Die amerikanische Lösung heißt vertagen

Es sieht so aus, als würden Demokraten und Republikaner sich einigen können, um den nächsten Clash auf Anfang des nächsten Jahres zu verschieben

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Wenige Stunden vor Beginn des Staatsbankrotts haben sich demokratische und republikanische Senatoren doch noch auf einen Kompromiss geeinigt, der allerdings noch vom Repräsentantenhaus gebilligt werden muss. Da die 200 demokratischen Abgeordneten schon geschlossen ihr Ja signalisiert haben, müssten nur wenige Republikaner zustimmen. Das dürfte möglich sein und würde die Geiselhaft lockern, in die auch die gemäßigteren Republikaner durch die Tea-Party-Bewegung geraten sind.

Bild: house.gov

Der Versuch, mit aller Gewalt die von Präsident Obama eingeführte Gesundheitsreform zu Fall zu bringen, hat der republikanischen Partei geschadet. Sie hat an Rückhalt in der Bevölkerung verloren, weil die Radikalität, selbst die Regierungsfähigkeit des Landes zur Erpressung aufs Spiel zu setzen, vielen einfach zu weit geht. Im Ausland schüttelt man sowieso verwundert die Köpfe, mit welcher irrationalen Verbissenheit in den USA auch einfache Menschen gegen eine allgemeine Krankenversicherung kämpfen und getrieben von der Ideologie des möglichst kleinen Staates auch den Zusammenbruch der Wirtschaft riskieren.

Wenn der Kompromiss durchgeht, haben vor allem die radikalen Republikaner eine Schlappe erlitten. Während die Demokraten nur eine Kleinigkeit als symbolische Gabe an der Gesundheitsreform ändern müssen und der Gesundheitsminister bis Juki 2014 einen Bericht über die Reform vorlegen muss, ermöglicht der Vorschlag die Anhebung der Schuldengrenze über die 15,6 Billionen US-Dollar hinaus. Allerdings werden auch der Regierung die Hände für nicht im Haushaltsjahr 2013 bereits vorgesehene Ausgaben gebunden.

Auch wenn Senat und Repräsentantenhaus zur Verabschiedung noch ein wenig Zeit brauchen und Obama erst das Gesetz unterzeichnen muss, hätte der Finanzminister noch 30 Milliarden US-Dollar und einlaufende Steuergelder, um zumindest den Notbetrieb nach Schätzungen bis Ende Oktober aufrecht zu halten, selbst wenn ab Mitternacht amerikanischer Zeit keine neuen Staatschulden mehr gemacht werden können.

Republikanische Senatoren wie Lisa Murkowski (Alaska), die für eine Anhebung der Schuldengrenze eintreten, um den Staatsbankrott zu vermeiden, sprechen davon, dass es hier um die Zukunft des Landes geht. Aber der republikanische Senator McConnell, der den Deal federführend mit ausgehandelt hat, machte gleich deutlich: "Die Republikaner sind weiterhin entschlossen, dieses schreckliche Gesetz abzuwehren." Jetzt gehe es aber erst mal darum die Regierung wieder zu "eröffnen". Der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Rdepublikaner John Boehner, hat schon deutlich gemacht, dass es für die republikanischen Abgeoordneten "keine Taktik" sein könne, den Kompromiss zurückzuweisen. Unklar bleibt allerdings, wie viele Abgeordnete für das Gesetz stimmen werden und wi tief der Riss in der republikanischen Partei zwischen den Radikalen und den Gemäßigten gehen wird.

Gelöst ist mit diesem Kompromiss, sollte er überhaupt zustandekommen, aber nichts, die Probleme sind nur verschoben. Das nächste Entscheidung zum Schuldenlimit würde auf den 7. Februar verschoben, die Regierung wäre bis zum 15. Januar zahlungsfähig. Man hat also gerade einmal Weihnachten und den Beginn des neuen Jahres überstanden, um wieder vor derselben Situation zu stehen. Zwar sollen Politiker beider Parteien beraten, wie sie bis Mitte Dezember eine längerfristigere Lösung erzielen können.

Klar ist aber, dass die Tea-Party-Bewegung, die die republikanische Partei radikalisiert hat, die Regierungsfähigkeit des Landes hat erodieren lassen. Finanz- und sicherheitspolitisch ist mit den USA nicht mehr viel zu machen. Deutlich wurde dadurch aber auch, dass das amerikanische Zwei-Parteien-System aufgebrochen werden muss. Schon eine weitere Partei könnte in den USA viel Dynamik und Veränderung bewirken. Aber darauf wird man noch länger warten müssen, wahrscheinlich muss sich das Zwei-Parteien-System erst noch weiter zerlegen und das Land in eine tiefere Krise geraten.