner Zeit als Priester des Bistums Hildesheim bekannt geworden sind. Es gab in den vergangenen Jahren noch viele weitere Missbrauchstäter unter den Geistlichen des Bistums Hildesheim. Das Beispiel Peter R. lehrt, dass vermutlich auch bei den anderen Fällen bisher nur ein Teil der Wahrheit bekannt sein dürfte.

Ob die Wahrheit dann die Verantwortlichen frei machen würde, zu ihrer Schuld zu stehen, statt sie den Opfern des Missbrauchs zuzuschieben, kann nicht versprochen werden. Aber vielleicht gelänge es, für folgende Generationen das alte Muster zu unterbrechen: Wo nicht von Missbrauch die Rede ist, ist hoffentlich nichts gewesen und entsteht hoffentlich keine Verantwortung für uns. Denn diese Hoffnung trügt zumeist und riskiert neue Opfer.