Die italienische Bombe tickt lauter

Seite 2: Mit Geldjunkies auf den Abgrund zu

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Die scheinbar positive Stimmung an den Börsen ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Geld-Junkies wieder einmal nach neuen Geldspritzen der Europäischen Zentralbank schreien. Von der wird erwartet, dass sie am Donnerstag auf ihrer Sitzung die Geldschleusen noch weiter aufmacht und die umstrittenen Anleihekäufe noch weiter ausdehnt und die Notfallmaßnahmen noch einmal verlängert. Die Geldschwemme wird also ausgeweitet werden und ist damit der Akt purer Verzweiflung.

Nur zur Erinnerung: Die EZB hatte eine ihrer letzten Patronen schon im Januar 2015 verschossen, als den Ankauf von Staatsanleihen für monatlich 60 Milliarden angekündigt hat. Bis 2016 sollten 1,14 Billionen Euro gedruckt werden und zudem wurden inzwischen der Leitzins schon auf Null gesenkt und sogar Negativzinsen eingeführt, über die Sparer längst schleichend enteignet werden.

Da derlei Notmaßnahmen gerne zum Normalzustand mutieren, wie auch der angeblich temporäre Rettungsschirm EFSF längst zum dauerhaften ESM wurde, so hat die EZB schließlich im März beschlossen, das Ankaufprogramm auf 80 Milliarden monatlich auf 1,74 Billionen Euro auszuweiten und um ein halbes Jahr zu verlängern. Seither werden nicht nur Staatsanleihen, sondern auch noch Unternehmensanleihen aufgekauft.

Da wir im Euroraum ganz offensichtlich, auch wegen der EZB-Krisenpolitik, immer stärker auf den Abgrund zusteuern, wird die Notenbank in Frankfurt heute auch neue Notmaßnahmen beschließen. Denn sie weiß, dass sonst der Börsen-Höhenflug im jähen Absturz endet. Das hatte die EZB schon einmal erlebt und da war die Situation weniger zugespitzt als derzeit.

Nun ist es so, dass das Bankensystem ja nicht allein in Italien taumelt, wie zum Beispiel kürzlich die Turbulenzen um die Deutsche Bank gezeigt haben. Denn es nützt auch Banken, wenn die Arbeitslosigkeit sinkt und Löhne steigen, weil damit weniger Kredite ausfallen und sogar aus faulen Krediten wieder gesunde Kredite werden.

Die Zeitbombe

In Italien sieht die Lage dagegen ganz anders aus. Dort wird sie zusehends kritischer, weil weder eine politische noch eine ökonomische Stabilisierung absehbar ist. Damit wird das Ticken der Zeitbombe deutlich lauter. Klar kann Draghi massiv weiter italienische Staatsanleihen kaufen und damit sein Heimatland letztlich über die Notenpresse finanzieren, doch nach den bisherigen Regelungen müsste er damit auch bald aufhören.

Eigentlich darf die EZB nur 33% der Staatsschulden eines Landes aufkaufen. Bei Italien hatte es der Italiener schon fast ausgereizt, da die Notenbank schon 26% in ihren Büchern hat. Der Spielraum wurde also schon fast ausgereizt, bevor es zu einer brenzligen Lage kam. Oder andersherum ausgedrückt, ohne das Ausreizen des Spielraums, wäre die Lage vermutlich noch brenzliger.

Deshalb darf man angesichts der Entwicklungen in Italien gespannt sein, wie lange es diese Regelung noch gibt. Denn wenn über Italien gesprochen wird, wird über den Euroraum als Ganzes gesprochen. Es ist klar, dass eine Explosion in Italien das definitive Ende des Euro bedeuten dürfte, da man es allein mit einer Staatsverschuldung von 2,3 Billionen Euro zu tun hat.

Dagegen sind die 315 Milliarden Griechenlands geradezu ein Witz. Italien hat allein mehr Schulden als Spanien, Irland, Portugal und Zypern zusammen, also alle Länder, die bisher in der einen oder anderen Form den Rettungsfonds in Anspruch genommen haben. Der würde im Fall Italien ohnehin bei weitem nicht reichen und da würde wohl auch kaum noch helfen, dass der Italiener Draghi zur Not sogar die Notenpressen ungebremst auf Hochtouren laufen lassen will, wie er einst angekündigt hat.

Helfen würde das nicht. Allerdings könnte, anstatt das Geld abstürzenden Banken über Rettungsprogramme zukommen zu lassen, sowohl ihnen als auch der Wirtschaft und den Verbrauchern als letzter Ausweg helfen, worüber Draghi auch schon einmal nachgedacht hat: Helikopter-Geld.